Unterhaltungsfilme

Ins Kino ging man… um Stars zu sehen.

Ins Kino ging man (nicht nur) in Hannover, um unterhalten zu werden, die Alltagssorgen zu vergessen und um Stars zu sehen.

Die Kriegs(verherrlichenden)- und reinen Propagandafilme, subventioniert und oft mit reißerisch- aggressiver Werbung angekündigt, waren keine Kassenschlager; meist waren sie nach ein bis zwei Wochen wieder aus dem Programm verschwunden. Die deutschen Kulturfilme, die mitunter internationales Renommee besaßen, wurden in den Vorprogrammen gezeigt.

Ob die Dokumentar- und Kulturfilme bzw. die Wochenschauen das besondere Interesse des Publikums fanden, sei dahingestellt; sie wurden jedenfalls von fast allen Kinobesuchern regelmäßig gesehen.

Die großen Erfolge dieser Zeit waren Unterhaltungsfilme: Revuefilme, Komödien und Liebesschnulzen. SCHWARZE ROSEN (1935, Regie Paul Martin) mit dem „Traumpaar“ Lilian Harvey und Willy Fritsch lief vom 31.12.1935 bis zum 30.01.1936 in den Ufa-Kinos und hatte fast 40.000 Besucher. Schauplatz der Geschichte ist Finnland um die Jahrhundertwende. Eine russische Tänzerin (Harvey) steht zwischen einem russischem Gouverneur (Willy Birgel), der sie umwirbt, und einem finnischen Putschisten (Fritsch), den sie liebt. Um das Leben des Geliebten zu retten, täuscht sie dem Gouverneur ihr Ja-Wort vor und begeht Selbstmord.

44.000 Hannoveraner sahen vom 27.03. bis zum 30.04.1936 Marianne Hoppe und Heinrich George in dem Bauernschwank WENN DER HAHN KRÄHT (1936, Regie Carl Froehlich), der wegen der „urwüchsigen“ Darstellung Norddeutschlands, die dem Blut-und-Boden-Ideals entsprach, das Prädikat „künstlerisch wertvoll“ erhielt. Ein beachtlicher Publikumserfolg war auch das Melodram SCHLUSSAKORD (1936, Regie Detlev Sierck), das im September und Oktober 1936 in sechs Wochen 50.000 Besucher in die hannoverschen Ufa-Kinos lockte. Der Film erzählt die Geschichte einer jungen Frau (Lil Dagover), die ihr Baby verlässt und ihrem Mann nach Amerika folgt. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland tritt sie unerkannt eine Stelle als Erzieherin an bei dem Ehepaar, das ihr Kind adoptiert hat. Als die Frau des Hauses an einer Überdosis Morphium stirbt, wird die Erziehrein unter Mordverdacht verhaftet, der anschließende Strafprozess endet mit einer Überraschung. Betrachtet man die Werbung für die Filme in der Hannoverschen Tagespresse, so fällt auf, dass die Anzeigen geradezu schwelgen in Superlativen wie „Meisterwerks deutschen Filmschaffens“, „sensationell“, „gewaltig“, „das Stadtgespräch“. Will man den Versprechungen glauben – die im Grunde nur wohlwollende Inhaltsangaben waren -, so müssen sich die „Stürme der Begeisterung“ am Schluss mancher Vorstellung in „standing ovations“ und dem „spontanen“ Absingen des Horst Wessel-Liedes geäußert haben.

Natürlich gab es Filmbegeisterung, aber sie galt in erster Linie den Stars, den „Kassenmagneten“, während der Inhalt der Filme für die meisten Zuschauer wohl eher zweitrangig war, da die Handlung häufig beliebig austauschbar war.

In Hannover fanden im Vergleich zu Berlin oder München in den dreißiger Jahren nur wenige Welturaufführungen statt: Am 1.3.1935 BARCAROLE(Regie Gerhard Lamprecht), am 8.11.1935 VERLIEBT DICH NICHT AM BODENSEE (Regie Carl Heinz Wolff) und am 10.11.1936 ANNEMARIE – DIE GESCHICHTE EINER JUNGEN LIEBE (Regie Fritz Peter Buch). Die Welturaufführungen und Premieren waren für die Stadt gesellschaftliche Ereignisse, nicht zuletzt wegen der anwesenden Stars, die im Anschluss an die Vorführungen Autogrammstunden gaben; u. a. besuchten Hannover: Lucie Englisch, Paul Richter, Lida Baarova, Helge Roswaenge, Gisela Uhlen, „Pat und Patachon“ (Carl Schenström und Harald Madsen) und Hans Albers, „dessen Gastspiel in den Palast- und Kammerlichtspielen“ anlässlich des Films Henker, Frauen und Soldaten HENKER, FRAUEN UND SOLDATEN (Regie Johannes Meyer) am 16. 1.1936 als eine „sehr schnelle Angelegenheit“ bezeichnet wurde. Der folgende Presseempfang fand hinter verschlossenen Türen statt, was ein Journalist folgendermaßen kommentierte: „Und draußen wartete Großhannover und hätte am liebsten das Mannsbild namens Prack (Albers‘ Rollenname, d. V.) in tausend Stücke gerissen vor lauter Begeisterung“.

Ein gesellschaftliches Ereignis mit großer Resonanz muss der Ufa-Filmball gewesen sein, der erstmals im Februar 1936 in Hannover stattfand. Lil Dagover, der Hannoveraner Gustav Fröhlich, Willy Birgel, Paul Ritter, Carola Höhn und Lida Baarova waren anwesend und „erfüllten ihren Zweck“; laut Presse wurde zwar mit starkem Besuch gerechnet, den dann erfolgten Andrang hatte man allerdings nicht erwartet: „Tausende waren es, die tanzen und die Künstler von Angesicht zu Angesicht sehen wollten.“ Das Rahmenprogramm fiel aus, die Stars, die noch Anekdoten zum Besten geben und einige Autogramme verteilen konnten, reisten dann unplanmäßig ab, da wegen der Überfüllung der Stadthalle und der Begeisterung der Massen um ihr Leben gefürchtet wurde.

Aus Anlass der Jahrestagung der Reichsfilmkammer veranstalteten 18 hannoversche Kinos zum „Volksfilmtag“ am 7.3.1937 Sonderaufführungen deutscher Erfolgsfilme, darunter SCHWARZE ROSEN, MAZURKA (1935, Regie Willi Forst) und Varieté VARIETÉ (1935, Regie Nikolaus Farkas und Jacob Geis). Nach dem Erwerb der Schrift „Film und Volk“ zum Preis von 20 Reichspfennigen an der Kasse des Filmtheaters war jeder eintrittsberechtigt. Die stadtweite Veranstaltung fand unter dem Motto „Unsere Filme sind besser als je zuvor“ (Adolf Hitler) statt.

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