Die Mörder sind unter uns (1946)

Inhalt

Der Chirurg Hans Mertens ist aus dem Krieg in das zerstörte Berlin zurückgekehrt. In einer halbzerbombten Mietshauswohnung hat sich der mittlerweile dem Alkohol verfallene Arzt zurückgezogen. Er lebt dort isoliert und ohne Hoffnung, unfähig, seine Erfahrungen aus dem Krieg zu verarbeiten.

Die frühere Mieterin seiner Wohnung ist Susanne Wallner. Sie, die im Konzentrationslager war, hilft Mertens in ihrer Liebe zu ihm aus seiner Depression heraus. Mertens war 1942 in Polen Zeuge einer Erschießung unschuldiger Geiseln, unter ihnen viele Frauen und Kinder. Diese Hinrichtung nicht verhindert zu haben, quält sein Gewissen.

Der für den Erschießungsbefehl verantwortliche Hauptmann Brückner, von Mertens in der Hoffnung auf göttliche Gerechtigkeit für tot gehalten, lebt noch. Er ist mittlerweile ein kleiner Fabrikant und hat mühelos in der Nachkriegsgegenwart Tritt gefasst.

Am Weihnachtsabend 1945 versucht Mertens, Brückner zu töten, um endlich Gerechtigkeit zu schaffen. Susanne Wallner kann ihn jedoch im letzten Moment von der Tat zurückhalten. Mertens begreift, dass Gerechtigkeit nur die Sache aller sein kann.

Autoren/Innen

Filmanalyse: Autorengruppe Nachkriegsspielfilme (1993)
Zusammenstellung und Bearbeitung der Materialien: Autorengruppe Nachkriegsspielfilme (1993); aktualisiert: Detlef Endeward (2022)

Film im Nachkriegsdeutschland 1945 bis 1950

Film auf dem Medienserver Merlin

Produktion: DEFA
Drehzeit: März – August 1946
Erstverleih: Sovexport-Film, Internationale Filmallianz, Herzog-Film
Buch: Wolfgang Staudte
Regie: Wolfgang Staudte
Regieassistenz: Hans Heinrich
Produktionsleitung: Herbert Ulrich
Aufnahmeleitung: Willy Hermann, Max Sablotzky
Kamera: Friedl Behn-Grund, Eugen Klagemann
Bauten: Otto Hunte, Bruno Monten
Kostüme: Gertraude Recke
Schnitt: Hans Heinrich
Ton: Klaus Jungk
Musik: Ernst Roters
Uraufführung: 15.10.1946, Berlin/Ost (Deutsche Staatsoper)

 
Darsteller:  
Ernst Wilhelm Borchert Dr. Hans Mertens
Hildegard Knef Susanne Wallner
Arno Paulsen Ferdinand Brückner
Erna Sellmer Frau Brückner
Michael Günther Sohn Herbert
Christian Schwarzwald Sohn Otto
Robert Frosch Mondschein
Albert Johannes Herr Timm
Wolfgang Dohnberg Herr Knochenhauer
Ursula Krieg Frau Schulz
Elly Burgmer Mutter des kranken Kindes
Marlise Ludwig Sonja
Hilde Adolfi Daisy
Ernst Stahl-Nachbaur Arzt
Wanda Petress Schwester
Christian(e?) Hanson Dienstmädchen
Käthe Jöken-König Kundin

Staudte äußerte sich in einem Interview im Mai 1974 zur Vorgeschichte des Films:

Das Kriegsende haben Sie in Berlin erlebt. Es heißt, dass Sie damals schon den Stoff für ihren ersten Nachkriegsfilm, Die Mörder sind unter uns, ausgearbeitet hatten. Offensichtlich sind in diesem Stoff sehr viele eigene Erlebnisse eingeflossen?

Ein eigenes Erlebnis war, dass ich mal einem SS-Obersturmbannführer, der ziemlich angetrunken war, in die Falle gelaufen bin. Das war im Großen Schauspielhaus. Ein Freund von mir hat da die Kantine kommissarisch bewirtschaftet, und der hatte immer Cognac und Zigaretten und so was. Als ich mich da mal reintraute, waren ein paar angetrunkene SS-Leute drin. Einer von diesen Ärschen zog seine Wumme raus und hielt die mir vors Gesicht: „Du Kommunistensau, jetzt knall ich Dich ab.“ Die anderen haben ihn davon abgehalten, und er wurde auch wieder friedlich und sagte: „Wenn der Scheiß vorbei ist, dann kümmere ich mich wieder um meine Apotheke.“ Das war der Apotheker von der Ecke Friedrichstraße/ Schumannstraße. Ich habe mich dann verkrümelt und gedacht, was wohl passiert, wenn ich den später mal erwische, denn es war ja klar, dass alles bald zu Ende sein würde. Ich habe ihn später nicht erwischt, denn er war dann tot.

Sie haben aus diesen Kriegserlebnissen und der Beobachtung der ersten Nachkriegsmonate ein Drehbuch geschrieben. Wie ging es weiter?

Ich lebte damals im englischen Sektor und bin natürlich zuerst zu den Engländern gegangen, habe dann Kontakt mit den Franzosen aufgenommen und war dann bei den Amerikanern. Ich wollte den Film machen, ganz egal bei wem. Die Engländer waren nicht interessiert. Ich hatte zwar eine englische Lizenz für die „Wolfgang-Staudte-Film-Gesellschaft“, aber kein Geld. Ich war sogar so naiv und habe in einer Zeitung inseriert „suche für Filmvorhaben 500 000 Mark“. Aber es passierte nichts.

Filmproduktion sucht Privatkapital bis zu 500 000 RM für Finanzierung eines genehmigten Spielfilms. Angebote erbeten an:
Wolfgang-Staudte-Filmproduktion,
Bln.-Wilm., Nassauische Str. 68

Die Franzosen waren auch nicht interessiert. Und bei den Amerikanern traf ich auf einen Filmoffizier, der hieß Peter van Eyck. Der guckte mich von oben herab an und sagte: „Wie war der Name? Staudte? In den nächsten fünf Jahren wird in diesem Land überhaupt kein Film gedreht, außer von uns.“ Später wurde der van Eyck ziemlich angegriffen, weil er meinen Film abgelehnt hatte.

Und wie war es bei den Russen?

Ich hatte dort das Drehbuch abgegeben und wurde vierzehn Tage später zum Kulturoffizier beordert. Der sagte: „Ja, das wird gemacht. Ich habe es genau gelesen“ und gab den Zensurstempel. Dann fing er ein Gespräch mit mir an: „Eins ist natürlich unmöglich, das ist der Schluss. Wenn der Film ein Erfolg ist, und die Leute kommen aus dem Kino, dann gibt es Geknalle auf der Straße, und das kommt natürlich nicht in Frage. Den Wunsch nach Rache, den können wir verstehen, aber es muss gesagt werden, dass das genau der falsche Weg ist. Überlegen Sie sich das.“ Ich sagte: „Sie haben vollkommen recht.“ Ich traf dann Ernst Busch und Friedrich Wolf, die sehr freundlich und nett zu mir sagten: „Den ersten Film machen wir.“ Wolf hatte schon das Drehbuch geschrieben, und die beiden standen auf dem Standpunkt, dass sie das moralische Anrecht auf den ersten Film hätten, denn sie hatten in der Sowjetunion gekämpft und alles durchgestanden, während ich im Lande geblieben war und nun den ersten Film machen wollte. Ihre Position war verständlich, nicht wahr? Sie fragten mich, ob ich ihnen helfen wolle, und ich habe dann mit einem Kameramann Aufnahmen in überfluteten U-Bahn-Schächten gemacht. Der Film von Wolf und Busch, „Die Kolonne Strupp“, wurde nie fertiggestellt. Ich habe dann mit der Arbeit an den Mördern begonnen.“

PKW und LKW ständig gesucht für den anlaufenden Spielfilm.
DEFA. Deutsche Film-A.G., Berlin SW an Krausenstr. 38/39

Aus: Egon Netenjakob u.a. (Hg.):
Staudte. Berlin 1991, S. 132 f.

Berlin im Herbst 1945!

Ein verrosteter Stahlhelm zwischen wildwucherndem Unkraut! Auf unscheinbaren Erdhügeln ein einfaches Kreuz aus Holzleisten zusammengenagelt. Ein Strauß verwelkter Blumen in einem Einmachglas – das ist die letzte Ruhestätte dieser Toten am Rande der Straße.

Hier herrscht nicht die weihevolle Stille eines Friedhofes. Der Klang gestopfter Trompeten dringt aus einem nahen Tanzlokal herüber und vermischt sich mit der Melodie des Alltags.
Hier ist kein Verharren in stiller, ehrender Andacht. Menschen hasten und drängen achtlos vorbei – im harten Kampf um eine neue Existenz, den Blick in die Zukunft gerichtet.

Von den Trümmerresten der Häuser schreien grelle Plakate: Aufbauen!

Unberührt von dieser kategorischen Forderung des Tages lebt Dr. Mertens sein eigenes, verschlossenes, zielloses Dasein. Die kleine Atelierwohnung, die er seit den Tagen der Kapitulation in Besitz genommen hat, trägt noch immer alle Spuren der vergangenen Kampfhandlungen.

Einen entscheidenden Einbruch in dieses Leben voller Unrast und Verirrung bringt die plötzliche Rückkehr der rechtmäßigen Besitzerin der Wohnung. Susanne Wallner, trotz eines eigenen harten Schicksals ungebrochen und von einem unerschütterlichen Glauben an eine bessere Zukunft erfüllt, steht eines Tages dem Manne gegenüber, der in so skrupelloser Weise von ihrem Eigentum Besitz ergriffen hat und der sich nun mit kränkendem Zynismus beharrlich weigert, die Wohnung zu räumen.

Und so kommt es, dass diese beiden gegensätzlichen Menschen unter einem Dache leben. Alle Versuche des Mannes, sich in die Bahnen einer bürgerlichen Existenz einzuordnen, scheitern immer wieder. Doch Susanne Wallner erkennt sehr bald, dass Dr. Mertens zu jenen Menschen gehört, die aus einem unseligen Kriege heimgekehrt sind mit Verwundungen, die nicht sichtbar sind, deren Heilung aber viel Verständnis und liebevolle Pflege verlangt. Ihr erscheint dieser Mann in seiner Zerrissenheit wertvoller als jene, an denen die grauenvollen Erlebnisse der Vergangenheit spurlos und ohne Wirkung vorübergegangen sind.

Aber was in Susanne mit einfachem menschlichen Mitgefühl, mit fraulicher Fürsorge und Hilfsbereitschaft begann, endet mit einer großen, alles verzeihenden Liebe. Und so reift in Dr. Mertens die Erkenntnis, dass in dieser Stadt der Ruinen unzerstörbare Werte erhalten sind, um deren Willen es sich lohnt zu leben und mitzuhelfen an der Schaffung einer neuen Lebensordnung.

In dem Augenblick aber, da es den Anschein hat, dass sich das Leben dieser beiden Menschen in geordnete, bürgerliche Bahnen einfügen will, – kreuzt ein Mann ihren Lebensweg. Es ist der Fabrikant Ferdinand Brückner! In seiner herzerfrischenden, etwas lauten Art ist er der Typus des braven und soliden Bürgers in gehobener Stellung. Mit viel Sinn für alles Gemütvolle steht in seinem unkomplizierten Innenleben wie in seiner Wohnung alles am rechten Platz. Die Klassiker wohlgeordnet im Bücherschrank, die Bronzebüsten von Beethoven, Haydn und seit kurzem auch wieder Mendelsohn in seinem Musikzimmer. Als vorbildlicher Ehemann, zärtlicher Familienvater und loyaler Betriebsführer ist er ein Mann, der überall die größte Hochachtung genießt.

Aber durch ihn ist in Dr. Mertens ein Erlebnis mit elementarer Gewalt wieder lebendig geworden, und hat die nur scheinbar vernarbte Wunde aufgerissen, – denn er kennt diesen Ferdinand Brückner von einer anderen Seite. – Immer stärker verdichtet sich in ihm die Forderung seines Gewissens, diesen Menschen, der hier in der Heimat als Muster bürgerlicher Wohlanständigkeit ein geruhsames Leben führt, zu beseitigen. Unter diesem Zwang vollzieht sich nun alles weitere Geschehen. …

Der Novembersturm peitscht den Mörtelstaub aus den Trümmern hoch und jagt ihn in dichten, grauen Wolkenfetzen über das endlose Ruinenfeld, durch das sich zwei Männer – es sind Dr. Mertens und der Fabrikant Brückner – mühsam ihren Weg bahnen, um die Häuser der Vorstadt zu erreichen, die sich am Horizont als blasse Silhoutte abheben. Sie befinden sich auf dem Wege zu einer jener zweifelhaften Vergnügungsstätten, die zu den unwürdigen Erscheinungen der Nachkriegszeit gehören. Hier will Dr. Mertens seine Absicht ausführen. Die Einladung des Fabrikanten, diesen Abend gemeinsam zu verbringen, kam ihm gelegen …. Aber das Schicksal wollte es anders.

In dem Augenblick, als Dr. Mertens die Waffe gegen Brückner erhebt, wird von einer verzweifelten Mutter, deren Kind mit dem Tode ringt, ein Arzt gesucht. Die Pflicht gebietet Dr. Mertens, sofort zu helfen, und zum zweiten Male nimmt ihm die Vorsehung die Waffe aus der Hand, die er schon einmal gegen diesen Mann gerichtet hat.

Er ist mit der Absicht gekommen, einen Menschen zu töten – aber er hat in dieser Nacht einem Kind das Leben gerettet.

Weihnachten 1945!

Aufgewühlt und von den widerstrebendsten Gefühlen bedrängt, irrt ein Mann durch die verschneite Stadt. Er geht an leblosen Fassaden vorbei, aus deren dunklen Öffnungen das Grauen vergangener Tage starrt. Nur aus wenigen Fenstern scheint das Licht brennender Weihnachtskerzen auf die Straße. Rundfunkmusik – weihnachtliche Chöre – wehen an ihm vorbei. In der Ferne läuten Kirchenglocken die heilige Weihnacht ein, das Fest des Friedens.

Dr. Mertens steht vor einer Kirchentür. Er betritt die Kirche. Ohne Anteilnahme blickt er auf die andächtige Menge und hört wie aus weiter Ferne die Worte: Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen ….

Friedlos wandert er weiter. Vorbei an ausgebrannten Panzern und abgewracktem Kriegsgerät – ohne Ziel – aber in seinem Inneren mahnt eine Stimme immer nachdrücklicher, immer fordernder, an die versäumte Pflicht.

So kommt Dr. Mertens zu der Fabrik des Ferdinand Brückner. Auch hier in der großen Halle …. Weihnachtsstimmung. Die Belegschaft ist versammelt und lauscht ergriffen den Worten Brückners, der im strahlenden Glanz zweier großer Weihnachtsbäume seiner Belegschaft in schönem Pathos eine Rede hält. Er spricht vom Weihnachtsfest, dem fest der Liebe, dem Fest der Versöhnung!

Da fällt ein Schuss ….

Der Schwurgerichtssaal ist gedrängt voll. Der Staatsanwalt spricht und preist die hohen Tugenden des Mannes, der durch feige Mörderhand am Heiligen Abend des Jahres 1945 dahingerafft wurde – dem ersten Fest des Friedens und der Versöhnung nach so langen blutigen Jahren.

Und dann erhält der Angeklagte Dr. Mertens das Wort. Er schildert ein Weihnachtsfest im Jahre 1942. Es war in Polen …

In der straff sitzenden Uniform eines Hauptmanns der Reserve steht Ferdinand Brückner in der Stube eines Bauerngehöftes vor einem Weihnachtsbaum und ist andachtsvoll damit beschäftigt, ihn mit Lametta zu schmücken. Aber zur gleichen Zeit dringen auf seinen Befehl Soldaten wahllos in die Heime der Bewohner des kleinen Ortes ein und fangen sie, ob Mann, ob Frau, auf der Straße ab und treiben sie auf dem Anger zusammen. Eine Maßnahme, zu der sich dieser gemütvolle Hauptmann infolge „einiger unliebsamer Vorkommnisse“ veranlasst sah. Ohne das Weihnachtsfest, das in erster Linie dem Gedenken der Lieben in der Heimat gilt, zu unterbrechen, werden noch am selben Abend 100 unschuldige Männer, Frauen und Kinder liquidiert!

