Jene Tage im Juni (1983)

Inhalt

Die 1983 im Auftrag des Westdeutschen Rundfunks hergestellte Dokumentation „Jene Tage im Juni“ schildert Vorgeschichte, Verlauf und Niederschlagung des Aufstandes vom 17. Juni 1953. Neben westlichen Beobachtern (z.B. Journalisten des RIAS) kommen Zeitzeugen ausführlich zu Wort, die an den Geschehnissen direkt beteiligt waren bzw. als Streikführer gewirkt haben. Der Film interpretiert die Ereignisse des 17. Juni 1953 als kollektive Auflehnung der Ostdeutschen gegen die SED-Diktatur.

Titel: Jene Tage im Juni
Regie: Peter Otto
Drehbuch: Jürgen Rühle, Peter Schultze unter Mitarbeit von Wilhelma von Albert und Karl Wilhelm Fricke
Produktion: Studio Hamburg, WDR
Produktionsleitung: Editha Busch und Rudi Obladen
Lieder: Wolf Biermann, Johannes R. Becher, Hanns Eisler, Ernst Busch
Kamera: Karsten H. Müller, Hans Hessel
Schnitt: Claudia Seiring, Susanne Kirchner
Land: Bundesrepublik Deutschland 1983
Video: Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1995

Nr.

Inhalt

Länge

Zeit im Film

1

Luftaufnahme: Brandenburger Tor und Berliner Mauer 1983. Musik: Wolf Biermann.

Einführung durch den Sprecher: „Ungepflügte Erde, geronnene Geschichte“. Vorspann.

1.10

0.00 – 1.10

2

Propaganda-Umzug der FDJ, Aufbau-Lied (vermutlich aus: „Immer bereit“, Regie: Kurt Maetzig und Feodor Pappe, DDR 1950).

Rede Walter Ulbricht 1952.

Sprecher interpretiert den „Aufbau des Sozialismus“ vor allem als „Steigerung der Arbeitsproduktivität durch Erhöhung der Arbeitsnormen“ und „Kollektivierung der Landwirtschaft“.

„Verschärfung der Versorgungskrise“.

Politische Verfolgung (mit Zeitzeugenbericht).

Militarisierung der DDR und evangelischer Widerstand.

5.04

1.10 – 6.14

3

Ausschnitt aus einem Propagandafilm: Trauerfeierlichkeiten nach Stalins Tod.

Einsetzung von Wladimir Semjonow als Hochkommissar der DDR. Rede Otto Grotewohl 1953 zum Neuen Kurs.

Arbeitsniederlegungen beim Bau der Stalin-Allee, Beginn des Aufstandes.

Foto: Arbeiterversammlung vor dem Haus der Ministerien am 16. Juni. Zeitzeugenberichte von Heinz Brandt und Fritz Schenk.

5.26

6.14 – 11.40

4

West-Wochenschau: Presse- und Funkball, Wilhelm Furtwängler dirigiert der Kaiserwalzer. Lebenssituation in und Ansichten von West-Berlin. Vorstellung des RIAS.

Der RIAS-Reporter Peter Schultze erinnert sich an die Berichterstattung vom 16./17. Juni 1953.

Karte veranschaulicht Grenze zwischen westlichem und sowjetischem Einflussbereich in Europa. Der amerikanische Programmdirektor des RIAS Gordon Ewing und sein deutscher Kollege Eberhard Schütz stehen Rede und Antwort zur Linie der RIAS-Berichterstattung.

7.10

11.40 – 18.50

5

Vorgänge in der alliierten Kommandantur, Krisensitzung der westlichen Stadtkommandanten. Zeitzeugenberichte Eleanor Dulles und Christian de Margerie.

Franz Thedieck über das Verhalten der Bundesregierung.

Redemitschnitt Jakob Kaiser, Minister für gesamtdeutsche Fragen.

6.23

18.50 – 25.13

6

Fotos und Originalton Berichterstattung vom 17. Juni 1953. Bericht Christian de Margerie.

Archivaufnahmen mit Radio-O-Tönen vom Aufstand in Berlin und dessen Niederschlagung.

6.23

25.13 – 31.36

7

Reaktionen Bertolt Brecht (Gedicht: „Die Lösung“) und SED-Parteidichter Kurt Barthel / „Kuba“.

2.05

31.36 – 33.41

8

DDR-Karte veranschaulicht Ausbreitung des Aufstandes.

