Es geschehen noch Wunder (1951)

Inhalt

Ein sonniger Frühlingstag in Hamburg. Die Musikkünstlerin Anita Weidner fährt im offenen Wagen den Ballindamm entlang. An der Kreuzung zum Jungfernstieg muss sie anhalten, ein Schupo regelt dort den Verkehr. Dann geschieht etwas Seltsames: Alle Geräusche verschwinden auf einmal, und stattdessen nistet sich in ihrem Kopf eine Melodie ein, die ihr überaus gefällt, aber niemand anderes hört. Auf einmal pfeift sie mit, und plötzlich hält ein junger Mann namens Bobby Sanders mit seinem Wagen auf gleicher Höhe. Auch er hört diese eingängige Melodie und pfeift mit. Als der Schupo den Weg für die Weiterfahrt freigibt und beide losfahren und einander aus den Augen verlieren, verschwindet auch diese enigmatische Melodie, und der Tageslärm ertönt wieder. Einige Stunden später sitzt Anita in einem Eiscafé. Der junge Mann vom Wagen nebenan hat sie offensichtlich gesucht und gefunden, die Melodie hat ihn zu ihr geführt. Wieder hören nur die beiden jene geheimnisvolle Weise; ein Phänomen, das sie nicht erklären können. Von diesem Ereignis ebenso verzaubert wie irritiert berichtet Anita, die sich ihren Lebensunterhalt als Pianistin und Sängerin verdient, ihrem Lehrer Professor Nibius von diesem seltsamen Vorkommnis. Dessen verrätselte Erklärung ist fast von religiös-philosophischer Tiefe: „Ein Wunder ist ein Ereignis, das Glauben schafft“.

Bobby Sanders, der Mann, der wie Anita dieses Wunder einer verzaubernden Melodie gehört hat, komponiert – nolens volens, da seine seriösen Arbeiten keinen Abnehmer finden – Schlager. Er hat schon seit geraumer Zeit keinen Hit mehr geschrieben, und sein Musikverleger sitzt ihm im Nacken. Die zauberhafte Melodie beginnt die einzig seriöse Kompositionen akzeptierende Künstlerin Anita und den der leichten Muse zugewandten Bobby mehr und mehr auf magische Weise miteinander zu verbinden – ganz zum Missfallen seiner Gesangspartnerin und Ex-Freundin Doris, die auf diese Annäherung mit Eifersuchtsanfällen reagiert. Anita und Bobby verlieben sich und heiraten schließlich, und es ist seine Ehefrau, die ihn nun wieder zur seriösen Komposition zurückführt. Als Bobbys und Anitas harmonische Beziehung durch Doris und seinen Verleger gestört wird, verstummt die Melodie vorübergehend. Doch, wie der Titel verlautet, geschehen noch Wunder, und ihre Melodie, die Weise einer großen Liebe, führt sie wieder zusammen. Am Ende findet sogar Bobbys ernsthafte Komposition ihre Uraufführung in einem Konzertsaal, und er und seine Ehefrau sitzen im Publikum. (wikipedia)

 

 

Originaltitel Es geschehen noch Wunder
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1951
Länge 105 Minuten
Stab
Regie Willi Forst
Drehbuch Johannes Mario Simmel
Willi Forst
Produktion Rolf Meyer
Musik Theo Mackeben
Kamera Václav Vich
Schnitt Rudolf Schaad
DarstellerInnen
  • Hildegard Knef: Anita Weidner
  • Willi Forst: Bobby Sanders
  • Marianne Wischmann: Doris Meller
  • Werner Fuetterer: Felix Schön
  • Hans Leibelt: Professor Nibius
  • Lotte Klein: Frau Konsulin
  • Ilse Bally: Geistliche Schwester
  • Else Reval: Wirtin
  • Sepp Nigg: Wirt
  • Hugo Gottschlich: Zöllner
  • Theodor Danegger: Loisl