Ohnmächtige Schreie unschuldiger Menschen zerreißen die Stille der heiligen Nacht und der Gesang des schönen Liedes „Stille Nacht, heilige Nacht“ vermischt sich mit dem entfernten Knattern der Maschinenpistolen ….

„Die Mörder sind unter uns“! So schließt der Angeklagte seinen Bericht. – „In der Maske biederer Bürger – als muntere Schwätzer gegen Krieg und Chauvinismus, als betriebsame Mitarbeiter an einer friedvollen Zukunft – tragen sie heute wieder mit heuchlerischem Anstand den zivilen Rock. Aber wirklich passen wird ihnen immer nur – die Uniform! Ihr Element ist der Krieg und ihre höchsten Ideale – Raub und Mord!“

Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück!

An der Wand, hinter dem Richtertisch, dort wo das Bild des blutigsten Amokläufers der Geschichte hing, steht heute die Göttin der Gerechtigkeit abwartend und wägend – mit verbundenen Augen.

Alle Rechte: Wolfgang Staudte Produktion. Berlin-Wilmersdorf, Nassauischestr. 65 (1946)

Aus: Egon Netenjakob u. a. (Hg.):
Staudte. Edition Filme 6, Berlin 1991

 
Nr.
Inhalt
Länge
Zeit
0
Titel, Credits, Zwischentitel: Berlin 1945, Die Stadt hat kapituliert
1.17

00.00 – 01.17

1
Schwenk über Trümmergrundstück. Ein Mann, Dr. Mertens, geht auf ein Kabarett zu.
0.55
01.17 – 02.12
2
Überfüllter Zug erreicht Bahnhof. Ankunft Susanne Wallners im zerstörten Berlin
1.38
02.12 – 03.50
3
Hausflur. Abwertende Beobachtung des betrunkenen Dr. Mertens durch seine Nachbarn
1.12
03.50 – 05.02
4
Werkstatt von Mondschein. Wiedersehen mit Susanne Wallner
1.02
05.02 – 06.04
5
Treppenhaus. Eine Mieterin erklärt Herrn Timm, dass Susanne Wallner Mertens‘ Wohnung bewohnt habe, bevor sie 1941 in ein KZ deportiert worden sei.
0.42
06.04 – 06.46
6
Werkstatt. Susanne und Mondschein. Gespräch über sinnstiftende Werte/Ziele beim „Neuanfang“.
1.46
06.46 – 08.32
7
Susannes Wohnung. Auseinandersetzung mit Mertens über ihr Recht zu bleiben.
6.05
08.32 – 14.37
8
Kabarett. Mertens betrinkt sich und philosophiert über .
3.53
14.37 – 18.30
9
Werkstatt. Mondschein spricht mit dem skeptischen Mertens über den Sinn seiner Arbeit.
3.10
18.30 – 21.40
10
Susannes Wohnung. Sie putzt. Mertens ist von ihrem „Aufbauwillen“ befremdet.
3.11
21.40 – 24.51
11
Dachgeschoßwohnung Timms. Mondschein sucht Rat bei diesem „Wahrsager“, für dessen Kunst nach eigener Aussage „Hochkonjunktur“ besteht.
1.11
24.51 – 26.02
12
Susannes Wohnung. Sie findet einen Brief, adressiert: „Frau Hauptmann Elise Brückner, nach meinem Tod zu übergeben.“
0.46
26.02 – 26.48
13
Timms Zimmer. Dieser „weissagt“ Mondschein baldiges Wiedersehen mit dem Sohn.
3.33
26.48 – 30.21
14
Werkstatt. Mertens (betrunken) bei Mondschein …
0.53
30.21 – 31.14
15
Susanne in freudiger Erwartung Mertens. Enttäuschung, als dieser betrunken erscheint.
0.22
31.14 – 31.36
16
Hausflur. Hausbewohner echauffieren sich über Mertens.
0.10
31.36 – 31.46
17
Susannes Wohnung. Sie lehnt Mertens‘ Aufforderung zum gemeinsamen Trinken ab.
0.13
31.46 – 31.59
18
Hausflur. Zwei Hausbewohner – ihre Köpfe sind nur als verzerrter Schattenriss auf der Flurwand zu erkennen – „klatschen“ über die „Liebesbeziehung“ von Susanne und Mertens.
0.20
31.59 – 32.19
19
Susannes Wohnung. Susanne und Mertens am gedeckten Tisch. Streit über den Brief. Versöhnung auf der Straße vor der Ruinenlandschaft, die schließlich von den Oberkörpern des „glücklichen Paares“ verdeckt wird.
4.16
32.19 – 36.35
20
Parallelmontage. Krankenhaus: Mertens wird angesichts eines stöhnenden Kranken ohnmächtig./Haus Brückners: Susanne übergibt den Brief, erfährt, dass Brückner (wohlhabend) lebt.
2.40
36.35 – 39.15
21
Susannes Wohnung. Sie arbeitet am Zeichenbrett und erzählt Mertens, dass Brückner lebt.
2.20
39.15 – 41.35
22
Mertens in Brückners Wohnung. Essen mit der Familie. Brückner erzählt heroisch von seiner Kriegsverletzung, gibt Mertens die Pistole zurück, die dieser ihm damals überlassen hatte. Mertens bleibt stumm, tritt wie betäubt den Heimweg an.
3.48
41.35 – 45.23
23
Susannes Wohnung. Gespräch mit Mondschein über den Sinn ihrer „Opferbereitschaft“ gegenüber Mertens.
3.57
45.23 – 49.20
24
Büro von Brückner: Mertens kommt. „Strohwitwer“ Brückner lässt sich von ihm durch die Trümmerlandschaft zu einer Bar führen. Mertens will Brückner erschießen. Das Auftauchen einer Frau, die einen Arzt sucht, hindert ihn. Mertens begleitet die Frau.
4.31
49.20 – 53.51
25
Wohnung der Frau. Mertens behandelt das kranke Kind.
3.59
53.51 – 57.50
26
Kabarett. Brückner amüsiert sich mit Tänzerinnen.
1.27
57.50 – 59.17
27
Wohnung der Frau. Mertens lehnt Bezahlung ab, verlässt ausgeglichen Mutter und Kind.
0.55
59.17 – 1.00.12
28
Susannes Zimmer. Mertens erklärt, dass er sie liebe.
1.46
1.00.12 – 1.01.58
29
Schaufenster von Mondscheins Werkstatt. Dieser wird in einem Sarg aus seinem Laden getragen.
0.53
1.01.58 – 1.02.51
30
Susannes Wohnung. Weihnachten. Mertens beschließt erneut, Brückner zu erschießen. Brief von Mondscheins Sohn kommt an.
5.44
1.02.51 – 1.08.35
31
Weihnachtsgottesdienst in einer zerbombten Kirche. Mertens, abseits stehend, wendet sich beim Anstimmen von „Stille Nacht“ ab.
1.01
1.08.35 – 1.09.36
32
Brückners Fabrik. Dieser hält eine idealistisch-humanistische Weihnachtsansprache vor seinen Beschäftigten.
1.24
1.09.36 – 1.11.00
33
Überblendung: Weihnachten 1942 in Polen. (Hauptmann) Brückner ordnet die Erschießung von polnischen Zivilisten an, (Unterarzt) Mertens bittet vergeblich um Widerruf des Befehls und wird Zeuge der Exekution. Einblendung des Erschießungsberichts: „36 Männer, 54 Frauen, 31 Kinder. Munitionsverbrauch: 347 Schuss MG-Munition.“ Angriff des Dorfes durch feindliche Truppen. Unterholz/Wald. Der verwundete Brückner bittet Mertens um dessen Pistole, weil er nicht in Gefangenschaft geraten will, und überreicht ihm einen Abschiedsbrief an seine Frau.
4.42
1.11.00 – 1.15.42
34
Susannes Wohnung. Sie liest im Tagebuch Mertens‘, verlässt hastig die Wohnung. Die Kamera erfasst die letzte Eintragung: „Brückner lebt! Die Mörder sind unter uns! Weihnachten 1945!“
0.35
1.15.42 – 1.16.17
35
Brückners Fabrik. Das Eintreffen Susannes verhindert Mertens Selbstjustiz .
2.30
1.16.17 – 1.18.47
36
Fabrikhof. Schlussdialog. Susanne: Hans, wir haben nicht das Recht zu richten! Mertens: Nein, Susanne, aber wir haben die Pflicht, Anklage zu erheben, Sühne zu fordern im Auftrage von Millionen unschuldig hingemordeter Menschen!
0.23
1.18.47 – 1.19.10
37
Bildmontage: Brückners Gesicht in Nahaufnahme, seine Hände umklammern ein Gitter, das sich in ein Gefängnisgitter verwandelt. Dieses Bild wird nacheinander durch folgende Motive überblendet: Frau mit Kind, Kriegsversehrte, Soldatenfriedhof. Schlussbild: Drei Holzkreuze, Kamera fährt auf sie zu, bis Querbalken des mittleren Kreuzes bildfüllend ist.
0.50
1.19.

Brückner überreicht Mertens die Pistole – Konfrontation der Gegenwart mit der Vergangenheit

Nr. Zeit (Sek.) Handlung Kamera

Dialog, Musik, Geräusche

1 08 Brückners Arbeitszimmer. Brückner sitzt an seinem Schreibtisch und raucht Zigarre. Nahaufnahme

Brückner:
„Na, Sie rauchen ja wohl Zigaretten. Ich muss das Zeug nämlich wegschließen. Mein Ältester ist schon soweit. Neulich hab‘ ich den Lausebengel doch tatsächlich mit einer amerikanischen .

anhören

2 15 Mertens sitzt Brückner in einem Ledersessel gegenüber. Er nimmt eine von Brückner angebotene Zigarette und zündet diese mit einem Streichholz an. Nahaufnahme

… Zigarette im Mund erwischt.
Und hier habe ich noch etwas für Sie, mein lieber Doktor. Kennen Sie sie wieder?

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3 13 Brückner holt aus einem Schreibtischfach die Pistole heraus, die ihm Mertens im Krieg gegeben hatte. Er steht auf, geht mit der Pistole in der Hand auf Mertens zu. Obersicht. Von einer Nahaufnahme leitet ein Linksschwenk in eine Großaufnahme der Pistole über. Mit einer Schärfenverlagerung endet der Schwenk in einer Großaufnahme von Mertens Gesicht. Die Pistole in Brückners Hand ist unscharf im rechten Vordergrund zu sehen.

Ja, ich hab‘ mich doch nicht entschließen können, sie wegzugeben. Da hängen zu viele Erinnerungen dran. In den schlimmsten Stunden meines Lebens habe ich sie angesehen …

anhören

4 13,5 Brückner steht Mertens gegenüber. Mertens erhebt sich und ist unscharf im linken Bildanschnitt zu sehen. Großaufnahme

… und mich gefragt, soll mir das Ding denn nun wirklich den Tod bringen. Na, lieber Doktor, da haben Sie ihr Eigentum wieder. Sie sind der einzige, dem ich sie ausliefere. Aber lassen Sie sich nicht erwischen damit!

anhören

5 47,5 Mertens Gesicht

Die Kamera fährt auf Mertens zu und erfasst sein starres Gesicht in Großaufnahme. Kurze Unschärfe während der Fahrt. Eine Milch- bzw. Nebelblende am rechten Bildrand umfasst Mertens‘ frontalen Blick in die Kamera.

 

Überblendung

Ja, ja mein Lieber, es ist ein eigenartiges Gefühl, wieder mal eine Waffe in der Hand zu halten.“
Am Ende der Kamerafahrt und nach den letzten Worten Brückners setzt eine Tonmontage ein: Pfeifen von Granaten, Detonationen, Sirenengeheul, übergehend in Sondermeldungs-fanfaren und die Erkennungsmelodie der Wochenschauen, dann übergehend in das Lili-Marleen-Thema, dazwischen heulende Sirenen und schreiende Menschen.

anhören

6 17 Ratten zwischen Trümmern. Mertens wendet sich ab und entfernt sich schwankend auf der mit Trümmern übersäten Straße.

Überblendung

Obersicht.
Ratten in einer halbnahen Einstellung zwischen Trümmern. Ein vertikaler Kameraschwenk erfasst Mertens und zeigt ihn in einer halbtotalen Einstellung.

Scheppernde Klaviermusi

36 Filmbilder, die das Geschehen im Film auf einen Blick visualisieren.

Wir verbrachten einen Großteil der Arbeitszeit im Lattengeflecht gegen interessiert herbeieilende Rattenhorden oder im Kampf gegen röchelnde Scheinwerfer, zusammenbrechende Kameras, versagende Mikrofone, reißende Filmperforation.
Von keinem Verleiher getrieben, von keinem Reporter aufgehalten, von keinem Geldgefasel entnervt und Imagegequassel verblödet, warteten wir geduldig, beglückt, den ersten Film drehen zu dürfen.“

Hildegard Knef



Achtung, Aufnahme!

Der erste deutsche Spielfilm der DEFA entsteht

(Tägliche Rundschau/Tribüne, 6.5.1946)

Filmwerkstätten sind Orte der Verwandlung. Wo in Babelsberg-Nowawes vor wenigen Tagen eine festlich geschmückte Halle Hunderte von Gästen empfing, die gekommen waren, um an der Gründungsfeier der neuen deutschen Filmgesellschaft DEFA teilzunehmen, da verläuft heute der Zickzackweg des Besuchers in einem sinnvollen Durcheinander von Häusertrümmern, aus Lattenwerk und Leinwand, Gips und Farbe der hässlichen Wirklichkeit nachgebildet, von Stuben und Stubenwinkeln mit staubigen Möbeln, von unfertigen Treppenaufgängen, die ins Nichts führen, von beweglichen Hinterwänden mit dem Ausblick auf die Dächer einer reizlosen Vorstadtstraße, einmal im Herbst, einmal im Winter. Tische, Stühle, Sofas, sogar ein Bett mit zerknüllten Kissen, als hätte der Schläfer es eben erst verlassen, stehen wie vergessen umher. Ein paar Arbeiter in blauen Blusen oder grauen Schutzmänteln kommen und gehen in ruhiger Geschäftigkeit, irgendwo wird gehämmert, eine gemütliche Stimme gibt in bodenständiger Berliner Mundart laute Anweisungen – da ertönt, kurz und scharf, eine Hupe, an den Eingängen erglühen mahnend große rote Leuchtbuchstaben: Aufnahme! – und plötzlich stockt jede Bewegung, bricht jedes Geräusch ab.

Nur in einem zimmergroßen Bezirk der Halle herrscht noch Leben. Er ist durch Kulissenwände abgegrenzt: Die eine hat ein breites Fenster, dessen Scheiben zum Teil durch Zelluloidtafeln mit Röntgenaufnahmen ersetzt werden. Dahinter fällt in großen Flocken künstlicher Schnee. In diesem Raum, vor diesem Fenster findet die angezeigte Aufnahme statt. In der Mitte lagert auf Schienen, wie ein Geschütz, die große Kamera, das Tongerät greift von der Seite her mit dem blanken beweglichen Galgenarm, an dem das Mikrophon hängt, bis zur Gegenwand hinüber. Blendendes Licht, vorher sorgsam abgestimmt, fällt aus Scheinwerfern auf den nur wenige Schritte breiten und tiefen Schauplatz der „Einstellung“, d. h. des Filmabschnittes, der jetzt aufgenommen oder „gedreht“ werden soll.