Zeitzeugenberichte zur:

– „Bildung der Räte“ (Organisation und Formen des Aufstandes)

5.05

33.41 – 38.46

9

– „Formierung des Zuges“ (Massenerlebnis, Forderungen der Arbeiter)

18.06

38.46 – 56.51

10

– „Erstürmung der Dienststellen“ (Gefängisse und Stasidienststellen, Ohnmacht der Volkspolizei)

9.49

56.51 – 1.06.40

 

11

– den „sowjetischen Streitkräften in Deutschland“ (abwartendes Verhalten der Sowjetsoldaten, schließlich Niederschlagung des Aufstandes)

10.36

1.06.40 – 1.17.16

12

Abschlusskapitel „Abrechnung“.

Verlesung der Bekanntmachungen des sowjetischen Militärkommandanten.

Ausschnitt der DEFA-Wochenschau zum 17. Juni 1953.

Zeitzeugenberichte zur Verfolgung und Vernehmung durch die Staatssicherheit und den NKWD. Schlusswort von Wilhelm Grothaus, Streikführer in Dresden, der bereits Gefangener der Gestapo gewesen war.

Luftaufnahme: Brandenburger Tor und Berliner Mauer. Abspann, Musik: Ernst Busch.

8.26

1.17.16 – 1.25.40

Die 17 Zeitzeugen des Films „Jene Tage im Juni“ lassen sich in zwei Gruppen unterteilen, und zwar in die der Beobachter des Aufstandes (z.B. ehemalige RIAS-Reporter, Mitarbeiter der westlichen Besatzungsmächte) und die der darin verwickelten.

Der bekannteste Streikführer, der (in Ausschnitten einer älteren Interview-Aufzeichnung) im Film zu Wort kommt, ist Wilhelm Grothaus, dessen Kurz-Biographie auf der Internet-Präsenz der Ausstellung „Gegen Diktatur – Demokratischer Widerstand in Deutschland“ zu finden ist.

Einer der problematischsten Aspekte des Films besteht darin, dass die Angehörigen der zweiten Gruppe (mit Ausnahme von Wilhelm Grothaus) nicht beim Namen genannt, sondern vielmehr durch Einblendungen den Städten zugeordnet werden, wo sie an den Demonstrationen des 17. Juni teilnahmen. Um dennoch eine eindeutige Identifizierung zu ermöglichen, sollen sämtliche Zeitzeugen im Folgenden mit Nummern bezeichnet werden.

Zur Gruppe der Beobachter können die folgenden Personen gezählt werden:

– Zeitzeuge 1, Heinz Brandt, damals Sekretär der SED-Bezirksleitung Berlin

– Zeitzeuge 2, Fritz Schenk, damals Referent des obersten Plankommissars der DDR

– Zeitzeuge 3, Peter Schultze, damals RIAS-Reporter

– Zeitzeuge 4, Gordon Ewing, damals amerikanischer Programmdirektor des RIAS

– Zeitzeuge 5, Eberhard Schütz, damals deutscher Programmdirektor des RIAS

– Zeitzeugin 6, Eleanor Dulles, damals Berlin-Beauftragte der USA

– Zeitzeuge 7, Christian de Margerie, damals Stellvertreter des französischen Hochkommissars

– Zeitzeuge 8, Franz Thedieck, damals Staatssekretär im Ministerium für gesamtdeutsche Fragen

Die Gruppe der an dem Aufstand Beteiligten umfasst:

– Zeitzeuge 9, damals Student in Leipzig

– Zeitzeuge 10, Görlitz

– Zeitzeuge 11, damals Schlosser bei der Agfa in Bitterfeld

– Zeitzeuge 12, damals Arbeiter der Leuna-Werke

– Zeitzeuge 13, Rathenow

– Zeitzeuge 14, Jena

– Zeitzeuge 15, Merseburg

– Zeitzeuge 16, Wilhelm Grothaus, Streikführer in Dresden

– Zeitzeuge 17, Görlitz

Das folgende Protokoll soll neben einer chronologischen Auflistung und inhaltlichen Einordnung aller Zeitzeugenberichte auch eine Orientierung mit Hilfe des Sequenzprotokolls erlauben:

Filmisches Archivmaterial

Der Film „Jene Tage im Juni“ setzt sich nur zu einem geringen Anteil aus filmischem Archivmaterial zusammen, da die Zeitzeugen-Berichte den mit Abstand größten Teil des Filmes ausmachen.

Insgesamt wird solches Archivmaterial im Wesentlichen in folgenden fünf Szenen (in Klammern jeweils die entsprechenden Nummern im Sequenzprotokoll) eingesetzt:

  1. Situation der DDR Anfang der 50er Jahre (Sequenz Nr. 02): Zu sehen sind Ausschnitte aus einem Propagandafilm über das Deutschlandtreffen der FDJ 1951, ein Redemitschnitt Walter Ulbrichts 1952, Aufnahmen aus Industrie und Landwirtschaft und von den Schlangen vor den Geschäften.

