Vom Bau des Anzeiger-Hochhauses (1929)

Kurzbeschreibung

Dieser Film zeigt die Bauarbeiten zu einem der bedeutendsten Bauten in Hannover, geradezu ein Wahrzeichen der Stadt: Das Anzeiger-Hochhaus wurde in den Jahren 1926-1928 von Fritz Höger erbaut und gilt als eines der Hauptwerke des „Backstein-Ideologen“ und Vertreters des niederdeutschen Expressionismus.

Der Film der Döring-Film spiegelt das ganze Spektrum der Bauarbeiten: Angefangen vom Abriss des Vorgängerbaus über die Fundament-Arbeiten, den damals hochmodernen Einsatz eines Löffelbaggers, das Aufmauern des Gebäudekörpers, den in technischer Hinsicht Aufsehen erregenden Bau der Kuppel und das Richtfest bis hin zur Fertigstellung des Gebäudes. Zu sehen sind neben Hannover-Ansichten (auch aus der Vogelschau von der Kuppel des Hochhauses herab) u.a. der Bauherr, der Verleger August Madsack, seine Söhne Paul und Erich sowie der Architekt Fritz Höger. Die zur Drehzeit bereits renommierte Produktionsfirma Döring-Film verwendete in ihrem Film “ Gesicht einer Stadt “ drei Jahre später Ausschnitte aus dem Film.


Filmansicht


Produzent: Döring-Film Hannover
Produktionsjahr: 1929
Länge: 7 Minuten

Wenngleich keine Unterlagen zur Entstehungsgeschichte des Films existieren, so ist doch davon auszugehen, dass dieser Film eine Auftragsproduktion des Verlegers Erich Madsack ist. Als Hersteller firmiert die damals bekannte hannoversche Firma Döring-Film-Werke, nach eigenen Angaben ,,Deutschlands größtes Spezialwerk für Kultur-, Lehr- und Werbefilme“, ansässig u.a. in der Lange Laube und in der Hüttenstraße in Hainholz. Etwa 75 Jahre nach Entstehung des Films wurde von uns eine gut erhaltene Kopie im Bundesarchiv-Filmarchiv entdeckt und einige Jahre später hochwertig digitalisiert, nutzbar gemacht und in Hannover öffentlich aufgeführt.

Der ursprüngliche stumme Film wurde von uns mit einer eigens komponierten Klaviermusik unterlegt. Die hier vorliegende Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Unterstützung der
Verlagsgesellschaft Madsack GmbH & Co. KG.

Peter Stettner (GFS)

 

Nr.
Inhalt
Länge
Gesamtlänge
1 „Vom Bau des Anzeiger Hochhauses“ 00:18 00:18
2 Zwischentitel : „Hier…“ 00:02 00:20
3 Eine Straßenbahn fährt am Baugrundstück vorbei 00:18 00:38
4 Zwischentitel: „soll dieses Haus (Modell)…“ 00:03 00:41
5 Man sieht Höger, Madsack und vermutlich seine Söhne bei einer Besprechung am Modell. 00:22 01:03
6 Zwischentitel: „errichtet werden (Ausschachtung).“ 00:05 01:08
7 Ausschachtung 00:38 01:46
8 Zwischentitel: „Das Material: Backstein und Beton“ 00:04 01:50
9 Arbeiter beim Mauern, Fundament 00:42 02:32
10 Zwischentitel: „Das Haus wächst…“ 00:03 02:35
11 Bau geht voran, Madsack und Höger zu sehen 00:23 02:57
12 Zwischentitel: „Es hat seine Nachbarn erreicht.“ 00:05 03:02
13 Angrenzende Häuser sind zu sehen. 00:10 03:12
14 Zwischentitel: „Es steigt höher.“ 00:02 03:14
15 Arbeiten hoch über Stadt: Männer bei der Arbeit mit Bauskizze 00:38 03:52
16 Zwischentitel: „Die Spitzenleistung (Kuppel).“ 00:03 03:55
17 Kuppelgerüst; Schwenk der Kamera einmal rundherum 00:51 04:46
18 Nahaufnahmen von Arbeit 00:14 05:00
19 Blick von oben auf die Stadt 00:14 05:14
20 Zwischentitel: „Richtfest“ 00:03 05:17
21 Richtfest: Madsack hält Rede vor zahlreichem Publikum 00:27 05:44
22 Die Arbeit geht weiter Kuppel 00:15 05:59
23 Klinkerarbeiten 00:06 06:05
24 Arbeiten an der Kuppel 00:22 06:27
25 Blick von oben auf Straße 00:05 06:32
26 Zwischentitel: „Es ist fertig.“ 00:01 06:33
27 fertiger Bau, verschiedene Ansichten 00:17 06:50
28 Autos des „HA“ fahren in den Innenhof und vor dem Gebäude 00:20 07:10
29 Blick aus einem Fenster auf die Straße 00:08 07:18
30 Blick von der Nordmannstraße auf das Gebäude 00:17 07:35