Ein Dutzend Augen- und Ohrenpaare sind auf das äußerste gespannt. Neben und hinter der Kamera sitzen und stehen der Spielleiter und sein Assistent, der Kameramann, der Mann am Tongerät, der Aufnahmeleiter, Beleuchter und andere Arbeiter bereit, bei dem leisesten Wink geräuschlos die notwendigen Handgriffe auszuführen. Da hört man die Stimme des Hauptdarstellers sich nähern. An der Seite einer jungen Frau tritt er in die Reichweite der Kamera und bleibt am Fenster vor einer Röntgenaufnahme stehen. Sie erinnert ihn, den jungen Chirurgen, an einen glücklichen Tag seines Lebens, an seine erste gelungene schwere Operation. „Es war wie ein Wunder!“, träumt er vor sich hin, aber auf die Frage seiner Begleiterin: „Und dann?“ fährt er mit plötzlich verwandeltem Ton fort: „Und dann kam das andere Wunder, der Krieg.“ Diese Szene ist eine der wichtigsten im Film. Sie wird mehrmals gedreht: zur Sicherheit, um Ersatz zu haben, falls sich nach der „Entwicklung“ des Bild- und Tonnegativs jetzt noch verborgene Fehler in der ersten Aufnahme herausstellen sollten. Zweimal muss abgebrochen werden, zuerst, weil der Schauspieler sich verspricht, dann, weil ein störendes Knacken laut wird, das die Tonapparatur natürlich auch aufnimmt und verzeichnet. Über eine Stunde währt es, bis der Vorgang, der später auf der Leinwand in zwei Minuten vorüberziehen wird, „abgedreht“ und „gestorben“ ist.

Die geschilderte Szene ist ein Bestandteil des ersten DEFA-Spielfilms „Die Mörder sind unter uns“. Der Regisseur Wolfgang Staudte, von dem die „Handlung“ und auch zum überwiegenden Teil das Drehbuch herrühren, will zeigen, wie ein Mann, in dessen Seele sich die Erinnerung an die willfährigen Handlanger der Großkriegsverbrecher unauslöschlich eingebrannt hat, in Versuchung gerät, einen ehemaligen Kameraden für seine militärischen Untaten zur Rechenschaft zu ziehen und zu richten, und darüber jeden Halt verliert, durch die Liebe einer Frau aber aus seiner Gewissensnot befreit und auf den Weg zu einem neuen Leben geführt wird. Staudte will den psychologischen Film wieder zu Ehren bringen und im Bildlichen dabei auf die in der Nazizeit vernachlässigten oder gar verpönten Ausdrucksmittel des Stummfilms zurückgreifen. In Ernst W. Borchert vom Hebbel-Theater und Hildegard Knef vom Schlosspark-Theater Steglitz, von denen die oben geschilderte Szene gespielt wird, glaubt er zwei Darsteller gefunden zu haben, die sein Wollen begreifen und ihm auf der Leinwand Ausdruck zu geben vermögen. Zu ihnen tritt Arno Paulsen als Vertreter jener mittelmäßigen und zu bestimmten Zeiten und in gewissen Lagen doch so gefährlichen Menschengattung, der Heinrich Manns grimmiger Humor im „Untertan“ ein Denkmal, dauernder als Erz, gesetzt hat. Keiner der drei gehört zu den sogenannten „Prominenten“, aber das war für Staudte ein Grund mehr, sie zu wählen; denn so erhofft er, dass sie sich nicht von der Umwelt loslösen und diese zum bloßen Hintergrund machen, sondern dass sie wie Relieffiguren mit ihr verbunden bleiben.

Eine Art Besessenheit, alles herzugeben und das Beste zu leisten, verbindet die gesamte Arbeitsgemeinschaft, von der viele schon früher zusammen tätig waren, einander kennen und Freunde sind. Wolfgang Staudte verkennt und leugnet nicht, dass es bis zur Vollendung des Films noch manche früher unbekannte Schwierigkeit zu überwinden geben wird, aber er spricht auch mit höchster Anerkennung von dem, was mit Unterstützung der Sowjetischen Militärverwaltung von der DEFA bereits geschaffen worden ist. Die Hoffnung scheint uns berechtigt, dass der entstehende Film dank seinem sittlichen Gehalt, seiner seelischen Vertiefung und einer ehrlichen künstlerisch sauberen Gestaltung ehrenvoll die neue deutsche Spielfilmproduktion einleiten wird.

Paul Mochmann

1946:

„Wir wollen in diesem Film, der in der Welt spielt, in der wir leben, in der wir uns alle zurechtzufinden haben, nicht die äußere Wirklichkeit abfotografieren. Ich bemühe mich, zu Problemen Stellung zu nehmen, wie sie heute Tausende und Abertausende unserer Mitmenschen belasten. Die Beziehungen des Menschen zu seiner jetzigen Umwelt, seine Gefühlswelt innerhalb der Kulisse – das ist das Grundthema dieses Films…“


1974:

Fast dreißig Jahre später antwortete Wolfgang Staudte auf die Frage, warum er damals diesen Film gedreht habe:

„Ich habe mich das eigentlich auch oft gefragt, um so mehr, als ich in der Nazizeit ein vergleichsweise politisch nicht aktiver Mensch war, ein wenig ausgerichtet auf den Gedanken, diese Zeit zu überleben. Es war für mich beispielsweise eine wichtige Tatsache, dass es mir gelungen ist, nicht Soldat zu werden, also diesem Krieg, diesem Verbrechen, nicht auch noch mit der Waffe in der Hand einen Dienst leisten zu müssen. Aber ich habe gefühlt, dass ich ja durch meine Existenz und durch meine Arbeit doch einen Dienst leistete. Man wird vielleicht heute sagen, dass war besonders sensibel, aber ich bin gar nicht der Meinung, dass es besonders sensibel war. Die Tatsache meiner Existenz, meines Überlebens war Verpflichtung, und ich hatte so etwas wie ein Schuldgefühl, das ich eigentlich heute noch nicht verloren habe und das mich auch heute noch beschäftigt.“

Geschichtsbewusstsein im Film

Irmgard Wilharm (1988)

Die hier benutzten Sequenzen [Sequenz 30 – 37]stehen am Filmnde, setzen ein in der weih­nachtlich geschmückten Wohnung, die Mertens verläßt, um Brückner zu tö­ten, und reichen – mit einer für diesen Zusammenhang nicht zentralen Aus­lassung – bis zum Filmschluß.

Der Schluß formuliert die Botschaft des Films überdeutlich: Die Vergan­genheit ist nicht abgeschlossen, solange die für die Verbrechen Verantwortli­chen (hier: Geiselerschießungen) ungestraft weiterleben. Die Gerechtigkeit muß wiederhergestellt werden, nicht als individuelle Vergeltung, sondern als gesellschaftlicher Akt, durch Anklage. Filmästhetisch wird die notwendige Verurteilung Brückners, der nichts begreift, durch die bildliche Einmauerung dargestellt. Mertens ist erst am Filmende zu dieser Erkenntnis und entspre­chendem Handeln fähig. Der Weg dahin führt über mehrere Stufen, die in den verschiedenen Weihnachtsfeiern noch einmal symbolisiert werden:

  • Mertens flieht aus der weihnachtlichen Wohnung, unfähig, den Weihnachtsbaum
    – Symbol für Frieden – und die Gemeinschaft mit Susanne zu ertragen, in hilfloser
    Wut zur Tötung Brückners entschlossen.
  • Mertens sieht eine um Frieden betende und singende Gemeinde, steht aber ab­
  • Mertens sieht und hört Brückners verlogene Weihnachtsansprache im Betrieb,
    die Friedenssehnsucht wird zur hohlen Phrase. Die Gemeindefeier und die Be­
    triebsfeier gehen über das weitergesungene Lied bruchlos ineinander über, d.h.
    für den außenstehenden Mertens bleiben alle Weihnachtsfeiern falsch und hohl.
    Den Grund dafür zeigt dieRückblende auf Weihnachten 1942 im besetzten Polen: Weihnachtslieder und Tannenbaumschmücken finden zugleich mit der Ermordung unschuldiger Geiseln statt. Mertens hat protestiert, aber nichts verhindert.

Seitdem er weiß, daß Brückner den Krieg überlebt hat, leidet er an der falschen ungerechten Weltordnung. Die Erinnerung, ausgelöst durch Weih­nachten, führt zu dem im Sinn der Filmbotschaft falschen Entschluß, Brück­ner zu erschießen. Die „richtige“ Erkenntnis und entsprechendes Handeln entstehen in der Extremsituation, der Bereitschaft zu töten, und der Konfron­tation mit Susanne, die für Mertens den Rückweg in die menschliche Ge­meinschaft ermöglicht. Der mühsame Weg zum Bewußtsein vom Zusammen­hang zwischen Vergangenem und Gegenwart führt zu der Einsicht, daß histo­rische Veränderungen (Korrekturen eines falschen Weges) nicht von selbst und nicht zufällig eintreten, sondern vom Handeln oder Unterlassen der ver­antwortlichen Menschen abhängen.

Soweit die intendierte Aussage über den mühsamen, aber konsequenten Weg zum „richtigen“ Geschichtsbewußtsein. Dem entspricht die Ankündigung der DEFA bei der Lizenzübergabe: Ein Appell an Humanität und Achtung vor anderen Völkern soll der Film sein, gegen Militarismus und Nazismus. Die deutliche moralische Position hat dem Film, der früh in Amsterdam und sogar in den USA gezeigt wurde, positive Kritiken als einem Zeugnis des an­deren Deutschland eingebracht.

Dem entsprechen die von Staudte eingesetzten ästhetischen Mittel: Unter Vermeidung der konventionellen Einstellungen im NS-Unterhaltungsfilm, greift Staudte auf expressionistische Stilelemente zurück (ungewöhnliche Trümmerperspektiven, Funktion der Diagonalen in Treppenhausszenen, Schattenspiele…).

Die britische Penguin Film Review6 warf den deutschen Filmen vor – ohne Unterscheidung zwischen DEFA- und Westproduktionen -, daß sie im soge­nannten zeitnahen Film nicht psychologische Studien über die leidende Be­völkerung brächten, sondern Doktrinen, wie es sein solle, verbunden mit Trümmerkulissen.

Fragt sich, ob dieses Verdikt auch Staudtes Film trifft. Während der Dreh­arbeiten hat er gesagt, er wolle keinen politischen, sondern einen psychologi­schen Film drehen:

„Ich bemühe mich, zu Problemen Stellung zu nehmen, wie sie heute Tausende und Abertausende unserer Mitmenschen belasten. Die Beziehungen des Men­schen zu seiner jetzigen Umwelt, seine Gefühlswelt innerhalb der politischen Ku­lisse – das ist das Grundthema dieses Films…“

Tatsächlich steht die psychologische Entwicklung von Mertens im Mittelpunkt des Films, während alle anderen Figuren einschließlich der Susanne merkwürdig statisch bleiben. Mertens leidet an der Ungerechtigkeit der Welt, aber er hat die Geiselerschießungen nach verbalem Protest mit angesehen. Er will in seinem Leiden nicht sich umbringen, sondern den Täter. Der Mitläufer wird im Film zum Opfer, dem von dem eigentlichen Opfer, der KZ-Überle­benden Susanne, geholfen wird. Die Perspektive für die Zukunft lautet: An­klage der Täter im direkten Sinne, Versöhnung der eigentlichen Opfer und der Mitläufer, gemeinsamer Neuanfang, der aber inhaltlich unscharf bleibt. Dieses Geschichtsbewußtsein mit einer starken Komponente vom Selbstmit­leid ist weniger rational und konsequent als die Botschaft des Films, ent­spricht aber vermutlich der Mentalität der Nachkriegsgesellschaft.8

Für viele damalige Zeitgenossen war der Film eine ungerechte Anklage der Deutschen. Die Entlastungsfunktion, die von heute aus gesehen in ihm steckt, wurde nicht wahrgenommen. Der Mörder-Film war überwiegend ein Erfolg bei den Kritikern, weniger beim deutschen Publikum.


6 Paul Ickes, The new german film and its international prospects, in: The Penguin Film Re­
view, 4,1947.
7 Wolfgang Staudte, hrsg. von der Stiftung Deutsche Kinemathek, Berlin 1977, S.16
8 Zum Film als historische Quelle vgl. Marc Ferro, Der Film als Gegenanalyse der Gesell­schaft, in: M. Bloch u.a., Schrift und Materie der Geschichte. Vorschläge zur systemati­schen Aneignung historischer Prozesse, hrsg. von Claudia Honegger, 1977, S.247-269; Irm­gard Wilharm, Geschichte im Film, in: Geschichte lernen und lehren. Festschrift für Wolf­gang Marienfeld zum 60. Geburtstag, hrsg. von G. Schneider, Hannover 1986, S.283-295


aus: Irmgard Wilharm: Geschichtsbewußtsein im deutschen NAchkriegsspielfilm. In: Gerhard Schneider (hg.): Geschichtsbewußtsein und historisch-politisches Lernen. Pfaffebweiler 1988, S: 90-92

 

Im Käfig der Vergangenheit

Bettina Greffrath (1993)

Schon der erste Spielfilm, der nach dem Krieg unter Wolfgang Staudtes Regie bei der sowjetzonalen DEFA entstand (Urauff. 15.10.1946), ist ein Film über eine nicht zu Ende gekommene Heimkehr: die Heimkehr des Chirurgen Mertens (E.W.Borchert). Wir sehen ihn in der ersten Sequenz des Films DIE MÖRDER SIND UNTER UNS durch die Unwirtlichkeit des Berlins im Jahre 1945 stolpern. Schon das erzeugt das Gefühl: hier läuft einer auf schwankendem Boden. Mertens Blick nimmt die Umwelt nicht erkennbar wahr. Nur eine schräg-disharmonisch, jazzig angehauchte Klaviermusik und das Schild „Bar“ an einer der vielen Ruinen geben seinen Schritten ein Ziel: Lärm und Alkohol werden seinen diffusen Schmerz dämpfen.