  2. Ausschnitt aus einem Propagandafilm oder einer DEFA-Wochenschau: die Trauerfeierlichkeiten in der DDR zu Stalins Tod werden gezeigt, gefolgt von einem Redemitschnitt Otto Grotewohls zur Bekanntgabe des „Neuen Kurses“ (Sequenz Nr. 03).

  3. Situation in West-Berlin im Juni 1953 (Sequenz Nr. 04): Szene aus einer Wochenschau zum Presse- und Funkball in West-Berlin und dem Berliner Philharmonischen Orchester unter Wilhelm Furtwängler. Zeitgenössische Ansichten von West-Berlin folgen.

  4. Unterbrochen von dem Zeitzeugen-Bericht des französischen Gesandten Christian de Margerie ist in diesem längeren Block das von westlichen Beobachtern aufgenommene Filmmaterial vom Verlauf der Demonstration in West-Berlin zu sehen (Sequenz-Nr. 06).

  5. DEFA-Wochenschau zu einem Propagandaumzug nach dem 17. Juni (Sequenz-Nr. 12).

Der erste Block beginnt mit einer kurzen Farbfilmsequenz marschierender FDJ-Fahnenträger, die dem offiziellen propagandistischen Bild der DDR nach aussen und nach innen entspricht. Die darauf folgenden Schwarzweiß-Aufnahmen scheinen diesen Eindruck aber bereits zu konterkarieren und als schönen Schein zu entlarven, was durch den Off-Kommentar des Films noch entsprechend verstärkt wird. Dies gipfelt in den Aufnahmen der in Schlangen vor den Geschäften Wartenden, welche die Versorgungsnotlage in der DDR veranschaulichen.

Absichtsvoll wird auch in der zweiten Szene offizielles DDR-Filmmaterial verwendet, das an dieser Stelle den bizarren Personenkult um den verstorbenen Stalin zum Ausdruck bringt und aus westdeutschem Blick die damalige Propagandawirkung erst recht in ihr Gegenteil verkehrt.

Die dritte Szene fungiert als Gegenstück zur ersten. Sollte in der ersten ein Eindruck von der DDR zu Beginn der 50er Jahre erzeugt werden, so wird nun das West-Berlin der gleichen Zeit portraitiert. Das Wochenschau-Sujet „Presse- und Funkball“ ist keineswegs zufällig gewählt: Das gehobene Lebensniveau der West-Berliner kommt in der kultivierten Ball-Atmosphäre besonders sinnfällig zum Ausdruck. Auch hier wird eine nachträgliche Kommentierung vorgenommen.

Die vierte Szene verzichtet größtenteils auf den Off-Kommentar: Stattdessen werden die ursprünglich stummen Aufnahmen der Demonstration in West-Berlin mit Ausschnitten der Radio-Berichterstattung unterlegt, was einen Eindruck größtmöglicher Authentizität erzeugt.

Die fünfte Szene ist ähnlich einzuordnen wie die ersten beiden: Es wird offizielles DDR-Filmmaterial gezeigt und mit den Aussagen von Zeitzeugen kontrastiert, deren Berichte die Propaganda-Behauptung widerlegen, ausländische Geheimdienste hätten den Aufstand herbeigeführt.

Auf Grundlage dieser Beobachtungen kann das Fazit gezogen werden, dass die Macher des Films mit der Verwendung von offiziellem DDR-Filmmaterial im Zusammenwirken mit den Zeitzeugen-Berichten und dem Sprecherkommentar bezwecken, den Widerspruch zwischen der staatlichen Propaganda und der Lebenswirklichkeit der Ostdeutschen aufzeigen. Verwendung des Filmmaterials und die nachträgliche Kommentierung müssen, wie nicht anders zu erwarten, als tendenziös bezeichnet werden. Ebenfalls kann die nicht in jedem Fall einwandfreie Zuordnung des verwendeten Archivmaterials beanstandet werden: So ist es ausgeschlossen, dass es sich beim eingangs gezeigten Farbfilm-Ausschnitt um eine DEFA-Wochenschau handelt, wie dies im Film behauptet wird, sondern wahrscheinlicher um Einstellungen aus dem abendfüllenden Propagandafilm „Immer bereit“ (Kurt Maetzig, Feodor Pappe / 1950).