Bei der Vorbereitung und Realisierung der Filme 1950/51 arbeitete die JFU mit den entsprechenden Verleihfirmen Hand in Hand. Vor allem die bundesdeutschen „Großverleihe“, die zu Anfang der 50er Jahre den Markt dominierten – Herzog-Filmverleih, National-Filmverleih, Schorcht und Deutsche London-Film – interessierten sich für die „Großfilme“ der JFU. Nachdem sich das Verhältnis der Filmfirma zum National-Filmverleih im Laufe des Jahres 1950 verschlechtert hatte, arbeitete die JFU in erster Linie mit dem Herzog-Filmverleih zusammen. Dies hatte seinen Grund vor allem darin, daß dieser Verleih bereit und in der Lage war, einen besonders hohen Finanzierungsanteil der Produktionskosten zu übernehmen.257 Wie bereits zuvor der National-Filmverleih, so stimmte auch der Herzog-Filmverleih seine Interessen bereits in der Vorbereitungsphase der Filme mit der JFU ab. Da sich beide Parteien darin einig waren, erfolgreiche „Geschäftsfilme“ zu produzieren und darüber hinaus keine Ambitionen hinsichtlich bestimmter filmischer Aussagen hatten, kam es zwischen der JFU und dem Herzog-Filmverleih zu keinen nennenswerten Differenzen. Wenn es überhaupt zu Meinungsverschiedenheiten während der Filmproduktion kam, dann am ehesten noch zwischen dem Regisseur auf der einen und Produzen/Verleiher auf der anderen Seite. So bemühten sich die JFU und der Herzog-Verleih anläßlich des Films ES GESCHEHEN NOCH WUNDER den Regisseur Willy Forst, der auch am Drehbuch arbeitete, dazu zu bewegen, bestimmte Dialoge zu vereinfachen, da sie „in der hier niedergelegten Form doch manchmal ein wenig zu anspruchsvoll für unser Kinopublikum“ sind. Man müsse daran denken, so Rolf Meyer, „dass der allergrößte Teil unseres Publikums sich in der Provinz befindet und dessen geistige Aufnahmefähigkeit seine Grenzen hat.“258 Da Willy Forst als Starregisseur eine relativ starke Stellung gegenüber dem Produzenten und dem Verleih hatte, konnte er es sich leisten, diesen zumindest in einigen Punkten zu widersprechen.259

Wenn man die Vorbereitung der JFU-Filme 1950/51, insbesondere die der sogenannten „Großfilme“ betrachtet, wird deutlich, daß die Filmfirma infolge des wachsenden ökonomischen Drucks in immer stärkerem Maße erfolgversprechenden Markttendenzen folgte. Die Entscheidungen hinsichtlich Stoff, Besetzung usw. wurden praktisch ausschließlich geschäftlichen Interessen untergeordnet. Einzelne Bestandteile – Stars, Stoffe, Filmtitel usw. – wurden gleich Rohstoffen für einen industriellen Produktionsprozeß eingekauft, bearbeitet und montiert, so daß sie vermuteten Käuferwünschen optimal entgegenkamel.260 Die bereits seit 1948/49 vorherrschende Realitätsflucht in den Filmen erreichte eine neue Stufe, da zunehmend auch auf „zeitlose“ dramatische Stoffe verzichtet und stattdessen demonstrativ „Heiterkeit“ in einem luxuriösen Ambiente zur Schau gestellt werden sollte. Der Starkult erreichte ebenfalls neue Höhepunkte. Es wurde bewußt an den Glanz und die Aura der großen Unterhaltungsfilme im Nationalsozialismus angeknüpft, wenn „alte“ Filmidole wie Marika Rökk ihr bundesdeutsches comeback mit der JFU feierten. Wenn der Filmjournalist Walter Schmieding generalisierend urteilte, daß „die westdeutsche Filmproduktion völlig kommerzialisiert (wurde, d.V.); immer stärker suchte sie die echten oder eingebildeten Wünsche und Wunschbilder des Publikums zu befriedigen“, so kann diese Aussage für die JFU bestätigt werden.26l Schmieding sah den Heimatfilm als das Ergebnis dieser Bemühungen. Für die JFU war es vor allem der Revuefilm.

Ein Ergebnis dieser Bemühungen der JFU war es, daß sie im letzten Jahr ihres Bestehens wieder – zum erstenmal seit der Währungsreform – sogenannte Erfolgsfilme verbuchen konnte. DIE SÜNDERIN und DIE CSARDASFÜRSTIN, sorgten, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, für einen geschäftlichen Gewinn.