In der zweiten Sequenz zeigt der Film eine geglückte Heimkehr: Susanne Wallner (Hildegard Knef) fährt – sich in einem hellen Mantel und mit ihrem unbeschädigt klaren Gesicht deutlich aus der sie umgebenden grauen Menschenmasse abhebend – durch die zertrümmerte Stadt in den Bahnhof ein. Susanne sieht mit staunenden, weit aufgerissenen Augen gebeugte Menschen: Kriegsversehrte, Flüchtlinge. Ihr Blick fällt auf ein Plakat, „Das schöne Deutschland“, das die Vergangenheit in einer idyllischen Landschaftsaufnahme in Erinnerung ruft. Susanne findet heim in das zwar etwas beschädigte, aber noch bewohnbare Haus, in ihre schnell wiederhergerichtete Wohnung, zu einem vertrauten Menschen, dem Uhrmacher Mondschein. Von Susannes Geschichte, vom Ort ihrer Abwesenheit, sehen wir nichts. Zu erfahren ist nur Abstraktes: Eine gern tratschende Nachbarin erzählt leise flüsternd auf dem Hausflur, dass Susanne seit 1941 „wegen ihres Vaters“ im KZ gesessen habe. Auch der sympathisch-warmherzig gezeichnete Mondschein (Robert Forsch) fragt sie nicht nach dieser Zeit. Er zerstreut sofort jenen kleinen, ebenfalls abstrakt bleibenden Anflug von Rückschau bei Susanne. Nach wenigen Sätzen schon bestimmt sich die junge Frau ganz aus der Gegenwart und dabei wird es bleiben. Susanne ist daheim. Ein kleiner Ausschnitt aus der Wiedersehensszene zwischen Mondschein (der Reste seiner Werkstatt gerettet hat und wieder arbeitet) und Susanne zeigt diesen bruchlosen Übergang:

Susanne: Es ist schwer! Es ist schwer zu vergessen‘. (stützt ihren Kopf in die Hand)
Mondschein: Nein, es ist leicht, Fräulein Susanne, wenn man ein Ziel hat, um das es sich lohnt. (beschwörend, fast heiter )
Susanne: (schaut auf) Arbeiten! Leben! Endlich einmal leben!“ 1)

Auf Mertens lastet dagegen etwas bleiern schwer: die Vergangenheit. Sie hindert ihn daran, humane Gefühle wie Trauer, Nähe, Liebe zu empfinden – dies erfahren wir nach und nach aus seinen Äußerungen. Erinnerungen hindern ihn daran, seine berufliche Identität, seine Arbeit als Chirurg, wiederzugewinnen. Was der Film als größte Beschädigung und Behinderung Mertens‘ herausstellt, die Unfähigkeit, Bindungen an Menschen zu ertragen und Vertrauen in ihr Verhalten und damit auch in die Zukunft zu setzen, zeigt sich besonders deutlich in der 9. Sequenz des Films. Durch die Hoffnung auf die Rückkehr seines Sohnes zu unablässiger Arbeit motiviert, spricht Mondschein die biblisch klingenden Worte:

Mondschein: Wenn er lebt, wird er kommen, und das Haus wird für ihn bereit sein, und sein Vater wird ihn erwarten.
Mertens, verbittert lachend: Haus, Haus! Risse in den Wänden, Löcher in den Dielen, Bretter vor den Fenstern, und das Wasser läuft bis in die Parterrewohnung.
Bei diesen Worten erscheint Mertens im Hintergrund des Bildes, im Vordergrund steht eine alte Schüssel, in der sich das von der Decke tropfende Wasser fängt. (.,, )
Mertens: Woher wissen sie eigentlich, dass er nicht ein reicher Mann ist und ein eigenes Haus hat, ein eigenes, schönes, großes Haus? Mit blanken Fensterscheiben, mit Blumen im Garten vor der Tür?
Mondschein (mit ruhiger, aber alterszittriger Stimme): Dann will ich gern umsonst gearbeitet haben, aber auch dann wird er kommen!
Mertens: Vielleicht hat er seinen Vater längst vergessen, vielleicht hält er ihn auch für tot, es ist ja auch ein Wunder, dass Sie noch leben.
Mondschein: Dann wird er kommen, um mein Grab zu suchen! Sie sind ein armer Mensch, Dr. Mertens!
Mertens: Das sind wir alle, mein Lieber!“ 2)

Im Kontrast zu Mondschein wird deutlich: Mertens fehlt ein Lebenselexier, der Glaube an geliebte Menschen und an die Bedeutung der Tradition. Für ihn hat die Geschichte ihren Unsinn, die Menschen haben kollektiv bewiesen, dass sie nicht in der Lage sind, ihre Angelegenheiten human und vernünftig zu regeln. Mertens sieht – wie er sagt – vor dem Hintergrund dieser Erfahrung keine Veranlassung, zum Weiterleben oder gar zu einer neuen Ordnung beizutragen, dafür Verzicht zu leisten. Weil er offenkundig ein Leidender ist, erscheinen seine Klagen über die elende materielle Existenz der Gegenwart – zumal, weil sie ständig und augenblicklich mit Bildern von Ruinen, Verlusten, Beschädigungen gleichsam belegt werden – zwar als Schwäche, aber nicht als abzulehnende Larmoyanz.

Dies gilt verstärkt, nachdem Mertens, ausgelöst durch Klagelaute einer Kranken während eines Vorstellungsgesprächs im Krankenhaus, im Fiebertraum eine Wiederholung der traumatisierenden Vergangenheit durchlebt. Auch wenn der Auslöser (die Erschießung der zivilen Bevölkerung eines ganzen Dorfes als Geiseln) zu diesem Zeitpunkt noch nicht gezeigt wird, wird nun die Intensität der seelischen Verletzung von den ihn in dieser Situation betreuenden Personen, Arzt und Schwester, anteilnehmend anerkannt und zugleich als kollektive Erfahrung eingeordnet:

Der Professor: Dacht‘ ich mir. irgendein Kriegserlebnis !
Die Schwester: Es muss etwas Entsetzliches gewesen sein!
Der Professor: Krieg ist immer etwas Entsetzliches. (…) 3)


Anmerkungen:

  • Dialoge nach Pleyer, a.a.O., S. 175. Ergänzungen aus dem eigenen Filmprotokoll
  • Pleyer, a.a.O:; Filmprotokoll
  • Pleyer, a.a.0.; 20, Sequenz, S,182 (Der belehrende Ton des Professors gegenüber der Schwester entspricht jenem Motiv einer in vielen Filmen ex- und implizit behaupteten Unfähigkeit der Frauen, sich die Schrecknisse des Krieges vorzustellen und die durch diesen angerichteten Verletzungen wirklich zu begreifen. So zeigt sich zwischen den Geschlechtern in diesem Punkt bereits ein Graben geöffnet.)

Ein Film, der gesellschaftliche und politische Fragestellungen der Nachkriegsgegenwart aufwirft

Autorengruppe Nachkriegsspielfilme (1993)

Titeleinblendung: Berlin 1945 Die Stadt hat kapituliert …

Korrespondierend zu der im Titel angesprochenen Kapitulation der Stadt Berlin befindet sich die Kamera nach einer Aufblende „am Boden“. In einer langsamen Aufwärtsfahrt erhebt sie sich. Während dieser Fahrt wird deutlich, dass die Erdhügel im Bildvordergrund Soldatengräber sind. Spielende Kinder kommen aus dem Hintergrund ins Bild gelaufen. Sie lenken den Blick auf Hans Mertens, der mit ihnen zwischen den Trümmern auftaucht. In einem Linksschwenk nimmt die Kamera die Bewegung und Richtung von Mertens auf. Im Vordergrund spielen die Kinder vor einer Pfütze und einem Autowrack im Schutt und Schmutz der Trümmer.

Die Kamera zeigt nun Hans Mertens, der kurz verharrt, sich umdreht und sich zu einer Bar im Hintergrund wendet, aus deutlicher Obersicht in einer halbnahen Einstellung: Mertens (es hat noch keinen Schnitt gegeben) ist durch diese Aufnahme vollkommen in die Ruinenlandschaft integriert. Während Mertens‘ Gang (den die Kamera wieder mit einer leichten Aufwärtsbewegung aufzeichnet) in die Bar (ein Schild: „Das moderne Kabarett / Tanz Stimmung Humor“) führt eine Überblendung auf einen – in extrem schräger Perspektive aus der Untersicht gefilmten – völlig überfüllten Personenzug.

Mit der Exposition seines Films demonstriert Staudte, dass Trümmer und Ruinen, Schutt und Schmutz (in denen Kinder ganz selbstverständlich spielen) 1945 für den „normalen“ Alltag der Nachkriegsgegenwart stehen. Die Kamera zeigt das Bild, das sich den Menschen in der unmittelbaren Nachkriegszeit bot: Nichts als Trümmer, es gibt keinen rettenden „Ausblick“ – auch für die Zuschauer des Films nicht. Noch nicht einmal die langsame Aufwärtsfahrt der Kamera führt zu Übersicht und Distanz. Im Gegenteil: Die Wahrnehmung der Gräber und die nunmehr sichtbaren, den Bildhintergrund begrenzenden Ruinen, in einer schrägen, verzerrten Perspektive gefilmt, steigern die Unruhe. Die Fahrt verdeutlicht es: Gräber und Trümmer stehen in einem Zusammenhang, sind das „Resultat“ einer „Geschichte“.

Die Obersicht, aus der Mertens gefilmt ist, betont die Last und Bedrohung der Trümmer für ihn, definiert die Beziehung von Materie und Mensch. Die Trümmer, die Erfahrungen des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges beherrschen Mertens. Seine psychische Deformation entspricht der materiellen Zerstörung. Als er mit schweren Schritten die Treppe zu seiner Wohnung hinaufgeht, erzeugt hartes, von unten gesetztes Licht tiefe Schlagschatten, die die Atmosphäre der Ruinenlandschaft in das Innere des Hauses transportieren. Die räumliche Enge des Treppenkorridors, die durch Licht und Schatten geschaffene unheimlich-depressive Stimmung und Atmosphäre, die unheilvoll-drohend wirkenden Trümmerbilder: Dies ist auch das Innere von Mertens, seine Seelenlandschaft gewissermaßen.

Mit der Verwendung dieser formalen Mittel macht Staudte deutlich: Mensch und Umwelt sind nicht zu trennen. Das Äußere spiegelt das Innere des Menschen, seine geistige und seelische Verfassung. So sind die in dieser expressionistischen Formsprache realisierten Bilder sicher auch ein Abbild der Wirklichkeit 1945/46, oder noch besser: ein Bild davon. Vor allem aber sind sie Ausdruck der inneren Verfassung der Menschen in dieser Zeit.

Mertens und Brückner

Der Fabrikant und ehemalige Hauptmann Brückner sorgt sich im Gegensatz zu Mertens nicht um seine innere Verfassung. Beflissen hat er sich den Nachkriegsverhältnissen angepasst, aus denen er schon wieder finanziellen Nutzen und persönlichen Gewinn zieht: „Man muss es nur verstehen. Ob man aus Kochtöpfen Stahlhelme macht oder aus Stahlhelmen Kochtöpfe, das ist egal. Nur zurechtkommen muss man dabei, darauf kommt’s an!“, erklärt der joviale Brückner dem depressiven Mertens. Mit dem Bild der austauschbaren Produktion von Stahlhelmen und Kochtöpfen – einer Produktion, die sich nach den „Bedürfnissen“ der Konsumenten und den „Anforderungen“ der Zeit richtet – zeigt der Film nicht nur die Kontinuität von Vergangenheit und Gegenwart, sondern bestimmt er auch als deren gemeinsame Basis den Kapitalismus, dies als moralische Kritik gemeint.

Mit Mertens und Brückner schafft Staudte zwei Filmfiguren, die in ihren unterschiedlichen Charakteren jeweils eine spezifische Haltung zu den gesellschaftlichen Verhältnissen offenbaren. Mertens besitzt eine humanitäre Grundhaltung und ist aufgrund seiner Erlebnisse im Krieg verbittert und verzweifelt. Er hat Weihnachten 1942 in Polen die Erschießung unschuldiger Männer, Frauen und Kinder miterlebt, für die sein ehemaliger Kompaniechef Brückner verantwortlich ist. Dieser empfindet nicht die geringste Schuld für sein Handeln im Krieg, der für ihn „goldene Tage der Freiheit im grauen Rock“ bedeutet hat. Mit derselben Selbstverständlichkeit, mit der er als Soldat Verbrechen beging, arbeitet Brückner nach dem Krieg am „Wiederaufbau“: Seine Geschäftigkeit bewahrt ihn vor materieller Not, seine Gewissenlosigkeit vor der Erkenntnis seiner Schuld. „Die Mörder sind unter uns“, notiert Mertens Weihnachten 1945 verzweifelt in sein Tagebuch. Und sie leben nicht schlecht, ohne ein peinigendes Gewissen, wie er bei seinem Besuch bei Brückner feststellt.

Die Begegnung mit Brückner wird für Mertens (und – unterstützt durch die filmtechnische Realisierung – den Zuschauer) zu einer schmerzvollen Konfrontation mit der Vergangenheit des Zweiten Weltkrieges wie auch mit der Wirklichkeit der Nachkriegsgegenwart. (Vgl. M 2) Nachdem die Kamera Brückner und Mertens in separierenden Aufnahmen erfasst hatte, führt ein linker Kameraschwenk, der in Großaufnahme die Pistole in Brückners Hand zeigt, die beiden so zusammen, dass sie sich nun frontal gegenüberstehen: Der schon wieder erfolgreiche und etablierte Brückner verkörpert gewissermaßen die Realität der Nachkriegszeit, die Wehrmachtspistole die Vergangenheit – die bruchlose Kontinuität von Vergangenheit und Gegenwart wird in dieser einen Einstellung deutlich. Für Brückner besitzt die Pistole nicht mehr als einen persönlichen Erlebniswert, der ihn an die „schlimmsten Stunden“ seines Lebens erinnert. Sentimental betrachtet er die Pistole in seiner Hand.

Dann erfasst eine kurze Kamerafahrt Mertens‘ starren Gesichtsausdruck in einer extremen Großaufnahme. Eine Bildunschärfe während dieser Fahrt, zu der genau Brückners Satz „Es ist ein eigenartiges Gefühl, wieder mal eine Waffe in der Hand zu halten“ endet, löst „schockartig“ eine Tonmontage aus. Der „Sog“ dieser Tonmontage, unterstützt durch eine Nebelblende am rechten Bildrand, „reißt“ Mertens beim Anblick der Pistole in einen „Strudel“ der vergangenen Kriegsereignisse fort.

Die Geräuschkulisse verdeutlicht nicht die spezifische Erinnerung von Mertens an den Zweiten Weltkrieg, sondern schafft durch allgemein bekannte Töne und Geräusche ein durch die Erfahrungen des Krieges besetztes „Hörbild“ und stellt somit in der Rezeption des Films ein kollektives Verständnis bzw. eine kollektive Erinnerung dar: Die Tonmontage wird zur „Rückblende“, die die unterschiedlichsten Kriegserlebnisse wachrufen kann: Das Pfeifen von Granaten, der Lärm von Detonationen, Sirenengeheul und menschlichen Angstschreien sowie die Sondermeldungsfanfare, die Erkennungsmelodie der Wochenschau und das Lili-Marleen-Thema stellen ein „akustisches Gesamtbild“ der von allen einzelnen zu den Klängen und Geräuschen assoziierten Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges dar. Es ist eine aufwühlende Erinnerung an eine die Gegenwart bestimmende Vergangenheit.

Eine Überblendung zeigt das Resultat dieser Vergangenheit: Im Schutt und Schmutz der Trümmer spielende Ratten symbolisieren das Erbe des Nationalsozialismus und den Alltag der Nachkriegsgegenwart. Die blecherne Klaviermusik aus der Anfangssequenz wird in dieser Einstellung erneut aufgegriffen und 15 verweist in ihrem „Bar-Charakter“ auf ein Verdrängen der Vergangenheit wie der Gegenwart im Amüsement. Diese Flucht gelingt jedoch nicht: Der eine zerbombte Häuserschlucht entlangtorkelnde Mertens wird von den Trümmern und Ruinen eingeschlossen und beherrscht.“37

 

Schluss-Sequenz

Mit Brückners Tötung will Mertens nicht nur für eine „gerechte“ Rache sorgen, sondern zugleich sein durch die passive Mitschuld belastetes Gewissen reinigen. Mertens‘ Vorhaben ist das Eingeständnis der eigenen Ohnmacht gegenüber dem vergangenen Geschehen im nationalsozialistischen Deutschland.

Dieses ursprüngliche Ende im Drehbuch des Films, eben die Erschießung Brückners durch Mertens, musste Staudte jedoch auf Geheiß der sowjetischen Militärverwaltung, die eine Propagierung der Lynchjustiz befürchtete, abändern. (Vgl. M 4 und M 5) In der schließlich realisierten Schlusssequenz übernimmt gewissermaßen die filmtechnische Realisierung die Anklage gegen Brückner. Schon als dieser pfeifend den langen Gang in seiner Fabrik entlangkommt, erscheint der Flur mit seinen kahlen, kalten, in Schlaglicht und -schatten getauchten Wänden wie der Flur in einem Gefängnis. Mit einem Rechtsschwenk hat sich die Kamera in Mertens‘ Position gebracht. Von Mertens selber ist nur ein großer bedrohlicher Schatten an der gegenüberliegenden Wand zu sehen. Der erdrückende „Schatten der Vergangenheit“ hat Brückner eingeholt und gibt ihn nicht mehr frei. Allerdings muss dieser Schatten erst von einem anderen „geworfen“ werden: Anklage und Verurteilung sind erforderlich. (Vgl. M 3)

Brückner entdeckt Mertens und fragt ihn:

Nanu, Mertens, Sie hier? Haben Sie auf mich gewartet? Es ist nett, mein Lieber, dass Sie gekommen sind. Wir werden zusammen feiern, im Kreise der Familie. Was zu trinken hab‘ ich!

