Alle machen mit (1960)

 

Zehn Jahre mit der Kamera durch Hannover

Mit diesem Film zeigt der hannoveraner Redakteur und Pressefotograf Heinz Koberg stolz den Wieder- und Neuaufbau der Stadt seit 1949. Im Mittelpunkt stehen neue Verkehrswege, Wohnviertel, Schulen, Krankenhäuser und Freizeiteinrichtungen, deren Bau nicht zuletzt durch Engagement und Zusammenarbeit der Bürger möglich geworden sei. In der Darstellung wirft Koberg auch einen Blick in den damaligen Schulunterricht, der recht amüsante Szenen offenbart.

 


Produktion: Heinz Koberg, in Zusammenarbeit mit dem Presseamt der Stadt Hannover
Musik:  Erik Tass
Produktionsjahr: 1960
Laufzeit: 26 Minuten
Bearbeitung und Neuherausgabe des Films auf 16mm (2006) und DVD (2008; 2. AUflage 2013)

 


DVD in der Edition Hannover-Filme: „Alle machen mit“

Der Film „Alle machen mit“ ist von der GFS auf DVD mit zugehörigem Booklet herausgegeben worden und zum Preis von 8 € an folgenden Verkaufsstellen zu beziehen:

  • Antiquariat lngeborg Becker, Lister Meile 49, 30161 Hannover
  • Buchhandlung am Klagesmarkt mit Büchergilde, Otto-Brenner-Str. 1,
    30159 Hannover
  • www.citymanager.de / service@ci§manager.de
  • Gesellschafi für Filmstudien e.V., Expo Plaza 12,30539 Hannover
  • Historisches Museum, Pferdestraße 6, 30159 Hannover
  • Kino im Künstlerhaus, Sophienstraße 2, 30159 Hannover
  • KronenSieben FilmKunstRaum, Kronenstraße 7, 30161 Hannover
  • Schloss-Shop Herrenhausen, Herrenhäuser Str. 5, 30419 Hannover
Nr.
Inhalt
Länge
Zeit im Film
0
Vorspann-Titel
Hintergrund Tür zum Ratssaal, Titel: Alle machen mit. Zehn Jahre mit der Kamera durch Hannover von Heinz Koberg in Zusammenarbeit mit dem Presseamt der Hauptstadt Hannover. Musik: Erik Tass
1.02
0.00 – 1.02
1
Einweihung des Ratssaals 1957 durch Oberbürgermeister August Holweg
0.34
1.02 – 1.36
2
Wiederaufbau der Innenstadt nach dem 2. Weltkrieg innerhalb von 10 Jahren; Wettbewerb 1949 zum Wiederaufbau der Innenstadt; Grundsteinlegung; Jury zum Wiederaufbau des Opernhauses; Aufbau des Niedersachsenstadions; Trümmerbeseitigung; Luftaufnahmen der Innenstadt
3.01
1.36 – 4.37
3
Fünfhunderttausendste Hannoveraner Manfred Götz wurde 1954 geboren.
Unterricht in nicht zerstörten Schulen; Heimatkunde in der Pestalozzi-Schule; Neubau von Schulen (Volksschule Martensplatz); Hauswirtschaftsunterricht (Gerhard Hauptmann-Schule); Turnunterricht, Chemieunterricht für Mädchen (Käthe-Kollwitz-Schule, Podbielskistraße); Englischunterricht; Kunstunterricht (Lotte-Kestner-Schule); Schaufenstergestaltung, Warenkunde (Neue Handelslehranstalt). Mit Luftaufnahmen der Schulen
5.21
4.37 – 9.58
4
Entstehung von Neubausiedlungen; Grundsteinlegungen; Aufbaugemeinschaften beim Schaffen von neuem Wohnraum. Mit Luftaufnahmen
1.26
9.58 – 11.24
5
Eröffnung Flughafen Hannover/Langenhagen. Ankunft bekannter Persönlichkeiten.
Grundsteinlegung Berliner Allee; Aufbau innerstädtischer Verkehrsring: Aegi, Kröpke, Steintor, Waterlooplatz, Südschnellweg, Westschnellweg, Eröffnung der ersten Hochstraße (Zubringer Königswortherplatz).
Historische Funde bei Bauarbeiten. Marktkirche, Windrose am Kröpke, Schulverkehrsgarten
5.45
11.24 – 17.09
6
Enwurfsmodell für Aufbau Hannover; Bau und Einweihung des Fössebades. Ricklinger Bad im Sommer
1.51
17.09 – 18.58
7
Hafen in Linden; Eröffnung Wasserwerk Fuhrberg; Ausbau des Abwassersystems durch Nordstadtsammler; Luftaufnahmen des Kraftwerks Herrenhausen und des Baustelle, des Heizkraftwerkes Linden
1.34
18.58 – 20.32
8
Einweihung Rübezahlbrunnen in Mittelfeld; Fertigstellung der Laves-Büste durch die Brüder Haberland; Aufstellung des Butchers am Ricklinger Markt; Neubau des Kestner-Museums (Zaun mit Malereien von Schülern der Werkkunst-Schule); Modell Friedrichswall
2.35
20.32 – 23.07
9
Aufbau des Außengehäges des Zoos in Hannover; Elefantenspaziergang auf dem Trümmerberg
1.11
23.07 – 24.18
10
Flug über Hannover; Vergabe von Ehrenplaketten für Verdienste in der Hauptstadt Hannover
0.43
24.18 – 25.01
11
Abspann; Ehrenplakette wird im Hintergrund eingeblendet, davor „Ende“. Danach Musik
0.30
25.01 – 25.31

