Kirmes (1960)

Inhalt

Die Kirmes ist in der Stadt. Beim Zeltaufbau für das alljährliche Dorfspektakel wird ein Skelett mit Wehrmachtshelm und Maschinenpistole entdeckt. Nach einigen Nachforschungen wird klar, es handelt sich um die Überreste des jungen Robert Mertens, die Hintergründe seines Todes offenbaren die düstere Vergangenheit des kleinen Dorfes in der Eifel. Er war kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges desertiert und in sein Heimatdorf in der Eifel geflohen. Hier hatte aber niemand der Mut, ihm zu helfen – noch nicht einmal seine eigene Familie. Daher beschloss er, sich das Leben zu nehmen.

 

Film in der BRD der 50er und frühen 60er Jahre

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Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1960
Länge 102 Minuten
   
Stab
Regie Wolfgang Staudte
Drehbuch Wolfgang Staudte
Produktion Real-Film, Hamburg
(Harald Braun, Helmut Käutner , Wolfgang Staudte)
Musik Werner Pohl
Kamera Georg Krause
Schnitt Lilian Seng
DarstellerInnen:
  • Götz George: Robert Mertens
  • Juliette Mayniel: Annette
  • Hans Mahnke: Paul Mertens
  • Wolfgang Reichmann: Georg Hölchert
  • Manja Behrens: Martha Mertens
  • Fritz Schmiedel: Pfarrer
  • Erica Schramm: Eva Schumann
  • Elisabeth Goebel: Wirtin Balthausen
  • Benno Hoffmann: Wirt Balthausen
  • Irmgard Kleber: Else Mertens
  • Hansi Jochmann: Erika
  • Solveig Loevel: Gertrud
  • Rudolf Birkemeyer: Hauptmann Menzel
  • Reidar Müller: Leutnant Wandray
  • Horst Niendorf: Junger Soldat

 

Der Fall „Kirmes

Streit um moralische Positionen

Unbewältigte Vergangenheit und nicht eingelöste historische Schuld haben offenbar einen traumatischen Zustand erzeugt, der bei der Behandlung eines Themas aus jüngster Vergangenheit keine andere Definition und keinen anderen kritischen Standpunkt zuläßt, als den der Anklage.

Der Film ,,KlRMES“ aber ist in keiner Hinsicht Anklage. Die Geschichte könnte im dreißigjährigen Krieg ebenso spielen wie in einem beliebigen, sozialen Notstandsgebiet.  Persönlichkeiten, keine Helden, keine Widerstandskömpfer, keine guten und auch keine schlechten Menschen. Sie sind nur Produkte der Angst, Opfer des ethischen Widerspruchs zwischen Krieg und Christentum, in ihrer moralischen Kraft überfordert von einer unmoralischen Zeit. So ist,,KlRMES“ nicht Anklage, sondern Plädoyer.

Und so ist esauch zu verstehen, daß man ,,in dem gesomten Film keine einzige Menschengestalt antrilft, die in relativ positiver Art den Standort verkörpern könnte, von dem ein solcher Angriff mit Fug und Recht geführt werden könnte und sollte“. (Zitat der Filmbewertungsstelle)

lch sehe keinen Angriff darin, unter vielen Menschen auf einem Kirmesplatz auch ein paar Bundeswehrsoldaten zu zeigen. Sie gehören unleugbar zu unserem Gegenwartsbild.

ln den wenigen Filmmetern des Anfangs eine,,böswillige ldentifikation“ mit dem Dritten Reich zu sehen, läßt die Objektivität der Bewertung in zweifelhaftem Licht erscheinen, um so mehr, als sie kurzerhand mit einem,,harten Schnitt“ argumentiert, wo eine übernormal lange Zeitblende die Rahmenhandlung einleitet.

Das Verhalten aller Beteiligten nach dem Auffinden des Skeletts in unserer Gegenwart kann nur retrospektiv beurteilt werden unter dem Aspekt menschlichen Versagens. Jeder hatte, um das Leben dieses jungen Mertens zu bewahren, sein Möglichstes getan. Das Möglichste ober hatte nicht gereicht. Und so suchen sich alle, nicht nur der Voater, ,,mit allgemeinen, abwehrenden und ausweichenden Redensarten“ zu beschwichtigen. Weder in religiösen noch in menschlichen Bezirken kann es eine Beantwortung der Frage nach der Schuld geben. Aber es gibt die berechtigte Annahme, daß der Tote in Wahrheit ein unbekannter Soldat ist. Diese Möglichkeit enthebt auch den Dorfgeistlichen „jeder Maßnohme kraft seines Amtes“, und es scheint mir kaum ein ,,Zerrbild der Gegenwart“ zu sein, wenn auch er eine Vergangenheit ruhen lossen will, in der sich keiner bewähren konnte.