Mertens steht stumm vor ihm. Im Bild bleibt Brückner, der während der folgenden Szene immer mehr zur Wand zurückweicht. Gleichzeitig vergrößert die Kamera in einer leichten Rückwärtsbewegung die Distanz zu Brückner. Parallel zu der Kamerabewegung wächst Mertens‘ Schatten immer bedrohlicher an, bis schließlich Brückner in einer halbtotalen Einstellung „in ihm verschwindet“.

Brückner:

Was ist Ihnen denn? Was stieren Sie mich so an? Hab‘ ich Ihnen was getan?

Mertens:

Es ist ein eigenartiges Gefühl, eine Waffe in der Hand zu halten.

Brückner:

Sind Sie denn verrückt geworden? Was reden Sie denn da? Um Gottes Willen, nehmen Sie doch die Hand aus der Tasche! Sie haben ja eine Pistole in der Hand! Mertens, was wollen Sie denn von mir? Brauchen Sie Geld? Wollen Sie …

Mertens:

Ich fordere Rechenschaft, Herr Hauptmann Brückner!

Brückner:

Rechenschaft? Wofür Rechenschaft?

Mertens:

36 Männer, 54 Frauen, 31 Kinder. Munitionsverbrauch 347 Schuss.

Brückner:

Ja, aber was denn, um Gottes Willen, da war doch Krieg, da waren doch ganz andere Verhältnisse! Was hab‘ ich denn heute damit zu tun? Jetzt ist doch Frieden, wir haben doch Weihnachten, Friedensweihnachten! Mertens, um Himmels Willen, meine Frau, meine Kinder, was haben denn meine Kinder damit zu tun?

Während Brückners panischen Ausrufen kommt Susanne Wallner in einer halbtotalen Einstellung den Gang heraufgelaufen. Ein Linksschwenk aus dieser Einstellung mündet in eine Nahaufnahme Susannes. Sie schreit entsetzt: „Hans!“

In einer Großaufnahme wendet Mertens seinen Blick zu Susanne. Eine Nahaufnahme zeigt, wie Brückner, immer noch den bedrohlichen Schatten über sich, seinen Blick von Susanne zurück wieder auf Mertens richtet. Mit einer weiteren Großaufnahme, die Susannes erleichterten Gesichtsausdruck zeigt, löst sich die Spannung. In der anschließenden Naheinstellung verschwindet der Schatten hinter Brückners angstverzerrtem Gesicht.

Hans geht auf Susanne zu und drückt sie an sich: „Ich danke dir, Susanne.“ Arm in Arm verlassen die beiden die Fabrik. Auf dem Fabrikhof bleiben sie stehen, und die Kamera erfasst nach einer Heranfahrt ihre Gesichter in einer Großaufnahme. Susanne sagt: „Hans, wir haben nicht das Recht zu richten!“ Hans erwidert: „Nein, Susanne, aber wir haben die Pflicht, Anklage zu erheben, Sühne zu fordern im Auftrag von Millionen unschuldig hingemordeter Menschen!“

In diese Einstellung hinein ertönt aus dem Off die Stimme Brückners: „Was denn, ich bin doch unschuldig!“ Die nächste Aufnahme zeigt, dass Brückner sich hinter den Gitterstäben eines Tores befindet: Während weiterer Unschuldsbeteuerungen schieben sich von den Seiten und von unten schwarze Abdeckmasken in die noch immer gleiche Einstellung und rahmen nun den an den Gitterstäben sich festklammernden Brückner ein. In einer Doppelbelichtung werden in der rechten Bildhälfte Frauen und Kinder sichtbar, und im selben Moment sind aus den Abdeckmasken deutlich Mauern geworden, von denen Brückner, noch immer rufend, nun endgültig umgeben ist: Er steht hinter einem Gefängnisfenster. Diese Einstellung wird durch Überblendungen und Doppelbelichtungen von zwei Soldaten, Massengräbern und Grabkreuzen abgelöst. Nach einer letzten Überblendung fährt die Kamera bis zur Unschärfe an ein großes schwarzes Kreuz heran, so dass es das ganze Filmbild ausfüllt. Bis in diese Schwarzblende hinein ist den Bildern eine düstere, bedrohliche Musik unterlegt.

Die filmtechnische Gestaltung der Schlusssequenz impliziert eine „öffentliche“ Anklage: Die Kamera nimmt tendenziell die Position von Mertens ein. Brückner verteidigt sich mit Blick auf Mertens – er spricht zum Kinopublikum. Die Off-Stimme Mertens‘, der bei seiner „Anklageerhebung“ nicht zu sehen ist (bis auf seinen Schatten), bekommt ebenfalls einen allgemeinen Charakter: Sie wird zur Stimme des Publikums. Dieser filmtechnischen „Übermacht“ muss sich selbst ein Brückner beugen: Aus der Ebenbürtigkeit einer Nahaufnahme wird er in den unteren Bildrand einer Halbtotalen verwiesen.

„Mit filmischen Mitteln ist Brückner der Prozess gemacht worden. Staudtes filmtechnische Gestaltung dieser Sequenz hat den Zuschauer in das Filmgeschehen mit einbezogen. Das Publikum ist an der „Verurteilung“ beteiligt:“ Es wird erinnert, ermahnt und aufgefordert, die Taten des Nationalsozialismus nicht zu vergessen, sondern die Schuldigen schuldig zu sprechen, die Verantwortlichen zur Verantwortung zu ziehen. Mertens‘ Worte am Ende des Films verbalisieren nur noch einmal die Aussage und Intention der filmtechnischen Gestaltung.

Staudte lässt mit Hilfe der Filmtechnik den Hauptmann und Industriellen Brückner in eine Gefängniszelle einmauern. Aufziehende Abdeckmasken und Bildüberblendungen entfernen Brückner aus seiner gesellschaftlichen Stellung und lassen ihn hinter Gefängnismauern und -gitter verschwinden. Gleichzeitig zeigt die Überblendungsmontage der Motive Frau und Kind, Kriegsversehrte, Massengräber und Holzkreuze eine Kontinuität von Vergangenheit und Gegenwart an: Das Vergangene ist nicht tot. Die Gegenwart ist das Ergebnis der Vergangenheit. Die Bilder ermahnen, nicht zu vergessen, wie es zu dieser Gegenwart, zu den Trümmern und Ruinen und Massengräbern gekommen ist.“

Die filmtechnische Gestaltung der Schlusssequenz weist Staudte als einen Filmregisseur aus, der sich der gesellschaftlichen Verantwortung nicht entzieht und der – aus seiner subjektiven Sicht – in seinen filmästhetischen „Formulierungen“ deutlich Schuldzuweisungen hinsichtlich der nationalsozialistischen Vergangenheit ausspricht und auch gesellschaftspolitische Forderungen für die Nachkriegsgegenwart aufstellt: Gerechtigkeit und Sühne der begangenen Verbrechen sind für den Moralisten Staudte die unbedingte Voraussetzung für eine wirkliche Bewältigung der Vergangenheit und für die zukünftige Neuordnung der gesellschaftlichen Verhältnisse wie auch des persönlichen Lebens eines jeden einzelnen.

Mertens und Susanne Wallner

Das Ende des Films bedeutet zugleich auch die Reintegration Mertens‘ in die sich einrichtende Nachkriegsgesellschaft. Mertens, mit einer Frau an seiner Seite, ist nun wieder lebensfähig. Susanne Wallner (das ist nun einmal die Rolle der Frauen – so scheint es jedenfalls auch Staudte zu sehen) putzt nicht nur die Wohnung und bereitet das Essen für Mertens; sie ist es auch, die Mertens‘ Entwicklungsprozess initiiert und ihn in der Nachkriegszeit wieder Tritt fassen und eine verantwortungsbewusste Stellung in der Gesellschaft einnehmen lässt. Ihre eigene Vergangenheit in einem Konzentrationslager scheint sie bei der aufopferungsvollen Fürsorge für den Mann, den sie liebt, nicht zu behindern. Ihr anscheinend ungebrochener Lebenswille ist so stark, dass er sogar zur Motivierung einer Zukunftsperspektive bei dem desillusionierten und resignierten Hans Mertens mit ausreicht, der dann auch mit dem Heruntertragen eines Schutteimers bei Susannes Aufräumungsarbeiten in der Wohnung seine erste sinnvolle Tätigkeit im Film ausführt und damit den Beginn seiner Wandlung vom depressiven Zyniker zum gesellschaftlich und politisch verantwortlich Handelnden einleitet. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang auch, dass Mertens seine im Schlussdialog vorgetragenen Forderungen nicht eigener Erkenntnis, sondern dem rechtzeitigen Erscheinen Susannes verdankt, die ihn von der Ausführung seiner Tötungsabsicht abhält.

Susanne Wallners äußere Erscheinung ist von Beginn des Films an unglaubwürdig. Auch wenn sie ein dunkles Kopftuch trägt und traurig und gedankenverloren zu blicken versucht, sieht sie nicht aus wie eine Frau, die aus einem KZ kommt, sondern ihre Nahaufnahme ist fast ein Starfoto. Staudte unterliegt hier der konventionellen und konditionierten Inszenierung eines Frauengesichts im Unterhaltungsfilm, genauer: des Ufa-Films der dreißiger Jahre. Susanne, ein „wirkliches“ Opfer der Nationalsozialisten, wird nicht als Opfer gezeigt; Mertens, einer der Millionen Mitläufer und Mittäter, wird hingegen als Opfer gezeichnet.

Auch eine gelegentliche Überbetonung der Symbolik (z. B. die Verbildlichung der Überwindung der Vergangenheit in Susannes und Hans‘ nächtlichem Spaziergang durch das zerstörte Berlin) und die in dramatischen Momenten stark akzentuierte Musik sowie einige andere Filmszenen (z. B. das Geflüster und Gerede im Treppenhaus und Mertens‘ Notoperation eines Kindes zum Selbstbeweis der Rückerlangung seines Handlungsvermögens) lassen an standardisierte Kinoklischees des Unterhaltungsfilms im allgemeinen und des NS-Films im besonderen denken.

Ein „psychologischer Film“

Die dramaturgischen und filmästhetischen Mängel von Die Mörder sind unter uns schwächen kaum das grundsätzliche filmkünstlerische Niveau und die inhaltliche Wirkungskraft des Films. Kamera, Montage, Licht und Ton übernehmen in ihrer filmtechnischen Realisierung eigenständige inhaltliche Aussagen. Die expressionistische Ästhetik des Films verweist auf eine bewusste Abgrenzung zum „geleckten“ Ufa-Stil des NS-Films und verhindert weitgehend ein Einfühlen in die Filmbilder und das Handlungsgeschehen. Extreme Ober- und Untersichten, harte Schlagschatten und verkantete Kameraperspektiven schaffen eine aufwühlende und bedrohliche Filmwirkung. Besonders die Kameraschwenks, die Überblendungen und Schnitte sowie die asynchrone Kombination von Bild und Ton (die „Tonrückblende“) führen zu visuellen bzw. audiovisuellen Konfrontationen, die dem Zuschauer Assoziationen eigener Erfahrungen zu den gezeigten Filminhalten ermöglichen. So funktioniert Die Mörder sind unter uns nicht primär über sein Handlungsgeschehen, sondern über seine formalästhetische Gestaltung, die die zentralen Intentionen des Films zur Geltung bringt.

Staudte selbst führte zur Intention seines Films aus:

„Wir wollen in diesem Film, der in der Welt spielt, in der wir leben, in der wir uns alle zurechtzufinden haben, nicht die äußere Wirklichkeit abfotografieren. Ich bemühe mich zu Problemen Stellung zu nehmen, wie sie heute tausende und abertausende unserer Mitmenschen belasten. Die Beziehungen des Menschen zu seiner jetzigen Umwelt, seine Gefühlswelt innerhalb der politischen Kulisse – das ist das Grundthema des Films ….“*

Inszenierung, Verhalten und Handlungsweisen der Filmpersonen bestimmen Die Mörder sind unter uns vor allem als „psychologischen Film“ – politisches Bewusstsein findet sich bei ihnen kaum, ihr Bewusstsein und Verhalten sind von einer moralisch-humanitären Haltung bestimmt. Auch der expressionistische Filmstil weist Staudtes ersten Nachkriegsfilm als einen psychologischen Film aus, der jedoch vermittels gerade dieser Form und den daraus entwickelten inhaltlichen Konsequenzen und Wirkungen gesellschaftliche und politische Fragestellungen der Nachkriegsgegenwart aufwirft und thematisiert.

* aus: Stiftung Deutsche Kinemathek (Hg.): Wolfgang Staudte. Berlin 1977, S. 16

Im folgenden sind bisher 11 zeitgenössische Filmkritiken bzw. Ausschnitte aus Kritiken aufgenommen worden. Die Filmkritiken vermitteln Reaktionen von Menschen, die sich berufsmäßig mit Filmen beschäftigten. Ihre Bewertungen der Filmästhetik wie auch die je spezifischen Wahrnehmungen und Interpretationen der Filmaussage geben ebenfalls – über die je individuelle Ausprägung hinaus – auch Auskunft über „kollektives Bewusstsein“ ihrer Zeit.

Wir haben die zeitgenössischen Kritiken nicht gekürzt, um nicht auf diese Weise durch unsere Bewertung von „wichtigen“ und „unwichtigen“ Passagen gleichzeitig auch unsere Analyse und Interpretation des Films zu „vervielfachen“. Die Kritiken spiegeln die Aufnahme des Films in seiner gesamten Breite wider, ermöglichen dem/der LehrerIn oder KursleiterIn also einen umfassenderen Einblick und Zugriff. Für die praktische Arbeit ist es aber sicher sinnvoll, einzelne Kritiken entsprechend der konkreten Zielsetzung auszuwählen und gegebenenfalls auch zu kürzen.

Die Kritiken/Rezensionen sollten v. a. als Arbeitsmaterialien in den Gruppenarbeitsphasen genutzt werden. Sie können dabei mehrere Funktionen erfüllen:

  • Sie ermöglichen, festzustellen, ob sich in dieser Rezeption vergleichbare Wertvorstellungen bzw. Selbst- und Gesellschaftsbilder finden lassen, wie im Film.
  • Sie können dazu dienen, die eigenen Analysergebnisse und Interpretationen mit der zeitgenössischen Rezeption zu vergleichen.

Hier kam es auf das Thema an. Der erste Film nach der kleinen Apokalypse unserer Zeit durfte nicht in die Unterhaltung oder schnell an die Oberfläche flüchten. Der erste Film, von Männern unseres Landes geschaffen, musste Klärung bringen, Abrechnung und endlich neuen Ausblick und Befreiung. Am Thema und an der Art, wie man es ernst nahm und klar ausdrückte, war zu zeigen, dass man den Film wieder einfügen will in Rede und Gegenrede unserer Tage.

Wolfgang Staudte ist mit einem eigenen Drehbuch an die schwierige Arbeit gegangen. Tatsächlich Neuland, denn die vergangenen Begriffe wollen jetzt und hier nicht verfangen. Er tastete mit diesem Streifen in ein Gebiet vor, das künstlerisch noch nicht begangen war. Er hat es gewagt. Auch wenn der Versuch nur zur Hälfte gelungen sein mag – das ist zu würdigen und anzuerkennen, dass er den Sprung in den neuen deutschen Film begann. Seit gestern gibt es wieder einen deutschen Spielfilm.

Er setzt ein mit erstaunlicher optischer Saugkraft: Blick auf ein Soldatengrab. Die Kamera schwenkt hoch und hat sofort die ganze Szenerie der Verwüstung Berlin im Frühjahr 1945. Die verschüttete Stadt. Kinder laufen, verloren, auf einem Pfad zwischen Trümmern. Krass dagegen schlagend eine billige Tanzmusik. Wieder Schwenk, und der erste Kontakt ist da: die grellste Fassade eines Bumslokals, wie sie schnell und gewissenlos aus den Ruinen wuchsen.