Verwendete Dokumente

Neben dem filmischen Archivmaterial macht der Film ausserdem Gebrauch von Fotos, die abgefilmt, Textdokumenten, die verlesen, und Tondokumenten, sowie Musikstücken, die eingespielt werden.

Bei den wesentlichen Textdokumenten, die zum Einsatz kommen, handelt es sich um:

  1. den von Otto Lehmann, Präsident des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) verfassten Bericht der Gewerkschaftszeitung „Tribüne“ vom 16. Juni 1953: „Zu einigen schädlichen Erscheinungen bei der Erhöhung der Arbeitsnormen“. Dieses wichtige Dokument ist hier, d.h.: auf dem Web-Angebot http://www.17juni53.de/chronik/530616.html einsehbar.

  2. das Flugblatt Kurt Barthels mit dem Text: „Wie ich mich schäme“. Dieses wichtige Dokument ist hier, d.h. auf dem Web-Angebot http://www.17juni53.de/chronik/530620.html einsehbar.

  3. das Antwortgedicht Bertolt Brechts mit dem Titel „Die Lösung“, das ebenfalls auf der Seite http://www.17juni53.de/chronik/530620.html nachzulesen ist.

Neben den bereits erwähnten Tondokumenten der RIAS-Berichterstattung ist auch die Ansprache des Ministers für gesamtdeutsche Fragen, Jakob Kaiser, zu erwähnen. Als interessantes Detail fällt die Verwendung der beiden Musikstücke von Wolf Biermann bzw. Ernst Busch auf, die im Vor- und Nachspann des Films gespielt werden.

Das Biermann-Lied trägt den Titel „Trotz alledem“, stammt vom gleichnamigen Album (1978 – einem der ersten, die Biermann in Westdeutschland einspielte und veröffentlichte) und beinhaltet den folgenden Text:

„Dies Deutschland ist mein Vaterland
Und mir ist kalt trotz alledem
Zerrissen wie ich keines fand
Und doch mein Land, trotz alledem
Trotz alledem und alledem
Wer sich wehrt, lebt unbequem
Die Wahrheit tut im Osten weh
Im Westen auch, trotz alledem“

Während des Abspanns wird das Lied „Deutschland“ / „Heimat, meine Trauer“ eingespielt, das von Ernst Busch gesungen wird und auf einen Text von Johannes R. Becher zurückgeht. Die Musik stammt von Hanns Eisler.

Die Einsetzbarkeit des Films „Jene Tage im Juni“ hängt in starkem Maße von der zur Verfügung stehenden Zeit ab. Aufgrund der Komplexität der Darstellung ist der Film vor allem für den universitären Seminarbereich zu empfehlen. Es werden Grundkenntnisse der deutschen Nachkriegsgeschichte insbesondere des sich verschärfenden Ost-West-Konfliktes vorausgesetzt.

Zweckdienlich zum Verständnis des Films ist dessen Einordnung in den Kontext der sich abkühlenden Ost-West-Beziehungen zwischen 1979-85.

Im Spätsommer 1982 scheiterte in Westdeutschland die sozialliberale Koalition unter Helmut Schmidt. Zu diesem Zeitpunkt wurden die innerdeutschen Beziehungen überschattet durch den Afghanistankrieg und eine neue Welle des Wettrüstens. Als wichtige Einzelereignisse wären zu nennen:

– die Stationierung sowjetischer Truppen auf Kuba ab August 1979 und die Beeinträchtigung des Rüstungsgleichgewichts in Europa durch sowjetische Mittelstreckenraketen (SS 20) verursachen eine Krise zwischen den USA und der UDSSR

– den NATO-Doppelbeschluss vom 12. Dezember 1979: Weil der Warschauer Pakt die Westeuropa bedrohenden nuklearen Waffensysteme zunehmend verstärkte und die UDSSR immer mehr SS 20- Raketen stationierte, beschloss die NATO in Brüssel die Wiederherstellung des regionalen Gleichgewichts durch Aufstellung von 572 nuklearen US-Gefechtsköpfen in Westeuropa. Zugleich wurde die Bereitschaft zur Begrenzung des Raketenpotenzials im Rahmen von neuen Verhandlungen betont.

– Am 4. Januar 1980 unterbrach US-Präsident Jimmy Carter wegen des sowjetischen Einmarschs in Afghanistan die Ratifizierung des SALT-II-Vertrages (Strategic Arms Limitation Talks: im Juni 1979 zwischen den USA und der Sowjetunion beschlossene Verringerung von Fern- und Raketenwaffen gegenüber SALT-I, 1972).

– Am 20. Februar erklärte Carter den Boykott gegen die olympischen Sommerspiele in Moskau.