Was die Kritik an der Figur des Ortsgruppenleiters betrifft, so ist dazu zu sagen, daß fast jede Art von Überzeichnung noch hinter der Wirklichkeit zurückbleiben muß. Die Verteilung der Macht und der Gewalt an die aufgeblasensten Hohlköpfe war ein Symptom der Zeit. Hitler und seine Vasallen, in einem Dokumentarfilm heute betrachtet, sind von grausiger, unglaubhafter Lächerlichkeit. Nicht anders der Ortsgruppenleiter in ,,KlRMES“. Seine Worte sind Porteiphrosen, die um so polternder werden, je unsicherer er selbst wird. Er vertritt in dem Eifeldorf die Macht, die auch ihn beherrscht, die auch ihn treibt. Aber die Dorfbewohner streiten sich mit ihm, sagen ihm Wohrheiten, die sich nicht jeder seiner Stelle hätte gefallen lassen. Er sagt bei solcher Gelegenheit mehrmals: Wenn ich jetzt tun würde, was meine Pflicht ist… Aber er tut es nie. Er fuchtelt einmal der Pistole herum, er schlägt einmal die Fremdarbeiterin, und als die Uniform gefunden wird, ruft er die Gestopo ins Dorf. Er ist ein Popanz, damals wie heute.

ln der Begründung der Bewertungssttelle taucht immer wieder das Wort Anklage auf, um dann zu folgern, daß diese Anklage nicht entsprechend künstlerisch oder psychologisch behandelt wurde. Angeklagt allein ist der Krieg. Und gemeint ist, daß es nur e i n moralisches Verhalten gibt, mit aller Kraft gegen den Krieg zu sein. Den Anfängen zu wehren. Wenn es zu spät ist, gibt es nur noch Opfer. Opfer des Krieges sind nicht nur die Toten.

Welche Worte der Dorfgeistliche, der den Deserteur vier Tage versteckt gehalten hat in seiner  bohrenden Angst findet und einem jungen Bauern gegenüber für richtighält, mag theoretisch unzureichend sein, wichtig ist nur, daß man empfindet, erist in unabwendbarer Gewissensnot. Er ist ein Opfer des Krieges.

Und so auch die anderen. Die Eltern, die Wirtsleute, die Schwägerin, die Annette.

Daß der Film Aggressionen erzeugt, ist mir verständlich, daß diese aber bei einem von Amtswegen geschulten Zuschauerkreis zu sicher unbewußten Unterstellungen und Mißdeutungen geführt haben, macht das Ersuchen um nochmalige Prüfung des mir vorliegenden Entscheids unabwendbar.

„Es ist zum Beispiel doch wohl einigermaßen unwahrscheinlich, daß ein Vater, der seinen Sohn plötzlich im Keller als Deserteur findet, sich erst einmal mit seinem Sohn betrinkt.“ (Zitat der Filmbewertungsstelle)

Von,,plötzlich“ kann keine Rede sein. Jedes Kind weiß heute, daß eine bestimmte Zeit vorausgegongen sein muß, wenn man nach einer langen überblendung mitten in einem Diaolog einer Szene beginnt. Daß der Vater mit seinem Sohn trinkt – nicht sich betrinkt, – hat eine unübersehbare Ursache. Er versucht, seinem Sohn die Gefahrlosigkeit seines elterlichen Asyls vorzugaukeln, er trinkt sich Mut und Hoffnung zu, er macht den Versuch, die aufkommende Angst zu bändigen. Dieser Versuch scheitert. Als der Vater sich selbst aufgibt, verläßt der Sohn das Elternhaus.

Man muß schon ein Halbgott sein, wenn man nicht bereit ist, sich mit dem menschlichen
Versagen angesichts von Folter und Tod zu identifizieren.

