Zur Arbeit mit filmischen Quellen

Zur Arbeit mit filmischen Quellen

Detlef Endeward (2020)

Das 20. Jahrhundert ist das Jahrhundert des bewegten Bildes. Ein großer Teil des kulturellen Erbes steckt in unseren Filmen. Das Material spiegelt unsere Wahrnehmung, Kultur, unser Sozialleben und unsere Geschichte wider. Vor allem für junge Menschen sind der Zugang, die Kenntnis, der Umgang und die Vermittlung dieses kulturellen Erbes von größter Wichtigkeit für ihre persönliche Entwicklung als mündige Bürger/innen.

Filme jeglicher Art zeigen eine gestaltete Abbildung dessen, was sich zu einem bestimmten Zeitpunkt im Blickwinkel der Kamera befunden hat. Filme erzählen dabei Geschichte(n), mit denen Informationen aber auch Werte und Einstellungen vermittelt werden. Die Ereignisse, Vorgänge etc. können dann später – auch wenn sie längst Geschichte sind – in ihrer gefilmten Darstellung betrachtet und als Quellen ihrer Entstehungszeit befragt werden.

„Als Quellen sind Filme interessant, insofern sie selbstverständliche zeitgenössische Einstellungen transportieren jenseits der erkennbaren Intentionen der Filme.“ (Irmgard Wilharm)

Zeitgeist und Mentalität der Entstehungszeit eines Films können durch die Analyse der seinerzeit eingefangenen Bilder erhellt werden. In diesem Sinne hat der Film Quellenwert als eine unabsichtliche Überlieferung, und ist – so verstanden – auch „Filmdokument“. Dabei kommt dem Spielfilm besondere Bedeutung zu. Von zufälligen Sachzwängen – der gerade angetroffenen „Wirklichkeit“ vor der Kamera – weitestgehend befreit, kann er Ideen und Wünsche, Ängste und Sorgen, Denk- und Handlungsweisen einer Zeit fotomechanisch oder elektronisch bannen. Wie wohl der Soziologe und Filmkritiker Kracauer als erster formulierte, reflektiert der (Spiel)film so psychische Dispositionen, die unbewussten, weil selbstverständlichen zeitgenössischen Einstellungen, die erst wahrgenommen werden, wenn sie fragwürdig geworden sind. Der Spielfilm ist in diesem Zusammenhang aussagekräftiger als andere Kunsterzeugnisse. Zum einen, weil er sowohl auf der Produktions- als auch auf der Rezeptionsseite gesellschaftlich bedingt bzw. angelegt ist, zum anderen, weil er aufgrund seiner fotografischen Technik auch manches bildlich einfängt, was nicht beabsichtigt war.

Filme werden so beispielsweise zu einer wichtigen Quelle für die Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit in beiden deutschen Staaten und geben Auskunft über das Selbstverständnis der Menschen im Nachkriegsdeutschland.