Ein Mann ist zurückgekehrt, verbittert, aufgelöst, im Trunke als der letzten Rettung versunken, pendelnd zwischen Schwarzmarkt und den Stätten schnellen und billigsten Amüsements. Der Stachel des Krieges sitzt ihm zu tief im Fleisch. Er findet nicht zurück, obgleich er die Reste seiner Wohnung zuweilen bewohnt. Ein Mädchen kehrt heim an die gleiche Tür. Hier wohnte sie, bis man sie ins Lager holte. Jetzt will sie den neuen Anfang suchen. Sie rücken zusammen. Widerwillig sieht er ihre Versuche an einem neuen Leben an. Er misstraut jeder Hoffnung und versinkt in dem Strudel der schwärzesten Erinnerungen. Gespenstisch die Bewohner des Hauses ringsum. Ein Wahrsager wohnt da, ein Ausbeuter der gutgläubigen Hoffnung, ein Mephisto der kleinen Leute im Spitzbart. Ein redlicher Brillenmacher hockt im Parterre und hofft auf die Wiederkehr seines Sohnes; einer, der arbeitet, ein Philosoph der Beharrung hinter seinen Brillenrändern. Der Klatsch wohnt im gleichen, angekratzten Hause, Missgunst und Bosheit machen sich breit. Eine dumpfe, schwarze Welt, in die das Mädchen wieder Licht zu bringen sucht. Ihre Bemühungen um ihren immer mehr versackenden Mitbewohner bleiben ohne Erfolg. Er geht ohne Lächeln seinen wilden, versunkenen Weg. Bis eine Kriegserinnerung wieder aufsteigt. Er wittert ein böses Wild.

Der Hauptmann, der sein Vorgesetzter in Polen war, ein äußerlich unscheinbarer, spießbürgerlich glatter Mann, taucht wieder auf. Er sitzt im neuen Fett. „Aufbaufreudig“, wie einer, hat er eine Fabrik aus dem Boden gestampft. Er macht den behaglichen Familienvater, ist saturiert, und die neuen Worte gehen ihm ölig und leicht vom Munde. Ein guter Bürger, ein wendiger „Freund der Demokratie“, eine Stütze des Aufbaus. Aber unser Mann weiß mehr. Er hat gesehen, wie jener in Polen seine Kommandogewalt nutzte, um ein Dorf auszulöschen. Schüsse sind gefallen, gezählt und mit militärischer Exaktheit später abgerechnet, Schüsse, die das Leben von Kindern, von Frauen und Männern in Zivil auslöschten. Es war Weihnacht. Und Herr Hauptmann haben anschließend gefeiert. Der Mörder, jetzt ist er unter uns.

Das endlich jagt den Versunkenen aus seiner Lethargie. Er stöbert seinen Raub in der festverglasten, instand gesetzten Bürgerwohnung auf. Er lockt ihn in die Ruinen. Einen Revolver hat ihm das ölige Opfer selber in die Hand gespielt. Schon legt der Mann an, um die Toten aus Polen zu rächen, da schlägt ihm das Leben die Waffe aus der Hand. Er wird gerufen, einem kranken Kinde Hilfe zu bringen. Er hilft. Sein Opfer entkommt, und er sucht es wieder. Die Vision der Schuld bedrängt ihn, als es Weihnachten wird. Jene Weihnacht in Polen steht wieder vor ihm, und jetzt geht er, die Toten zu rächen, die vor drei Jahren rührungslos hingemordet wurden auf Befehl jenes wendigen Burschen, der jetzt unangefochten in seinem Betriebe Worte „christlichen Friedens“ spricht.

Der Rächer legt schon die Pistole auf ihn an. Da wieder schlägt ihm das Leben die Waffe aus der Hand: Das Mädchen, das bei ihm wohnt, das eine langsame Liebe zu ihm gefasst hat, hindert den Schuss und die Begleichung der Schuld. Der Hauptmann von ehedem tritt aus dem Schatten seines Rächers. Aber die Vision der Schuld wächst im Bilde auf. Krüppel. Ermordete. Trümmer und schließlich eine Landschaft von Grabkreuzen.

Es ist verdienstvoll, dass der Film der ersten Frage in unserem Leben nach dem Kriege nicht aus dem Wege gegangen ist. Er will abrechnen. Er will klären. Reichen die Mittel für das todernste und große Thema dieses Filmes aus? Führt er weiter? Wird er die Wirkung haben, die er haben muss?

Nur zum Teil. Er ist, das bleibt als erstes anzuerkennen, mit äußerster Sorgfalt gemacht. Staudte zeigte zusammen mit seinem Kameramann Friedl Behn-Grund, dass er ein sehr starkes Feingefühl für optische Möglichkeiten hat. Es sind Einstellungen zu finden, die mit Recht wegen ihrer Treffsicherheit und künstlerischen Präzision beklatscht wurden. Er wendet, er bewegt, er führt die Kamera mit so intensiver Freude für die Symbolkraft des Bildes, dass darüber aber der Fluss der Vorgänge leidet. So deutlich geht er dem Bild nach, so sehr beißt er sich in Wirkungen fest, dass man oft den Eindruck behält, als habe der Regisseur über der künstlerischen Bemühung am Optischen den dramaturgischen Faden fallenlassen. Die Handlung flattert. Es sind Typen sorgfältig angespielt, die den Fortgang des Films nicht fördern. Es sind bildliche Krassheiten aufgenommen, durch die die Wirkung des Ganzen eher leidet. Manches wird so bissig herausgearbeitet, dass schließlich ein Beigeschmack des Filmisch-Artistischen nicht zu verwinden ist, eine Nebenwirkung, die gerade hier störend ist und zuweilen beleidigt. Warum müssen, um ein Beispiel zu geben, die Soldaten ausgerechnet ihre Waffen lässig und bösartig auf einem Kruzifix abhängen? Warum geht der Rächer, bevor er den Mörder aus Polen töten will, in die Kirche? Warum muss die gutmütige Figur des hoffenden Brillenmachers sterben? Dramaturgische Gewalttätigkeiten, dem Ganzen nicht zuträglich. Und was – schließlich – ist die Moral dieser so vehement gezeichneten Häufung von Schuld? Es bleibt ein Symbol. Der Mörder hängt sich erschöpft an ein Gitter.

Der Film ist langsam, er kommt erst spät an sein Thema. Und als er es erreicht hat, verhakt er sich so sehr in die Symbolträchtigkeit der Bilder, dass schließlich die Wirkung, die von ihm zu erhoffen war, nur halb erreicht wird. Kein Schwung teilt sich mit, sondern eine dumpfe Stimmung des Verlorenseins, die selbst durch die etwas mühsam gesetzte Liebeshandlung nicht leichter gemacht wird.

Die Schauspieler sind überlangsam geführt und bewegen sich durchgehend in einer Getragenheit, als wandelten sie auf dem Grunde des Meeres. Nur selten ließ Staudte ihren Möglichkeiten einen kurzen Ausbruch frei.

Dieser Versuch war mit Recht unausweichlich. Er bleibt ein Versuch und macht, so ausgezeichnet er streckenweise gerichtet und photographiert ist, als Ganzes nicht klarer und befreit uns nicht. Von einem Film dieses Themas wäre zu hoffen gewesen, dass er sich nicht im Dunkel der Bildsymbole verlief, sondern Klarheit und Schwung vermittelt hätte. Die neue Form für den neuen Film zu finden ist schwer. Auf diesem ersten Anlauf liegt alles Schwere des neuen Beginns. So ist er zu werten und schließlich als erstes Tasten nach einem wichtigen Thema zu begrüßen.

Der Tagesspiegel, 16.10.1946

Wie waren wir bereit, diesem ersten großen deutschen Film nach dem Zusammenbruch ein freundliches Willkommen sogar dann zu bereiten, wenn er hätte erkennen lassen, dass es sehr große Schwierigkeiten gewesen sind, die bei seiner Herstellung zu überwinden waren. Notdürftig hergerichtete Ateliers, unzulängliche technische Ausrüstung, große Besetzungsschwierigkeiten, und was es davon noch alles geben mag, was vielleicht nur der engste Zirkel genau weiß – alle diese erschwerenden Umstände nicht zu würdigen, wäre ja fast einer unsachlichen Betrachtung gleichgekommen! Gerade aber nach dieser Richtung bereitete uns dieser Film eine besonders freudige Überraschung, denn von all diesen Schlacken war er frei. Mit solch beispielhaftem Elan ist hier gearbeitet worden, dass sozusagen mit einem einzigen Sprung der Anschluss an die einstige große deutsche Produktion gewonnen wurde, die dem deutschen Film Weltgeltung verschaffen hatte. Wir dürfen dieser Leistung bereits internationales Format zuerkennen. Deswegen ist hier ein befreites Aufatmen berechtigt, eine geradezu ungestüme Freude über dieses Gelingen.

Unsere Freude gilt auch dem Umstand, dass hier ein Zeitfilm gelungen ist, der jenes andere Deutschland politisch unterstreicht. Dieses um innere Klarheit und die moralische Überwindung eines Dezenniums voll Verbrechen und abstoßender Selbstverblendung bemühte Deutschland präsentiert sich hier mit einer Leistung, der man schon den Rang einer entscheidenden Etappe zuerkennen darf. Würde und Haltung sind erkennbar und dokumentieren, dass neue seelische und geistige Ordnungsfaktoren über die chaotischen Aspekte die Oberhand gewinnen. Dass im Hinblick auf das Zeitstück zunächst der Film dem Theater den Rang abgelaufen hat, muss man als Tatsache registrieren, ohne daran gleich weitgehende Konsequenzen anzuknüpfen.

Dass dieser Film jedem Deutschen etwas zu sagen hat, steht außer Zweifel. Wir möchten diese Feststellung sogar erweitern und sagen: Ein guter Deutscher ist förmlich daran zu erkennen, ob und wie er von diesem Film gepackt wird. Damit ist zugleich alles über seinen Wert festgestellt.

Wolfgang Staudte, von dem auch das Buch stammt, hat die Regie geführt, Friedl Behn- Grund und Eugen Klagemann standen an der Kamera. Man muss diese Männer zusammen nennen, denn ihr Anteil an der künstlerischen Gesamtqualität dieses Films dürfte schwer gegeneinander abzugrenzen sein. Der Film ist episch angelegt, seine besondere Spannung resultiert nicht so sehr aus der Handlung als aus dem dichten seelische Gefüge, das alles und jedes einbezieht, was auch Bestandteil unserer eigenen Situation ist. Wir sehen scharf gezeichnete Charaktere, die aber trotzdem von einer Allgemeingültigkeit sind, dass sie wie Typen durch unseren Ruinenalltag schreiten. Allein an dieser Aufgabe wäre vielleicht schon eine mindere Begabung gescheitert. Diese Menschen werden bei den alltäglichsten Verrichtungen gezeigt, aber vor einem Fond, der jedem Tun eine besondere Bedeutung verschafft. Das Sich-wieder-Aufrichten aus der entsetzlichsten Niederlage spricht als gegenwärtiges Bewusstsein aus jedem Blick und jeder Geste. Gewiß, das Leben geht auch als solches weiter, aber es bezieht seine Impulse aus einer neuen geistigen Ausrichtung, die alten Reserven sind restlos aufgezehrt. Hier wird bewiesen, dass man nicht mehr so weiterleben kann wie früher.

Der Film zeigt das mit seinen spezifischen Mitteln. Er reißt den Zuschauer von seinem festen Platz, er wirbelt ihn durch die Kameraeinstellungen und konfrontiert ihn stets mit dem erregtesten Ausdruck, mit der pointiertesten Ballung. Ein Mann geht die Treppe hinauf, wir verfolgen ihn von unten nach oben, wir sehen, wie bei den verschiedenen Menschen das Echo der Schritte und die knarrende Treppe die verschiedensten Reaktionen auslösen, erleben unmittelbar, wie vielfältig sich Ursache und Wirkung in der äußersten zeitlichen Gerafftheit überschneiden – das kann nur der Film! Nur der Film kann Licht und Schatten zu gleichberechtigten Mitspielern machen, kann damit eine gespenstischzittrige Aura um Ruinen und zum Himmel starrende Giebel legen und schwarze Silhouetten tanzen lassen, als trüge jeder Lemuren in sich, die der schneidende Riss der Zeiten ins Sichtbare gezerrt hat. Ein Film braucht bloß ganz Film, ganz im Einklang mit sich selbst zu sein, um alle Ismen, so gelehrt und anspruchsvoll sie sich auch geben mögen, wie ein törichtes Spiel mit Begriffen erscheinen zu lassen.

Es würde ins Uferlose gehen, wollte man von den technischen Glanzstellen dieses Films auch nur die einprägsamsten erwähnen. Einer der Höhepunkte vielleicht das glückhafte Schreiten des jungen Paares durch die ruinenstarrende Einsamkeit, über die Wolken ziehen, wie über etwas, was nur noch Landschaft ist, über die sich ein kreszendierendes Leuchten legt, als sei schon das Licht allein etwas Hoffnung Verheißendes. Ein anderer Höhepunkt: Das jähe Rückblenden bei der Weihnachtsfeier 1945: drei Jahre vorher … auch das, diese blutbedeckte Weihnacht von 1942 irgendwo in Polen war Wirklichkeit und – ist es noch immer! Dieser bestürzende Stoß aus einer falschen Sentimentalität in ihre schaurige Folie verursacht einen fast physischen Schmerz.

Deutsche Wirklichkeit, unser aller Wirklichkeit, beklemmendes Schreiten durch unsere verhangene seelische Landschaft!

So dicht, bezüglich und typisch bei aller charakteristischen Kontrastierung ist der Film, so gleichberechtigt seine menschlichen und dinglichen Faktoren, so geschlossen ensemblehaft im akkordhaften Zusammenklang von Licht, Ton und Bewegung, dass es beinahe als Vergesslichkeit erscheinen mag, die menschlichen Akteure erst beiläufig am Schluss zu nennen. Ernst W. Borchert spielt den mit sich selbst zerfallenen Arzt Dr. Mertens bis an die Grenzen seiner darstellerischen und stimmlichen Mittel. Hildegard Knefs herbverhaltene Erscheinung war vielleicht die beste Wahl, die Staudte für diese Rolle treffen konnte. Ihr Spiel war eine schöne Mischung von zupackender, unsentimentaler Sachlichkeit und einer bemühungsvollen Liebe. Nicht minder ausgezeichnet die forsche Selbstsicherheit, mit der Arno Paulsen den Fabrikbesitzer und gewesenen Hauptmann der Reserve Ferdinand Brückner wiedergab, den Mann, der am Schluss sein verlogen-klägliches „Ich bin unschuldig!“ hinausschreit, obwohl er Dutzende unschuldiger Menschenleben auf dem Gewissen hat. Aber sie alle, Erna Sellmer, Elly Burgmer, Marlise Ludwig, Robert Frosch, Albert Johannes und wen das Programm sonst noch nennt, waren ihrer Aufgabe gewachsen, weil sie ein kundiger und leidenschaftlich bemühter Regisseur sorgfältig ausgewählt und geleitet hat. Wenn wir am Schluss ganz beiläufig feststellen, dass tonliche Wünsche offenblieben, dass einige beherzte Schnitte dem ersten Drittel des Films wohlgetan und das bisweilen eine etwas subtilere Kontrastierung nicht nur die Tendenz beschwingt, sondern auch die Folie noch gültiger schraffiert hätten, dann ist damit nur ausgedrückt, was die Väter dieses Films noch viel besser wissen werden: dass es kein Ausruhen auf Lorbeeren gibt und schon gar nicht auf den ersten.