Dem Regisseur Staudte ist nicht der Drehbuchautor  zum Verhängnis geworden, sondern
die Drehbuchautoren, die durch die Erfindung des Übermenschen, des Helden, des Retters in der Not, eine liebe Filmwohnheit gemacht haben. Auf Kosten der Wahrheit, aber zum Behagen des Beschauers. ,,KlRMES“ aber will nicht Behagen, wohlgefällige Selbstbetrachtung, sondern Selbstbesinnung. Die leidenschaftlich geführten Diskussionen, die er bei den wenigen Aufführungen bisher hervorgerufen hat, waren Streitgespräche um moralische Positionen, Und genau das habe ich mir von meiner Arbeit erhofft.


W. Staudte: Streit um moralische Positionen. In Film und Fernsehen Heft 9/1986, S. 44/45

 

Jurybegründung

Der Hauptausschuss hat über den Film „Kirmes“ lang und intensiv diskutiert. Die vorliegenden Erläuterungen des Regisseurs Wolfgang Staudte zu diesem Film haben zur Klärung wesentlich beigetragen. Der Film ist in der Tat nicht als Anklage, sondern als die Demonstration eines Exempels zum Thema von den Grenzen der moralischen Kräfte des Menschen im Krieg, im Terror, in der Ausnahmesituation anzusehen. Allerdings hat Staudte in der Rahmenszene gewisse Details angebracht, die als tendenziöse Absicht missverstanden werden können. Doch wird das Wesentliche hiervon nicht berührt.

Der Deserteur und die Desertion, ein Thema, zu dem Mut gehört, weil es ein Tabu verletzt, werden im Buch und Dialog erschütternd menschlich motiviert und durch den jungen Götz George und alle, die mit ihm in Gewissensnot geraten, so wahrhaftig, unpathetisch und differenziert dargestellt, dass der Filmbesucher sich zur Konfrontation mit dem Thema gestellt sieht, mag er wollen oder nicht. Dem französischen Mädchen hat die Regie etwas zu viel erotisches Kino zugemutet, doch ist die Schauspielerin vom Typ her vorzüglich. Die Abstufung der Charaktere in den verschiedenen Situationen der Angst, des Terrors, der Illusion, der Hoffnung, des Mutes und Versagens ergibt ein Exempel dessen, was in den schrecklichen Tagen möglich war. Der Pfarrer ist so wenig eindeutig wie der Vater des desertierten Soldaten. Die Mutter ist tapferer, aber auch das ist relativ; sie kann entschiedener sein, weil ihr Mann die Last scheinbarer Gefügigkeit trägt. Der Ortsgruppenleiter, von Reichmann mimisch vorzüglich dargestellt, ist einer aufgeblasene Figur, lächerlich und fürchterlich, aber nicht ein Bilderbuchteufel, sondern die treffende Studie eines Schwächlings.

Der Hauptausschuss hat auch die Frage, ob die Identität des Ortsgruppenleiters von damals mit dem Bürgermeister von heute tendenziös missverstanden werden könne, diskutiert. Er verneint diese Frage. Die mögliche Personidentität auf einem kleineren Posten kann nicht so verstanden werden, als sollte der Terror des dritten Reiches mit den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik parallelisiert oder gar gleichgesetzt werden.

Darstellung, Regie und Kamera des Films sind temperamentvoll und dramatisch akzentuierend. Viele Bildeinstellungen kommen über einen vordergründigen Realismus zu symbolhafter Verdichtung.


Lenhard: Ja, mit mit der Begründung, die Darstellung sei unglaubwürdig und menschenverachtend. Der Film behaupte ja, dass die Bewohner des Dorfs aus ihrer Erfahrung der Diktatur und des Krieges nichts gelernt hätten. Nach Staudtes Widerspruch erhielt der Film dann doch das Prädikat „wertvoll“, abgeschwächt durch den Hinweis auf Details, die als „tendenziöse Absicht“ missverstanden werden könnten.

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Bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin wurde Juliette Mayniel 1960 mit dem Silbernen Bären als „Beste Darstellerin“ ausgezeichnet. 