 

Baudenkmale der 1920er Jahre: Anzeiger-Hochhaus

1928 werden in Hannover zwei spektakuläre Bauvorhaben fertig gestellt, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Ein Tiefbau der Superlative, die zur Bauzeit größte Binnenschifffahrtsschleuse Europas, und ein imponierendes architektonisches Ausrufezeichen, Hannovers erstes Hochhaus.

(…)

Mit dem Anzeiger-Hochhaus will der Verleger August Madsack ein Denkmal errichten, das für Furore sorgt. Der Neubau für den boomenden Hannoverschen Anzeiger soll die Bildungsaufgabe der Presse deutlich vor Augen führen, und dabei kommt Madsack ein günstiger Umstand zu Hilfe: Weil sich die Stadt Hannover ein Planetarium nicht leisten kann, beschließt Madsack 1925, sein Pressehaus mit dieser neuen Attraktion zu krönen. 150.000 Goldmark kostet ihn die Apparatur, die Kosten für die Kuppel nicht mitgerechnet. Ein ähnlich spektakuläres Bauwerk wie das Hamburger Chilehaus schwebt dem Verleger vor, als er Stararchitekt Fritz Höger 1926 mit dem Bau beauftragt. Der konzipiert eine monumentale vertikale Gebärde, die in der 12 Meter hohen Spitzkuppel ihren dramatischen Abschluss findet und als Ikone der hannoverschen Moderne schnell zum Symbol einer neuen Stadtmitte wird.

Im Herbst 1926 wird der Bau des Anzeiger-Hochhauses in einem solch rasanten Tempo in Angriff genommen, dass bis zur Einweihung des Hauses im April 1928 gerade einmal anderthalb Jahre vergehen. Die Zeit drängt: Der 70-jährige Auftraggeber möchte die Realisierung seines Traums möglichst noch erleben – und kann sich dann tatsächlich noch fünf Jahre an der Krönung seines Lebenswerkes erfreuen. Da sich der Bauunternehmer Friedrich Mehmel verpflichtet hat, das Haus innerhalb nur eines Jahres hochzuziehen, wird in Hannover erstmals in Tag- und Nachtschichten und mit modernster Bautechnik gearbeitet. Ein dampfbetriebener Löffelbagger hebt in nur sechs Wochen 12.000 Kubikmeter Boden aus. Ende November 1 926 beginnt die Arbeit an den Fundamenten, im Januar 1927 ist sie bereits beendet. Durchschnittlich alle acht bis zehn Tage entsteht ein Stockwerk. Noch während der Bauarbeiten fällt die Entscheidung, ein zusätzliches Geschoss zu errichten, um die Wirkung des Hauses noch zu steigern. Dieses letzte Stockwerk unter dem Kuppelsaal ist für ein Café mit großen Aussichtsterrassen gedacht.

Auch die Kuppel wird noch um einige Meter gestreckt, so dass das erste hannoversche Hochhaus schließlich die stattliche Höhe von 51 m erreicht. Im Juni 1927 wird die Arbeit an der Kuppel in Angriff genommen, in nur ’14 Tagen ist ihr Rohbau fertig gestellt: Von einem Drehgerüst aus wird ein Stahlarmierungsnetz montiert und mit Beton bespritzt. Möglich wird dieses ringweise Betonieren durch Aufspritzen, das sogenannte Torkretieren, durch einen feinen Zement mit kurzer Abbindezeit, den sogenannten „Dyckerhoff-Doppel“. Dieses Verfahren der Firmen Dyckerhoff und Widmann (kurz: Dywidag) revolutionierte den Kuppelbau und ermöglicht hier die Herstellung einer nur sechs Zentimeter dünnen Betonschale, die dann anschließend mit Kupfer verkleidet wird. Für die Verblendung der Fassade werden unterdessen insgesamt 740.000 Klinkersteine vermauert.

Anders als der Baufilm zur Anderter Schleuse, der ja einen wesentlich größeren Zeitrahmen abbildet und nicht in einem Guss entsteht, zelebriert der Film Vom Bau des Anzeiger-Hochhauses regelrecht das rasante Tempo des Baufortgangs.

Dr. Peter Struck (GFS)

 

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