 

Der Film ,,AIle machen mit“ aus dem Jahre 1960 von Heinz Koberg bildet den Abschluss einer Serie von Filmen, in denen Heinz Koberg den Wiederaufbau der Stadt Hannover ab 1949 Jahr für Jahr dargestellt hat. Die Filme waren Auftragsarbeiten der Stadt Hannover, sie dokumentierten den Fortschritt des Wiederaufbaus und präsentierten die weiteren Pläne. Adressaten waren in erster Linie die Bürger der Stadt Hannover, die die Filme in öffentlichen Vorführungen betrachten konnten. Ein wichtiges Ziel dieser Filme und ihrer Vorführung war es, die Bürger der Stadt von der Richtigkeit der Entscheidungen beim Wiederaufbau, der beachtlichen Leistungen und dem Erfolg zu überzeugen. Dies hat sich in der Wahl der Themen und Motive und auch in der Kommentierung niedergeschlagen. Wenngleich die Wiederaufbau-Filme in diesem Zusammenhang einen Werbecharakter haben, so sind sie doch zugleich auch dokumentarisch: zum einen in dem Sinne, dass die abgebildeten Ereignisse und Zustände tatsächlich stattgefunden haben. Die Darstellung musste glaubwürdig sein, nicht zuletä deshalb, weil die Adressaten der Filme – die Hannoveraner – ja durchaus ortskundig waren. Zum anderen, weil die Art der Gestaltung, Motivauswahl und Kommentierung in mancher Hinsicht typisch für die l950er Jahre erscheint und der Film in diesem Sinne zu einer historischen Quelle für die Denk- und Sichtweisen jener Zeit wird. Das gilt beispielsweise für den Charakter einer mit Stolz vorgetragenen Leistungsschau („wir sind wieder wer“), für den Blick zurück, der nur bis zum Kriegsende reicht und die Hannoveraner im Zusammenhang des Krieges ausschließlich als Opfer erscheinen lässt und nicht zuletzt für das Gesellschaftsbild, vor allem das Frauenbild jener Jahre.

Dass ALLE MACHEN MIT und die anderen Wiederaufbaufilme als historische Dokumente interessant und entdeckt wurden, dafür mussten einige Jahrzehnte vergehen. Zunächst fielen die Filme in den Jahren nach ihrer Entstehung der Vergessenheit anheim. Aktuellere Filme wurden produziert, und die alten Streifen verschwanden in den Regalen verschiedener Einrichtungen. Die verbliebenen Vorführkopien wurden nicht weiter gepflegt, und die Negative und Umkehroriginale wurden von dem Hersteller bzw. dem Kopierwerk häufig entsorgt. Dies war auch bei dem Film ALLE MACHEN MIT der Fall. lm Rahmen des Projektes zur,,Sicherung, Nutzbarmachung und Präsentation des Filmerbes der Stadt Hannover“ wurde der Film auf Basis der bereits stark angegriffenen Vorführkopien im Jahr 2006 bearbeitet, gesichert und nutzbar gemacht. Dies war die Voraussetzung dafür, dass der Film im Jahr 2008 auch auf DVD präsentiert werden konnte. Nachdem die erste Auflage nun vergriffen ist, erscheint 2013 die zweite Auflage mit einem leicht überarbeiteten Booklet.