 

„In dem westdeutschen Dorf, in dem der Film „Kirmes“ spielt, hängen Adenauer-Plakate mit der Parole „Keine Experimente“, auf einer Wand warnt eine Schrift: „Atomtod droht“. Als auf dem Festplatz eine Grube ausgehoben wird, treten Relikte einer Zeit zutage, die man gerne vergessen hätte. Ein Wehrmachtshelm, Uniformfetzen, ein Skelett. Es sind die sterblichen Überreste eines Deserteurs aus den letzten Kriegstagen. Die Honoratioren, die nun der Mutter des Toten raten: „Besser, Sie bewahren das Bild Ihres Sohnes im Herzen und lassen alles auf sich beruhen“, waren bereits in Amt und Würden, als er starb. Ein Enthüllungsdrama. So beschreibt Christian Schröder 2017 im Tagesspiegel den Anfang des Filmes und nennt den film ein „Enthüllungsdrama“.

 

Wie später in Herrenpartie taucht Regisseur Staudte in die Tiefen des nationalsozialistischen Wahnsinns ein und spürt dessen Folgen bis ins Deutschland des Wirtschaftswunders nach. Eine kompromisslose Studie über Angst, Ohnmacht und Ausweglosigkeit

 

Das ist seit Wickis Brücke der immerhin der wichtigste, anständigste deutsche Zeitfilm, der sich offen der Vergangenheit stellt. Vielleicht hat er mich deshalb noch stärker beeindruckt, weil er nicht mit dem Zusammenbruch endet. Das Jahr 1945 war gottlob nur eine Zäsur, kein Schlußstrich; wie die Überlebenden nach all jener Brutalität wieder ins normale Leben fanden – das ist eine Frage, die noch immer bewegt. Staudtes Antwort ist genau, aber bitter. 

Hans Dieter Roos, Süddeutsche Zeitung, 5. September 1960

 

Mit schwerem Kaliber zielt Zeitkritiker Wolfgang Staudte („Rosen für den Staatsanwalt“) auf die bundesdeutsche Reaktion, aber sein Geschoß verpufft als Rohrkrepierer. Am Beispiel einiger gewissensträger Eifel-Dörfler, die im Kriege die Nazis und im Jahre 1960 fröhlich Kirmes feiern, sucht er zu demonstrieren, daß es Unverbesserliche gibt. Doch krasse Mängel in der dramaturgischen Fertigung verwehren dem kabarettistisch hergerichteten Kinostück-in der ersten Szene des Films werden Bundeswehr- und CDU-Plakate mit der Zettelanzeige »Kirmes« überklebt – sowohl politische als auch künstlerische Überzeugungskraft. Für die Darstellung einer französischen Fremdarbeiterin wurde Juliette Mayniel, die »Muse der Neuen Welle« (SPIEGEL 7/1960), von der Berlinale-Jury mit dem Preis für die beste weibliche Hauptrolle ausgezeichnet. (Freie Film-Produktion.)

Der Spiegel 30/1960, 19.07.1960

 

Ein engagierter Film, der Feigheit und Mitläufertum als konstante Verhaltensweisen im Dritten Reich ebenso wie im Nachkriegsdeutschland herausarbeiten möchte, aber an seiner allzu plakativen Argumentation krankt. Die Täter sind bis zur Karikatur verzerrt, die Handlung verläuft lehrbuchhaft und zähflüssig. Statt Zorn und Trauer wird ein konturloser, resignativer Mißmut ausgelöst. (Filmdienst.de)

Deutlich verbitterter als „Die Mörder sind unter uns“ und „Rosen für den Staatsanwalt“ zeigt Wolfgang Staudte, wie manch strammer Nazi sich in der Adenauerära die Geschichte zurechtbiegen konnte. Dass einige Charaktere ihm zu Karikaturen gerieten, nimmt Staudtes Film wenig von seiner Kraft. (cinema.de)

Einer der wenigen deutschen Filme jener Zeit, die sich nicht nur ernsthaft mit Vergangenheit auseinandersetzen, sondern darüber hinaus Lehren für die Gegenwart ziehen wollen. Diesen Film hat Staudte mit spürbarem Engagement gedreht – mit dem negativen Erfolg u. a., daß er Menschen und Situationen voller Abscheu verzeichnet hat. Da unterlaufen dem begabten Regisseur dann plötzlich die üblichen Klischees von den beschränkten stiernackigen Nazis und sogar von den leichtlebigen Französinnen. Die Bedingtheiten des Milieus in einem kleinen Eifeldorf werden so vernachlässigt, daß der Zuschauer es leicht hat, sich der persönlichen Nutzanwendung zu entziehen. In seinem Bemühen, deutlich zu sein, ist Staudte überdeutlich geworden und hat damit letzten Endes sein Thema um die erhoffte Wirkung gebracht.