Anmerkungen

257 Vgl. Schreiben Günther Materns an Rolf Meyer vom 9.2.1951, in: JFU 573.
258 Schreiben Rolf Meyers an Willy Forst vom 26.4.1951,in: IFIJ 462; vgl. auch Stellungnahme des Herzog-Verleihs vom 2.6.1951, in: IFU 462.
259 Vgl. Schreiben Forsts an Herzog-Verleih vom 12J.1951, in: JFU 45.
260 In einer Aktennotiz der JFU heißt es: „Die Titel für sämtliche an Herzog gehenden Filme sollen in gegenseitiger Besprechung und unter Hinzuziehung eines ‚Titelspezialisten‘ gefunden werden. “ Aktennotiz der JFU vom 17 .3.1951, in: JFU 94.
261 Schmieding, a.a.O., S. 25.


Aus: Peter Stattner: S. 119/20

 

Ein Schlagerkomponist und eine Pianistin schwören auf eine „Wundermelodie“, die sie über Entfernungen und durch Konflikte auf magische Weise miteinander verbindet. Kokette Liebeskomödie, die Forst in einer Art von Trotzreaktion auf den Mißerfolg seiner „Sünderin“ drehte, die aber der Leichtigkeit und Eleganz seiner früheren Komödien entbehrt. (filmdienst.de)

(…) In Bendestorf konnte man jetzt einen Film sehen, der viele Qualitäten besitzt: geschliffene Dialoge und ein clever konstruiertes Drehbuch, Szenen voller Witz, ja, es gibt sogar einen Slapstick-Einlage. Inszeniert im flotten Tempo, fühlt der Zuschauer sich streckenweise erinnert an eine klassische sophisticated comedy aus Hollywood. Dann aber wieder an das Fuffziger-Jahre-Kino heimischer Provenienz. Die Mixtur will nicht aufgehen: Der Film kann sich nicht entscheiden zwischen sentimentalem Künstlerdrama und kecker Liebeskomödie. Zudem leistete sich der Regisseur Willi Forst einen schlimmen Fehlgriff bei der Besetzung: Die männliche Hauptrolle spielt Willi Forst. Was damals niemand offen auszusprechen wagte, aber nicht zu übersehen ist: Er, der in die Jahre gekommene Charmeur früherer Zeiten, war schlicht unglaubwürdig als Liebhaber der 20 Jahre jüngeren Knef. (…)

Aus: Michael Töteberg: Ein wiederentdeckter Film: Es geschehen noch Wunder, in: Hamburger flimmern 24/2017, S. 46

In der zeitgenössischen Kritik wurde der Film überwiegend negativ beurteilt:

Das Hamburger Abendblatt resümierte im Herbst 1951 unter der Überschrift „Ein Wunder ging daneben“:

„Die Premierenbesucher schienen ziemlich fassungslos; einige gingen, einige pfiffen, und am Ende war betretenes Schweigen. (…) Das Buch, geschwätzig, unentschieden und zäh, hat nichts mehr vom Charme der Idee“

Die Zeit sprach von „einer giftigen Mischung von rührendem Kitsch und überspitzter Ironie“. Der Filmverleih vermeldete, dass zahlreiche Kinobesitzer bei ihm angerufen hatten und ihrem Zorn über Es geschehen noch Wunder Luft gemacht hätten.

Die Neue Zeitung, die in ihrer Ausgabe vom 20. Oktober 1951 einen Vergleich mit Forsts größtem Filmerfolg, Bel Ami, wagte, befand nach Ansicht von Es geschehen noch Wunder ernüchtert: „Willi Forst erinnert nur noch selten an seinen Bel ami“.

Der Spiegel schrieb in seiner Ausgabe vom 24. Oktober 1951:

„Filmspielerei um eine hübsche Mackeben-Liebesmelodie. Schlagerkomponist (Willi Forst) und angeblich ernsthafte Pianistin (Hildegard Knef) ringen sich durch Dialog-Plattitüden und aus fadgalanten Verirrungen zum selbstsymphonisch untermalten Ich-hab‘-dich-lieb-Schluß.“

Das könnte dich auch interessieren …