Währungsreform in Hannover

,,Bekleidung, Wäsche. Schuhe zu Spottpreisen“, so lautet die Aufschrift von mehreren Werbeplakaten an zwei Schaufenstern. Angelockt von dem angepriesenen Warenangebot stehen einige Menschen dichtgedrängt vor dem Geschäft, um einen Blick auf das Warenangebot zu erhaschen. Eine Aufnahme, die kurz nach der Währungsreform aufgenommen und mit dem Titel ,,Es ist fast alles wieder da“ versehen wurde.

Am Ende des Krieges zeigte sich deutlich, dass die wahnwitzige Finanz- und Aufrüstungspolitik der Nationalsozialisten die deutsche Wirtschaft in den Bankrott geführt hatte. Für die vorhandenen 300 Milliarden Reichsmark gab es keinen entsprechenden Gegenwert mehr. Aus diesem Grund setzte sich auf dem Schwarzmarkt schnell ein neues Zahlungsmittel, die Zigarettenwährung, durch. Verdienen, verkaufen auf Reichsmarkbasis erschien unsinnig. Nicht nur Geschäfts- und Finanzexperten wussten, dass die Währungsreform unumgänglich war. Bereits im Frühjahr 1948 wurde über den möglichen Zeitpunkt der Währungsreform spekuliert. Dies hatte zu Folge, dass die Schwarzmarktpreise enorm anschnellten und Waren gehortet wurden. Aber erst am 18.6.1948 verkündeten die westlichen Militärgouverneure in Berlin das ‚Gesetz zur Neuordnung des deutschen Währungswesens‘. „Etwa 118 Mill. Reichsmark in Banknoten sollten aus dem Verkehr gezogen werden und durch annähernd 11 Mill. Deutsche Mark ersetzt werden. „26

Am 20.6.1948 begann die Auszahlung des sogenannten ‚Kopfgeldes‘ von 40 DM; weitere 20 DM wurden erst im September ausgegeben. Sparguthaben wurden 100 : 6,5 eingetauscht, über die der kleine Sparer aber erst nach längerer Zeit verfügen konnte. Fast schlagartig füllten sich nach der Währungsreform die Geschäfte mit lang entbehrten Waren. Doch viele Hannoveraner mussten sich mit einem sehnsüchtigen Blick auf das Warenangebot begnügen, denn die Preise schnellten aufgrund der starken Nachfrage in die Höhe; hinzu kam, dass die Besatzungsmächte zunächst einen Lohnstopp verfügten. Das wenige Geld, das der breiten hannoverschen Bevölkerung zur Verfügung stand, reichte gerade für das Lebensnotwendige.

Mit der Wirtschaftsreform 1948 trat u.a. auch die Aufhebung der Preisbindung für Verbrauchsgüter in Kraft, eine Änderung, die sich zunächst in den Geldbeuteln schmerzlich bemerkbar machte. Neben dem Preisanstieg zog die Währungs- und Wirtschaftsreform eine Zunahme der Arbeitslosigkeit nach sich. Die Ursache für zahlreiche Entlassungen beruhte vor allem auf der Umstrukturierung zahlreicher Betriebe. Dies führte dazu, dass viele Frauen in das Berufsleben zurückkehrten, um die Familie zu ernähren oder die vom Mann nur unzureichend gefüllte Haushaltskasse aufzubessern.

Erst Mitte der 50er Jahre konnte die breite Bevölkerung ihre unmittelbaren Bedürfnisse befriedigen. Die Ernährungssituation verbesserte sich zusehends, und viele holten beim Essen nach, was sie jahrelang entbehren mussten, die sogenannte ‚Fresswelle‘ griff um sich.

 

„Trotz der strengen Nachrichtensperre kursierten auch in Hannover Gerüchte über eine bevorstehende Währungsreform. Die ,,Hannoverschen Neuesten Nachrichten“ vermuteten am 12.Juni 1948, daß es zwischen dem 15. und 26. Juni zum,,Tag X“ kommen werde. Handwerker verzögerten in jenen Tagen die Ausstellung von Rechnungen und verweigerten die Annahme von Abschlagszahlungen. Sofern überhaupt noch Waren auf dem Schwarzen Markt angeboten wurden, verlangten die Händler dafür erhebliche Preisaufschläge. Eine amerikanische Zigarette, für die Mitte Mai noch sechs Reichsmark zu zahlen waren, kostete am 17. Juni bereits zwanzig Reichsmark; einen Tag später verlangten die Schwarzhändler fünfzig Reichsmark. Um 8.30 Uhr begann am Sonntag, dem 20. Juni 1948, in vierzig hannoverschen Schulen und drei Sonderstellen die Auszahlung des Kopfbetrags von vierzig ,,Deutschen Mark“. Um einen Ansturm von 160.000 Haushaltsvorständen zu vermeiden, waren die Hauswirte aufgefordert, gegen Vorlage der Personalpapiere die Beträge für die einzelnen Hausbewohner entgegenzunehmen. Dennoch betrug die Wartezeit je nach dem Einzugsgebiet der Auszahlungsstellen zweieinhalb bis fünf Stunden. An den nächsten Tagen herrschte bei den Geldinstituten, die zur Entgegennahme des Altgeldes berechtigt waren, Hochbetrieb; die Angestellten mußten zahlreiche Überstunden leisten.“

Aus: Hannover Archiv, Blatt H  03005 

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