Dieter Krusche, Jürgen Labenski, Josef Nagel: Reclams Filmführer. 11. neu bearbeitete Auflage. Reclam, Stuttgart 2000

 

Im gleichen Jahr 1960 stellte Staudte Kirmes fertig, den ersten Film, den er über die von ihm mitgegründete Produktionsfirma FFP finanziert hatte. […] Kirmes ist der intimste Film Staudtes, weniger appelativ als Die Mörder sind unter uns und anders als Rosen für den Staatsanwalt überhaupt nicht auf unterhaltsame Wirkung bedacht; Staudte öffnete sich, reflektierte seine persönliche Enttäuschung […] Die politischen Reaktionen auf den Film legten ein umso erschreckenderes Bild der geistigen Verfassung Deutschlands offen […] Dieses Mal wurde zwar weder von einer staatlichen Zensurbehörde noch von einem gewinnorientierten Produzenten in seinen Film eingegriffen. Aber es zeigte sich drastisch, dass der freie Markt auch andersartige Möglichkeiten zur Verfügung stellte, den freien Austausch der Ideen zu sabotieren.

Uschi Schmidt-Lenhard, Andreas Schmidt-Lenhard (Hrsg.): Courage und Eigensinn. Zum 100. Geburtstag von Wolfgang Staudte. St. Ingbert 2006, S. 44–49

 

Stand in „Rosen für den Staatsanwalt“ die Judikative im Mittelpunkt, deren Vertreter zum großen Teil unmittelbar vom nationalsozialistischen Regime in den demokratischen Rechtsstaat überwechselten, ohne das ihr früheres Handeln in Frage gestellt wurde – eine Phase, die erst jetzt offiziell aufgearbeitet wird und deren Ergebnis Staudtes damalige Kritik weit in den Schatten stellt – und betrachtete „Die Brücke“ den nationalsozialistischen Wahnsinns, kurz vor dem Kriegsende noch ihre Jüngsten sinnlos in den Tod zu schicken, ohne die Verantwortung Aller dafür aufzuzeigen, verdeutlicht „Kirmes“ am Mikrokosmos eines Dorfes in der Eifel den generellen Opportunismus jedes Einzelnen, der nicht nur ein unmenschliches Regime am Leben erhielt, sondern unfähig war, die Lehren daraus zu ziehen.

Grün ist die Heide: Kirmes (1960) Wolfgang Staudte (udorotenberg.blogspot.com)

 

„Kirmes ist die Geschichte von Angst. Der Junge hat Angst, der Vater hat Angst, die Französin hat Angst, am wenigsten Angst hat noch die Mutter. Angst ist das eigentliche zentrale Thema“ (Wolfgang Staudte) Kernfigur ist der Vater (Hans Mahnke), ein wenig bekannter Filmschauspieler, dafür einer der großen Bühnenschauspieler. Er trägt diesen Film. 

Falk Schwarz: Die Abgründe in uns 19.08.2014

https://www.filmportal.de/film/kirmes_4e1e438f573c425e93454d8b16747c91

 

Obwohl ein sehr gut gemachter Film,gerät Kirmes (1960) zu einem fatalen Flop. Auch hier spielen die Themen Verdrängung,Restauration und Alt-Nazis in Machtpositionen die zentrale Rolle, diesmal aber nicht wiein den vorigen Staudte-Filmen in der Großstadt, sondern in einem Dorf in der Eifel. Es istein symbolischer Ort, der stellvertretend für die westdeutsche Provinz steht. Was passiertin diesem Provinznest? Der siebzehnjährige Robert Mertens, sehr eindringlich vomjungen Götz George gespielt, wird wie so viele andere deutsche Jugendliche in denletzten Kriegswochen eingezogen, um die sinnlose letzte Schlacht gegen dievorrückenden Alliierten zu schlagen. Aber: Robert desertiert. Er ist kein fiktiver Einzelfall:Im Zweiten Weltkrieg werden 30.000 Wehrmachtsangehörige wegen Fahnenfluchthingerichtet. > weiter

aus: Wolfgang Staudte – der angebliche Nestbeschmutzer /Teil 2. 14. August 2021

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