 

Die 1950er Jahre in Hannover standen im Zeichen des Wieder- bzw. Neuaufbaus der Stadt nach den starken Zerstörungen, die im Zuge des 2. Weltkrieges entstanden waren. Die Verheerungen des Luftkriegs gegen die damalige Gauhauptstadt Hannover begannen mit dem bis dahin größten Angriff der Royal Air Force auf eine deutsche Großstadt in der Nacht des 10. Februar 1941. Etwa hundert Menschen fielen dem Angriff zum Opfer; eine vergleichsweise geringe Zahl verglichen mit den ungleich heftigeren Luftangriffen, die in der zweiten Jahreshälfte 1943 einsetzen sollten. Nachdem bereits durch den Tagesangriff vom 26. Juni 1 943 u.a. Leineschloss, Opernhaus und Marktkirche schwer beschädigt worden waren, entfesselte der Nachtangriffvom 8. auf den 9. Oktober 1943 einen Feuersturm, der 1245 Menschen das Leben kostete. Eine Woche später wurde das Herrenhäuser Schloss vernichtet.

Die Bilanz des Bombenkriegs in Hannover belief sich auf die Zerstörung von 90% der Gebäudesubstanz in der Innenstadt. 51 % aller Wohnungen waren zerstört oder schwer beschädigt, 44 % miftel oder leicht beschädigt. ln den ersten Nachkriegsjahren, in denen auch von der britischen Besatzung eine allgemeine ,,Lähmung“ der Zivilbevölkerung konstatiert wurde, behalf man sich mit Trümmerräumung und lmprovisation, und erst ab 1949 konkretisierte sich die zukünftige Gestaltung der zerstörten Stadt in städtischen Aufbauplänen. Zur zentralen Figur des Hannoverschen Aufbaus wurde Rudolf Hillebrecht,
Stadtbaurat von 1948 bis 1975, der selbst weniger das Konzept eines Wieder-, sondern vielmehr eines Neuaufbaus Hannovers bei Beibehaltung wesentlicher Tradilionszentren in der lnnenstadt vertrat.

Priorität (wie in allen zerstörten Großstädten) genoss der Wohnungsbau, der sich an der Tradition des ,,Neuen Bauens“ der Weimarer Republik orientierte; architektonische Kennzeichen waren Zweckmäßig- und Sparsamkeit. Daneben konzentrierten sich die Planer auf eine städtebauliche Modernisierung mit innovativer Verkehrsplanung: Ziel war eine autogerechte Straßenführung, die Optimierung von Verkehrsanlagen, der Bau von Umgehungsstraßen.

Bedeutendes Element des von Hillebrecht neugeordneten Verkehrswesens waren die lnnen- und Außentangenten, die die lnnenstadt umschlossen und damit den Durchgangsverkehr von ihr ableiten sollten. Hillebrechts Verdienst bestand somit darin, Hannover für ein Verkehrsaufkommen tauglich gemacht zu haben, das Ende der 40er Jahre vielerorts noch für utopisch gehalten wurde, das sich aber in Folge des Wirtschaftswunders bald einstellen sollte.

Tatsächlich erwies sich das Hannoversche Modell dem Verkehrsaufkommen bis in die 70er Jahre hinein gewachsen. Weitere Aufbaumaßnahmen betrafen die Vergrößerung der Geschäftsstadt, die Auflockerung des Stadtbildes mittels ,,Durchgrünung“, also Eingliederung von Grünflächen, und die Umgestaltung und Neubebauung des Leibnizufers, die aber letztlich nicht konsequent durchgeführt wurde. Der Wiederaufbau der durch den Krieg zerstörten Baudenkmäler begann mit Opernhaus, Marktkirche und Leineschloss; die Ruine der Aegidienkirche, bewusst vom Wiederaufbau ausgenommen, wurde zur Gedächtnisstätte für die Opfer des Krieges.

Der effiziente Aufbau der zerstörten Landeshauptstadt hatte Signalwirkung und Vorbildcharakter für andere Städte und wurde in einer Schlagzeile des ,,Spiegels“ 1959 als das ,,Wunder von Hannover“ gefeiert. 1964 wurde Hillebrecht für diese Leistung mit dem Orden ,,Pour le mérite für Wissenschaften und Künste“ ausgezeichnet. Angelastet wird ihm dagegen bis heute der Abriss von (zum Teil nur leicht) kriegsbeschädigten Baudenkmälern noch Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre an Stellen, an denen sie sich nicht in seine
Stadtplanung einfügen ließen: Dies betraf Fachwerkhäuser, die nicht zu der ,,Traditionsinsel“ in der Altstadt zählten, das 1817 erbaute Palais des Generals Carl von Alten (sog. Friederikenschlösschen), die Wasserkunst am Leineschloss, die Garnisonskirche am Goethekreisel und die ,,Tränenburg“ genannte Villa Willmer.

> mehr

 

 

Das könnte dich auch interessieren …