Nicht der einzelne darf richten – damit entlässt uns dieser denkwürdige Film – sondern das ganze Volk soll Gericht halten. Erst wenn die innere Selbstbefreiung, diese echte Sühne gelungen ist, wird echte Freiheit wieder möglich sein. Wir sagten es schon: Auf diesem Wege, dessen Spalier eine ganze abwartende und beobachtende Welt ist, darf dieser Film den Rang einer Etappe beanspruchen.

Berliner Zeitung, 17.10.1946 (zitiert nach: Wolfgang Staudte. Red.: Eva Orbanz, Berlin 1977, S. 97-99)

 

Die Kamera krallt sich fest an Trümmern, schafft erschreckend schöne Ruinenlandschaften. Sie krallt sich fest an zertrümmerten Schicksalen, schafft großartig düstere Seelenlandschaften. Die Elemente dieses Films sind nicht Licht und Schatten, sondern Schatten, deren lastende Schwärze durch die paar zaghaft matten Glanzlichter noch vertieft werden. Schlagschatten erschlagen immer wieder die aufglimmenden Hoffnungsschimmer.

Ungeheuer malerische Wirkungen entstehen. Der Treppenflur: Ein Schacht von gestuften Dunkelheiten. Das Menschengesicht: Ein Trümmerfeld von Hoffnungen. Abgründe klaffen hier und dort. Eine Hauswand stürzt ein – Erwartungen brechen zusammen. Wolken türmen sich über Ruinen – schwere Erinnerungen verfinstern ein Antlitz. Man stolpert, tastet, taumelt umher zwischen Bildern und Sinnbildern. Schatten werden zu bizarren Fratzen, zu Zerrbildern des Klatsches. Ein Kruzifix wird zum Gewehrständer entweiht. Manches erinnert an unheimliche Gesichter Goyas, die Kamera schafft düster bewegte Graphik: Kunst klagt an. Grimmige Satire fletscht die Zähne. Die Frühstücksstulle des gedanken- und gewissenlosen Spielers ist eingewickelt in einer Zeitung mit der furchtbaren Schlagzeile „Zwei Millionen Menschen vergast“. Und er lässt sichs schmecken, der Spießer! – Die schiefe Ebene, auf die die Menschen geraten sind, wird gelegentlich atembeklemmend betont durch die schräggestellte Kamera. Hart prallen Gegensätze aufeinander. Über ein Soldatengrab zwischen Trümmern rieselt eine fade Schlagermusik aus dem benachbarten Bumslokal, das Stöhnen eines todkranken Kindes wird überblendet vom Kreischen animierter Weiber.

Der Mann, der den Film Die Mörder sind unter uns schuf, aus dem diese Impressionen stammen, gleicht dem Menschen, der da schwer durch die Handlung stapft. Er geht nichts aus dem Wege, er macht sichs nicht leicht und geht nicht die bereits glattgetretenen Pfade. Dem auf Unterhaltung eingestellten Publikumsgeschmack macht er keine Zugeständnisse. Die Aufgabe ist ihm zu unerbittlich ernst, die ihm hier am ersten deutschen antifaschistischen Film zufällt: Abzurechnen, wachzurütteln, aufzuräumen, Seelenschutt beiseite zu schaffen und vor allem, die neue deutsche Haltung zu dokumentieren: Sie ist groß, diese Aufgabe, und schwer. Kein Wunder, dass Wolfgang Staudte der Atem etwas schwer dabei geht. Und dass auch die Handlung etwas annimmt von dem müden, schleppenden Gang der Hauptfiguren. Es sei an bereits in der gestrigen Nummer erfolgte Besprechung und Skizzierung des Inhalts erinnert. Es ist die Geschichte eines Arztes, der vom Kriege seelisch versehrt, seine furchtbaren Eindrücke durch Schnaps wegzuspülen sucht, bis ein junges Mädchen, das aus dem KZ heimkehrt, ihn mit ihrer behutsamen und beharrlichen Liebe allmählich dem Leben wiedergewinnt.

Dass sich Wolfgang Staudte, der für Buch und Regie verantwortlich ist, nicht in allzu billigen Optimismus flüchtet, verdient besonderen Dank. Aber unter dem zwingenden Ernst der Aufgabe gerät ihm manches zu düster. Dabei entgehen ihm die schüchternen Sonnenblicke, die rührend zarte Idylle zwischen Trümmern, das tapfere Lächeln, das Kinderlachen, das derb aufmunternde Kraftwort, die fröhliche Unverschämtheit – alles Symptome echten Berlinertums.

Es war nicht nur Stöhnen und Tingeltangelmusik, die dieses Berlin nach der Katastrophe beherrschte. Zur Leitmelodie dieser Tage gehörte das beglückende Stakkato, das aus allen Winkeln und Trümmern hervorklang, das beharrlich über der ganzen Stadt lag, dieses unverzagte, unermüdliche Klopfen und Hämmern und das Scheppern der Scherben, die beiseitegeschafft wurden. In dem Film Die Mörder sind unter uns ist nichts von diesen hellen Momenten des Wiederbeginnens. Die Hausbewohner klatschen nur oder warten und sterben über diesem Warten. Und die Faust des Arztes krallt sich fast ständig um ein Schnapsglas oder den Revolver; die einzige Szene, da er aktiv wird und einem röchelnden Kind mit dem Küchenmesser ein Stück Gasrohr als Kanüle einsetzt, ist nur quälend und ist übrigens auch medizinisch ein allzu beunruhigender, fragwürdiger Noteingriff.

Der Film lässt eigentlich ungeklärt, ob dieser Mann nun wirklich durch die schöne standhafte Liebe der Frau ernsthaft zurückgefunden hat, zu dem wichtigen Helferamt des Arztes. Denn leider wurde der entscheidende Auftritt durch Schnitte zerstört, in dem wir erfahren sollten, dass er eine eigene Praxis eröffnet. So lässt der Film manche Frage offen. Aber eine und für uns die wichtigste Frage beantwortet er mit schöner Entschiedenheit: Dass die deutsche Filmkunst mit vielversprechender Besessenheit und hohem künstlerischen Ernst berechtigt und in der Lage ist, ihre friedliche Position zu beziehen, zu behaupten und auszubauen.

Neue Zeit, 17.10.1946 (zitiert nach: Wolfgang Staudte. Red.: Eva Orbanz, Berlin 1977, S. 97-99)

 

Als wir am Dienstagabend nach der festlichen Premiere des ersten großen Spielfilms der DEFA die Staatsoper verließen, hörten wir einen Besucher aus übervollem Herzen zu seiner Begleiterin sagen: „Herrgott, dieser Film musste kommen!“ und nach einer gedankenvollen Pause setzte er hinzu: „Ich bin froh, dass ihn Deutsche gedreht haben und nicht Ausländer.“

Dieses erste summarische Urteil, im Vorübereilen als Gesprächsfetzen erhascht, gab uns viel zu denken, und je mehr wir über den tieferen Sinn nachgrübelten, um so klarer wurde es uns, wie recht der unbekannte Premierenbesucher hatte. Jawohl, dieser Film musste kommen! Und dieser grundehrliche, bescheidene, anklagende und aufrüttelnde Zeitfilm musste, nein, durfte von niemandem anderen als von Deutschen für Deutsche gedreht werden. Erhält doch sein Aufruf zur Wachsamkeit, weil immer noch die Mörder in der Maske von Biedermännern mitten unter uns sind, erst als deutsche Mahnung sein rechtes moralisches und politisches Gewicht. Den Männern der DEFA gebührt unsere volle Anerkennung. Gleich ihr erster großer dramatischer Film, unter unsäglichen Schwierigkeiten fast aus dem Nichts in Rekordzeit geschaffen, wird – wenn nicht alle Anzeichen trügen – der aufhorchenden Welt beweisen, dass im neuen demokratischen Deutschland, dass insbesondere in Berlin Kräfte am Werke sind, die nicht eher ruhen werden, bis die Schänder des deutschen Namens, bis die Verbrecher des Krieges ihre Strafe erhalten haben.

Diese politische Tat ist zugleich eine künstlerische Tat. Der deutsche Film, befreit von den Fesseln Goebbelsscher Propagandarichtlinien, meldet sich mit diesem dramatischen Streifen wieder zum Wort, ringt erneut allein nach den strengen Gesetzen der Kunst um ehrliche Gestaltung unserer Zeitprobleme. Dass er hierbei aus der deutschen Not an Hilfsmitteln aller Art eine filmgerechte Tugend macht, gibt ihm sogleich sein eigenes Gesicht.

Wolfgang Staudte als Autor und Regisseur der Mahnung, dass noch Mörder unter uns sind, schafft diese Eigenwilligkeit – abgesehen von der Handlung – vornehmlich mit Hilfe seines phantasievollen Kameramannes Friedl Behn-Grund. Beide schwören auf die beseelte und beseelende Phototechnik als das bestimmende Kunstmittel des Films. Tatsächlich zaubert ihre Kamera aus Berlins Ruinenwelt Bilder, Ausblicke und Panoramen von todtrauriger Plastik, bannt Szenen, in denen schwarze Schatten die dramatische Wucht der Handlung sekundenweise ins Unheimliche steigern und schafft endlich durch Einstellung und Ausleuchtung auf Gesichtern und Räumen höchste Intensität und dichteste Atmosphäre.

Der zu Anfang schleppende Handlungsablauf des Films, in dem gezeigt wird, wie die Mörder und Kriegsverbrecher „auf höheren Befehl“ noch bei uns unerkannt als spießbürgerliche, geachtete, kinderliebe und weihnachtsliedersingende Familienväter unter uns sind, ist trotz eines eingeblendeten Erinnerungsbildes vom Kriege lapidar einfach. Dr. Mertens, der als menschlich gebliebener deutscher Offizier in Polen die „Liquidierung“ von Greisen, Frauen und Kindern erleben musste, wird auch als Zivilist mit diesem entsetzlichen Erlebnis nicht fertig. Er beginnt zu trinken, verkommt immer mehr, bis ihn die Liebe eines aus dem KZ entlassenen Mädchens wieder hochreißt.

Vom Drehbuch her hat von dem Paar allein E. W. Borchert ausreichend Gelegenheit, ein tragisches Nachkriegsschicksal dramatisch abzuhandeln, während Hildegard Knef sich als Susanne Wallner nur in einzelnen Szenen und Episoden voll entfalten kann. Hingegen ist das nirgendwo überbetonte Spiel Arno Paulsens besonders hervorzuheben. Sein Hauptmann Brückner wird niemals zu einer vom Hass verzerrten Karikatur. Sein Kriegsverbrecher Brückner bleibt als Hauptmann wie auch als biederer Bürger unserer neuen deutschen Demokratie von einer Porträttreue, die betroffen macht. Ja, so und nicht anders sind sie, diese aalglatten, süffisanten, sentimentalen, lüsternen, zwiespältigen und abgründigen deutschen „Vgs“ mit der „Leiche im Keller, die eines Tages zu stinken anfängt“, wie der Volksmund neuerdings drastisch zu sagen pflegt. So weckt nicht zuletzt Arno Paulsens gutausgewogenes Spiel unser Gewissen, schärft unsere Wachsamkeit. Die hohe ethische Mission des Films zur Menschlichkeit fand in seiner Darstellung Erfüllung.

Wir wurden gewarnt: Die Mörder sind unter uns. Wird das deutsche Volk diese Mahnung und Warnung verstehen?

Peter Karst: Tiefernste Warnung zur Wachsamkeit. Vorwärts, 17.10.1946

 

Dieser erste deutsche Film nach dem Kriege ist mit allen Bleigewichten behängt. Schon so schnell in eine neue Produktion zu gehen, war für die DEUTSCHE FILM A. G. ein Wagnis in jeder Beziehung. Im Technischen stellten sich der Kamera immer wieder Schwierigkeiten in den Weg. Die gezeigte Kopie war technisch nicht besonders gut. In der Neuen Staatsoper zu Berlin, in welcher der Film in sehr festlichem Rahmen anlief, musste eine Kinoprojektion erst mit Mühe eingebaut werden, da der russische Sektor der Stadt über kein Uraufführungstheater verfügt. Auf dem Programmheft erscheint der Name des Hauptdarstellers nicht, denn erst bei Beendigung der Arbeiten stellte sich heraus, dass eine grobe Fälschung des Fragebogens bei ihm vorlag. Hemmnisse und Schwierigkeiten auf der ganzen Strecke.

Man hat sich ein sehr schweres Thema gestellt: Das Leben in der Stadt Berlin, unmittelbar nach Ende des Krieges. Wie die Menschen eines ausgebombten Hauses in der Trümmerwüste aufzuatmen beginnen oder in volle Verzweiflung fallen. Geschäftemacherei niedrigster Art kontrastiert mit dem anständigen Beginnen kleiner Handwerker. Die drückende Atmosphäre, das Schwebende und Unausweichliche jener Tage – Wolfgang Staudte, Drehbuchautor und Regisseur, hat sich und uns an Deutlichkeit nichts erspart. Die Kamera geht mit einer fast wütenden künstlerischen Verbissenheit an die Trostlosigkeit jener Wochen. Kein Lichtstrahl, der Aufatmen oder Hoffnung schöpfen ließe, fällt auf die Bilder: Das Panorama der Verwüstung wird grimmig erfasst und ist vom Kameramann Friedl Behn-Grund oft in erschütternden Bildern eingefangen. Erst spät kommt der Film an sein Thema. Ein Mann tänzelt über die Trümmer, ein Ausbeuter und schneller Verdiener, ein falscher Biedermann und trügerisches Vorbild des Aufbaus. Er stampft eine kleine Fabrik aus der erschütterten Erde und schwimmt wieder oben. Ein Vorbild rühriger Energie. Doch ein Untergebener aus den Jahren in Polen erkennt ihn. Vor wenigen Jahren gingen noch andere Worte aus diesem Munde, und ein Befehl war darunter, der ein ganzes polnisches Dorf mit Frau, Greis und Kind in Tod und Asche jagte. Der Mörder ist wieder unter uns.

Ihn jagt nun der frühere Untergebene. Diesen großen Mord will er rächen. Zweimal wird er an dem rächenden Schuss gehindert, bis ihm die liebende Frau die Waffe privater Sühne endgültig aus der Hand nimmt und das Opfer, den Mörder, der allgemeinen Entsühnung zuführt.

Ein bleischweres Thema, gleich schwer genommen. Aber es sind Passagen darunter, die so effektvoll und künstlerisch angepackt sind, dass während der Vorführung Beifall einbrach. Staudte hat die optische Vortrefflichkeit so besessen angestrebt, dass ihm dabei für ganze Strecken der Ablauf der Handlung verlorenging. Der Film ist oft quälend. Hinter fast jeder Einstellung hebt sich deutlich der Zeigefinger einer gewollten Symbolik, so dass das Bild des Ganzen der Unzahl der Sinnbilder zum Opfer fällt. Gerade bei einem ersten „Versuch über die Gegenwart“ wäre Klarheit und unerbittlicher Gedankengang vor allem am Platze gewesen. Zu künstlerischen Experimenten wird später noch Zeit sein.

Trotzdem tat es wohl, zu beobachten, wie der deutsche Film schon bei seinem ersten Versuch sofort „seinen Stil“ finden wollte. Für den Anfang künstlerisch zu hoch zu greifen, wie es hier geschah, ist ehrenvoller und führt eher zum Ziel als der breite Weg der Routine, den man hier so überernst und gewissenhaft vermied.

Die Neue Zeitung, München, 18.10.1946 (zitiert nach: Wolfgang Staudte. Red.: Eva Orbanz, Berlin 1977, S. 101 f.)