– Am 8. August 1981 entschied Carters Nachfolger im Amt Ronald Reagan die Produktion von Neutronenwaffen.

– Beginn der Genfer Abrüstungsverhandlungen über Mittelstreckenraketen am 30. November 1981

– Verhängung von US- Sanktionen gegen das Erdgasgeschäft in Westeuropa mit der UDSSR am 30. Juli 1982

– Am 4. Mai 1983 forderte das US-Repräsentantenhaus ein gegenseitiges überprüfbares Einfrieren („freeze“) aller Nuklearbestände in den USA und UDSSR. Am 21. Juli wurden 2,5 Mrd. US-Dollar zum Bau von 27 MX-Interkontinental-Raketen bewilligt.

– Am 22. November 1983 beschloss der deutsche Bundestag die Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen in der BRD.

– Beginn der Genfer Abrüstungskonferenz mit 44 Teilnehmer-Ländern (Themenschwerpunkt: Verbot von chemischen Waffen) am 7. Februar 1984

Nach Darstellung des Films betraf der Arbeiteraufstand praktisch das gesamte Staatsgebiet der DDR und verfolgte dabei eigenständig, d.h. ohne Beeinflussung oder gar Steuerung des Westens das Ziel, das politische System abzuschaffen. Es ist die Absicht erkennbar, die offiziellen Verlautbarungen der DDR als Propagandalügen zu enttarnen, während die Zeitzeugen die authentische Sicht der Aufständischen wiedergeben.

Im Kontext der drei grundlegenden Thesen zum 17. Juni:

  1. Protest gegen die Normerhöhungen, nicht aber gegen das System der DDR als solches
  2. Protest / Aufstand gegen das politische System der DDR, bei dem die Normerhöhungen nur Anlass waren
  3. Vom Westen initiierter bzw. gesteuerter Aufstand, um die DDR zu destabilisieren

stützt der Film eindeutig die These 2.

Dies war noch in der Bundesrepublik der 1970er Jahre keineswegs eine unumstrittene Deutung gewesen, wie z.B. der Film „ Ein Mittwoch im Juni“ von Lutz Lehmann zeigt. Vielmehr ist der Film in die „Wendezeit“ ab Anfang der 1980er Jahre einzuordnen, die (s.o.) durch eine Abkühlung des politischen Klimas und eine damit einhergehende konfrontative Politik gekennzeichnet ist. Insofern ist der Film durchaus tendenziös und parteilich.

Die folgenden Fragen sollten bei der Bearbeitung des Films eine Rolle spielen:

  1. Wie ist der Film dramaturgisch (Aufbau, Schwerpunkte, Kontraste) konzipiert?

Siehe hierzu auch das Sequenzprotokoll, Zeitzeugen und verwendetes Filmmaterial / Dokumente!

  1. Wie ist das verwendete Filmmaterial zu beurteilen, wie die verwendeten Dokumente, Fotos, Redemitschnitte, Textauszüge?

Der Film kontrastiert bewusst DEFA-Wochenschauen und Ausschnitte aus Propagandafilmen der DDR mit Interview-Sequenzen. Von westlichen Kameramännern stammendes Archivmaterial ist zu einer langen Sequenz zusammengefasst, die – unterstützt durch O-Töne der Radioberichterstattung – den Demonstrationszug in Berlin und das Auftauchen der sowjetischen Panzer zeigen.

  1. Welche Absichten verfolgt der Film bei der Darstellung der politischen Verhältnisse in der DDR?

Auffällig ist, dass mit Wolf Biermann, Ernst Busch und Bertolt Brecht mit Vorliebe Linksintellektuelle zitiert werden. Der von den Machern beabsichtigte Effekt läuft zweifellos darauf hinaus, die Glaubwürdigkeit der SED-Regierung selbst in den Augen denkbarer Sympathisanten in Frage zu stellen. Doch ist diese Strategie mit den historischen Fakten vereinbar? Zu diskutieren wäre beispielsweise, ob Brecht sich tatsächlich bereits unmittelbar während und nach dem 17. Juni so eindeutig gegen die Maßnahmen der SED-Regierung ausgesprochen hat wie der Film suggeriert.

  1. Welche Zeitzeugen treten auf, was für eine Sichtweise wird vorrangig geschildert? Welche Kritik ließe sich an der Auswahl der Zeitzeugen festmachen, oder lässt sich daran eine politische Tendenz ablesen? Wie überzeugend wirkt die Kontinuität, die im Schlusskapitel des Films zwischen Gestapo und Stasi konstruiert wird, überhaupt der immer wieder formulierte Vergleich DDR / Drittes Reich?

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