Städtische Kinder- und Jugendarbeit im Hannover der 1970er Jahre

Die Geschichte der Kinder- und Jugendarbeit in Hannover ist geprägt von verschiedenen Herausforderungen, Entwicklungen und Fortschritten. Die Stadtverwaltung war dabei nicht immer der Motor der Entwicklung, sie reagierte vielmehr meist auf Impulse und Experi­mente, die aus Bürgerbewegungen und in Eigeninitiative entwickelten Modellen kamen. So waren es in der hannoverschen Kinder- und Jugendarbeit der 1970er Jahre vor allem Impulse aus der Studentenbewegung, wie die Gründung von Kinderläden – der erste Kinderladen entstand 1970 in der Warstraße – oder die nachfolgende Jugendzentrumsbewegung – mit der Gründung des UJZ Kornstraße 1972 -, die bei der Stadtverwaltung ein Nachdenken über zeitgemäße Lösungen auslösten. Gleiches gilt für die Anfang der 1970er Jahre aus einer Bürgerinitiative hervorgegangene Drogenberatungsstelle Drobs, über die der Film EINFACH NUR DA SEIN von Bernt Lindner (1981) – ebenfalls auf dieser DVD – berichtet.

In JUGEND IN UNSERER STADT, den Wolfgang Borges 1978 als Imagefilm für die Stadt Hannover drehte, sind die den städtischen Aktivitäten vorangegangenen Kämpfe ausgeblendet, die Verdienste um eine moderne und problembewusste Jugendpolitik werden ausschließlich einer fürsorglichen und aufgeschlossenen Stadtpolitik zugeschrieben. Diese Auslassung muss beim Ansehen der Auftragsarbeit mitgedacht werden.

Tatsächlich aber konnte die Stadt, anders als die privaten und politischen Initiativen, die  mit improvisierten Lösungen arbeiten mussten, ihre neuen Konzepte mit erheblichen finanziellen Mitteln nun auch architektonisch umsetzen und personell ausstatten. So sind in Wolfgang Borges‘ Film bevorzugt die modernen architektonischen Highlights zu sehen. Umnutzungen bestehender Räume – etwa im Fall des Jugendzentrums Feuerwache in der hannoverschen Nordstadt – werden nur von innen gezeigt.

Der Film benennt die Probleme, auf die die städtische Kinder- und Jugendarbeit damals zu reagieren hatte: fehlende Freiräume für kreative Betätigung in der Großstadt, Medien­konsum und Vereinzelung, Jugendarbeitslosigkeit, teilweise schlechte Wohnverhältnisse der sozialen Unterschicht und der zugewanderten Gastarbeiter, Drogenkonsum als eine der Folgen.

Als Antwort darauf wurden in vielen Stadtteilen Jugendtreffs und für die Kinder sogenannte Spielparks eingerichtet. Die Spielparks – Orte für ein freies Spiel der Kinder, mit pädago­gischer Betreuung – waren damals eine hannoversche Besonderheit. Der erste dieser Spielparks wurde bereits 1970 in der Eilenriede unter dem Namen „Wakitu“ (Waldkinder­tummelplatz) eingeweiht.

Die neugeschaffenen Orte ergänzten die teilweise bereits in den 1960er Jahren gebauten Freizeitheime und Stadtteilzentren und standen in der SPD-geführten Landeshauptstadt Hannover auch im Zeichen der damaligen Politik der Chancengleichheit, der sich besonders die Integrierten Gesamtschulen verdanken – die ersten beiden in Hannover waren die IGS Roderbruch (1973) und die IGS Mühlenberg (1974).

Wichtig bei allen Kinder- und Jugendprojekten war, den Forderungen der Zeit entsprechend, eine Abkehr von autoritären Konzepten zugunsten der Beteiligung der Jugendlichen an Entscheidungs- und Gestaltungsprozessen. Dies galt auch für die städtischen Ferien­angebote, die sich pädagogisch von der aus Nazi- und Nachkriegszeit überlieferten und auf Geschlechtertrennung basierenden Lagermentalität und von den kirchlich geführten Aktivitäten entfernten.

Katrin Helmerichs-Naujok / Peter Hoffmann

Hannover in den 70er Jahren

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