 

Nach einem todesähnlichen Schlummer der Erschöpfung, in den alles Leben im deutschen Land nach der Katastrophe von 1945 verfallen war, wagte sich die Kunst suchend und tastend in ein fast unbekanntes, sich aber umso mehr anbietendes, grenzenloses Neuland vor. Sie musste sich mit der Umgebung des Augenblicks auseinandersetzen und sich mit den Mitteln begnügen, die ihr nach der Notzeit des Krieges belassen waren. Der Anfang konnte notgedrungen nur ein Provisorium sein, noch nichts Endgültiges, nichts Festumrissenes. Die Form musste noch gefunden werden, sie sollte sich aus einer in stetiger Bewegung befindlichen Strömung zur Festigkeit, zur Körperlichkeit zusammenfügen. Die Bildende Kunst hat im Surrealismus den Weg einer neuen Romantik beschritten, die Dichtung wandte sich der nackten Schilderung des Objektivismus zu, das Theater machte, neben wenigen Anfängen, noch Anleihen aus dem Ausland, derweil der Film mit zwei Füßen in die graue Welt der Wirklichkeit gesprungen ist.

Noch rauchten die Trümmer Berlins, noch schwelten die geborstenen Dachstühle, ragend zwischen Himmel und Erde, noch säumten frisch aufgeworfene Grabhügel die Straßenfragmente des Nordostens, als Wolfgang Staudte den ersten deutschen Nachkriegsfilm begann. Die russisch lizensierte Defa hat diesen Schritt zur neuen deutschen Filmproduktion vollzogen: Der Titel „Die Mörder sind unter uns“ lässt schon von vornherein die brutale Realistik, die unverbrämte Nüchternheit dieses Spiels, das – man kann es sagen – kein Spiel mehr ist, erkennen. Es ist alles so kalt und so grau, so lichtlos und so traurig, so ohne Hoffnung und Zuversicht, dass nicht einmal die Wärme eines glühenden Streichholzes aus diesem Filmstreifen ausgestrahlt wird. Das ist die Wirklichkeit des Lebens Anno 45. Ein Film, der nur Trümmer und Tränen kennt und selbst die wenigen Lichtblicke, die in diese Finsternis einbrechen, sind dazu angetan, das Dunkel nur noch stärker zu zeichnen.

Wie drohende Arme recken sich Giebel aus einem Meer von Steinen. Durch die hohlen Augen der Ruinen fällt das todesbleiche Mondlicht und erhellt die Holzkreuze, die selbst wie Gespenster in dieser modernen Landschaft erschütternd und grauenhaft anmuten. Ist das noch deutsches Land? Das ist das Ruinenland. Nirgendwo. Keine Straßen, kein Weg. Kinder und Ratten und irrende Menschen beleben dieses verödete Schlachtfeld der Gegenwart. Was sind dagegen die Ruinen von Herkulaneum (!) und Pompeiji (!), was die Wüsteneien hingesiechter Pracht und Herrlichkeit in aller Welt? Hier haust das Entsetzen, in dessen Klagelieder sich die Töne einer Unterweltkaschemme mischen wie ein letztes Stöhnen aus der Angst vor dem sichtbar herannahenden Tode. Das ist Berlin nach der größten Katastrophe der Menschheit, nach der Sintflut aus Feuer und Schwefel, die Grauen und Entsetzen, Not und nochmals Not gebar. Hier brauchte der Film keine Phantasie, um sich die wirkungsvolle Kulisse zu schaffen. Er fand sie auf der Straße, in den Ruinen, bei den Überlebenden, überall … überall. Und er lässt die Handlung, diesen Ausschnitt eines ungemein, fast unglaubwürdig verpfuschten Lebens da beginnen, wo die ersten scheuen Menschen, wie Bienenschwärme an den Zügen hängend, wieder auf das Stück umgepflügter Erde zurückkehren, das sie einstmals Heimat nennen durften.

Das Mädchen kommt aus dem Konzentrationslager. Es sucht Arbeit und das Leben. Ängstlich und eingeschüchtert schreitet es durch diese neue Steinzeit, die sich da breitet und weitet, grenzenlos, unendlich. Gott sei Dank, das Haus steht noch, wenigstens die Fassaden und einige Böden zwischen den Mauern. Auch der alte Uhrmacher ist noch da, der auf den Sohn wartet. Und oben im kalten Raum abgebröckelter Wände, wie in einer Kammer des Leichenhauses, haust Dr. Mertens, der Arzt, der das Leben weggeschmissen hat wie eine Dirne, der täglich und nächtlich betrunken ist, der brutal sein kann wie ein Henkersknecht und naiv, wie ein kleiner goldiger Junge. Die Liebe bricht jetzt in die Wirrnis seines Geistes und Herzens. Aber das Erlebnis des Krieges war stärker, viel stärker als er selbst glauben konnte. Irgend etwas ist in seinem Leben zerrissen und lässt sich nicht binden und nicht fügen. Da ist der Hauptmann Brückner mit der „Himmlermaske“. Er ließ damals die polnischen Frauen und Kinder erschießen. Unterm Weihnachtsbaum unterzeichnete er die Liquidation. Mertens bat vergeblich um Gnade, vergeblich. Der Zufall führt beide wieder zusammen. Wieder ist es Weihnacht. Weihnacht 1945 in Berlin. Der Hauptmann leitet ein Fabrikunternehmen. Er isst gut. Trinkt Wein und hat Zigaretten. Er gibt Mertens die Pistole zurück, die Pistole von damals, draußen, als er verwundet war und nun braucht er sie nicht mehr und gibt sie dem zurück, der die „polnische Weihnacht“ rächen will. Schon blitzt die Mündung auf, als Mann gegen Mann steht, aber da kommt das Mädchen und deckt mit der Liebe all das zu, was war, was eine menschliche Seele aufbäumen ließ in unsagbarem Schmerz, in grenzenloser Verzweiflung. Der andere aber schreit es über Gräber und Ruinen, die sich im Bilde zum Gitterfenster des Gefängnisses formen: „Ich bin unschuldig … unschuldig …“

Der Film ist ausgezeichnet photographiert. Er ist naturalistisch, nackt, ohne Umschweife, nüchtern, trocken und bis ins kleinste präzise. Nichts verbrämt seine Handlung. Es gibt keine Umschweife, es gibt keine Bemäntelung, keine Beschönigung. Es wird nichts verschwiegen. Er ist Abglanz erlebten Grauens. Der Tod ist seine Hauptfigur. Das Leben steht nur am Rande. Er rüttelt an den Nerven wie die Tatsachen selbst daran gerüttelt haben. Er hat profilstarke Darsteller, Hildegard Knef und W. Borchert, echte Typen, wie sie die Katastrophe der Zeit geformt und gebildet hat. Der Dialog birgt eine scharfe Sprache, die Handlung hat starkes dramatisches Gefälle. Aus jedem Bild, aus jeder Szene, aus jedem gesprochenen Wort spricht die Erinnerung an das verderbliche Unheil eines jeden Krieges. Darin gleicht er dem Buche Remarques „Im Westen nichts Neues“, nur noch fürchterlicher, noch erbarmungsloser. Er ist mit einem Wort die neue Kunstform, die sich aus der Asche der Vernichtung schälte: der Trümmerfilm.

Aber dieser Film, den wir nach mehr als einjähriger „Lebenszeit“ sahen, hat auch eine andere Seite, die nicht übersehen werden darf: Er ist tendenziös. Sollen wir auf dieser Linie fortschreiten? Wäre es nicht besser, aus diesem entsetzlichen Milieu herauszukommen und die Kunst, auch die Filmkunst, ähnlich wie das französische Filmschaffen, in eine neue wahrhaft künstlerische Sphäre hineinzuführen, in eine Sphäre, die so fern und so abseits der politischen Tendenz liegt wie das Gute dem Bösen? Auch hier bleibt es der Entwicklung vorbehalten, zu entscheiden, welche Kunstform mehr geeignet ist, den erschöpften Herzen unserer Zeit die Werte der Menschlichkeit wieder zuzuführen, die eine oder die andere!

Martin Ruppert: Epilog auf einen Film. Der erste Nachkriegsfilm: „Die Mörder sind unter uns“. Allgemeine Zeitung, Mainz, 20.5.1947

 

Der erste deutsche Nachkriegsfilm lief an. Was vom Standpunkt der Kritik dazu zu sagen war, wurde bereits gesagt. Hier schreibt ein Jugendlicher vom Standpunkt der jungen Generation.

Berlin von heute: Trümmer über Trümmer; und in sie hineingestellt: Menschen von heute, junge und alte, frohe und traurige, verzagende und hoffende Männer und Frauen. Das ist der Bildinhalt des ersten deutschen Spielfilms nach dem Kriege „Die Mörder sind unter uns“.

Kein Film der Jugend. Aber welcher Jugendliche, der die Tragik der Gegenwart, den Kampf des Guten mit dem Bösen, den Sieg der zuversichtlichen Jugend über die Gleichgültigkeit mit ungeschminkter Echtheit hier widergespiegelt sieht, kann daran schweigend vorübergehen, ohne seine Meinung dazu zu sagen?

Was die Jugend den Älteren wiederholt zum Vorwurf gemacht hat – den fehlenden Lebensmut: Hier zeigt sich die furchtbare Wirkung willenlosen Treibens, hier wird an einem Manne offenbar, welche Gefahren dem Schwankenden heute drohen, wenn er nicht den Mut aufbringt, den richtigen Weg zu finden.

Und dann sehen wir Jugend. Die junge Generation, die mit Optimismus jeder noch so ernsten Seite Freude abzugewinnen weiß und durch ausdauernde Liebe und Güte schließlich doch siegt.

Oder der feiste Typ des Kriegsgewinnlers und Gesinnungslumpen Herr Hauptmann a. D., dem der Krieg ein Vergnügen, ein Spiel mit Menschenleben war und der heute wieder mit dem treuherzigen Augenaufschlag des Unschuldigen das große Wort führt. Unsere Empörung über das Treiben dieses Schmarotzers, der gleichen Egoisten, die dafür sorgen, dass immer noch Tanzlokale statt Jugendheime gebaut werden und die es begrüßen, wenn unsere Bemühungen um die Gleichberechtigung und die Schaffung sozialer Rechte stets von neuem scheitern, ist groß. Und fast dauert es uns zu lange, bis er dann doch entlarvt und in die Enge getrieben wurde.

(…) Dies alles hat der Film mit seinen scharf und genau gezeichneten Parallelen zur Wirklichkeit mir als Jugendlichem gesagt. Bleibt eins noch zu bemerken: Störend und selbst der Jugend eine sentimentale Stimmung aufzwingend, ist die zu starke Betonung des „Trümmer-Berlin“, dem wir ohnehin, die wir in dieser Stadt leben, täglich auf Schritt und Tritt begegnen. Wir wissen: Wir kriegen’s hin!

Ba. Aus: NEX, 2. November 1946

 

Wir wussten es: der erste deutsche Film würde zwei große, einander feindliche Aufgaben zu erfüllen und – in der Lösung – einander zu nähern haben: Auf der einen Seite die Forderung nach künstlerischer Gesetzmäßigkeit als der Wertskala schöpferischen Neubeginns; auf der anderen: Aufzeigen des deutschen Standpunktes der Welt gegenüber. Beides ist in dem DEFA-Film Die Mörder sind unter uns versucht worden. Aber statt die Tendenz dem Künstlerischen gleichzusetzen und beides aufeinander abzustimmen, ließ man das Tendenziöse vom Künstlerischen überwuchern und was entstand, war eine symbolträchtige Ausrede. Hier hätte klarer geantwortet werden müssen: Was muss ich tun, wenn mir ein Mensch begegnet, von dem ich weiß, dass er im Krieg unsagbare Greuel beging? Wer glaubt mir ohne Zeugen meine Beschuldigung? Und vor allem: Wo hört der Zwang kriegsbedingter Verhältnisse auf – und wo beginnt das Verbrechen? Was ist mit jenem Offizier, der befahl, das Dorf einzuäschern, weil ein Teil seiner Bewohner wohl Partisanen waren? Was ist mit jenem Scharfschützen, der aus sicherem Versteck 40 russische Soldaten erschoss? Und was endlich mit ihnen, den Tausenden, die im Nahkampf Mann gegen Mann, einen anderen Menschen töteten, weil sie selbst sonst getötet worden wären? – Die Mörder sind unter uns? Wer sind denn die Mörder? Nicht wir alle, die wir Gewehre trugen? Warum soll das Leben eines Jünglings, eines blühenden Mannes, wie sie im Kriege millionenfach, von heldischen Phrasen verbrämt, hingeschlachtet wurden, wertloser sein als das von Kindern und Frauen? Mörder sind unter uns? Wir sind Mörder.

Auch Dr. Mertens, der sich im Film zweimal zum Urteilsvollstrecker aufwerfen wollte, ist der Mörder. Denn er ließ das Blutbad am Weihnachtsabend zu. Er schlug resignierend die Hacken zusammen, als er sah, dass sein Einspruch nichts fruchtete. Er tat, was wir alle taten: Er kapitulierte vor der Gewalt. Er zuckte die Schultern und ließ schutzlose Frauen und Kinder hinmorden, ohne auch nur den Versuch einer Rettung unternommen zu haben. Und ausgerechnet diesen schuldig-„unschuldigen“ Durchschnittsdeutschen setzte man uns als rehabilitierten Haupthelden vor. Hiervon abgesehen, versank das Wichtigste des ganzen Films, die Bestrafung des Mörders Brückner, im Symbolischen. Man hätte sich hier weniger vom künstlerischen Gefühl als vom Verstand leiten und dem Dr. Mertens erst einmal zu einem den Angeklagten mitbelastenden Zeugen verhelfen sollen. Und dann hätte notgetan, in einem glasklaren Gerichtsverfahren zu zeigen, wie mit diesen Mördern unter uns heute verfahren wird. So aber stand am Schluss dieses Films statt einer präzis formulierten Antwort ein schwerlastendes Fragezeichen.

Photographiert war er streckenweise vollendet. Selten verbiss sich eine Kamera mutiger ins Dunkel. Licht taugte nur zur Kontrastierung. Um was es ging, war der Schatten. Aus gekippten Bildeinstellungen, unbelichteten Gestalten und zäher Symbolik gelangen Behn-Grund und Klagemann so eine Unsumme krauser, im Einzelnen künstlerisch durchaus hochwertiger Bilder, deren Überfülle jedoch der Cutter nicht gewachsen war.

Die Regie Staudtes war schwach. Es geschah nichts. Der Handlungsablauf verdickte. Die Schauspieler gingen ungeführt und verloren sich in Großaufnahmen. Borcherts Maske konnte die Kamera nichts anhaben; aber der jungen Hildegard Knefs Gesicht sollte zu schade sein für diesen Raubbau. Im übrigen haftete selbst diesem Streifen noch manches Kintoppmäßige an: Man zeigte uns wieder den Intellektuellen. Die Konflikte des Arbeiters, des Angestellten lohnen anscheinend nicht die Verfilmung. Immer noch haben nur Künstler und Akademiker „Schicksale“. Immer noch sind die heutigen jungen Mädchen im Film nichts als Zeichnerinnen, Gouvernanten oder Modeschöpferinnen. Die Seelenkrisen der Arbeiterin scheinen sich als ungeeignet zum Verfilmen erwiesen zu haben. Außerdem kommt man nicht aus dem KZ nach Hause und setzt sich schon am zweiten Tag aufbaufreudig ans Zeichenbrett. Außerdem waren die Nerven eines Mädchens zu jener Zeit nicht so stark, dass es nicht auch seinerseits einmal losgeschrien hätte. Das durfte auch hier nur der Mann. Und der Frau blieb, wie immer im Film, nichts als der Rehblick verwundeter Empfindsamkeit. Außerdem hat man nach jahrelanger KZ-Haft nicht drei oder vier gebügelte Garderoben im Schrank. Außerdem genügt zum Entschluss, den Schritt vom versoffenen Doktor zum ernsthaften Chirurgen zu wagen, nicht ein Dämmerstündchen am Hals der Geliebten.

Dennoch: es war ein tapferer Anfang, trotz allem. Die nächsten deutschen Filme werden beweisen, ob das hier gegebene, ernsthafte Versprechen gehalten zu werden vermag.

Deutsche Film-Rundschau, 5.11.1946, Heft 8.
Zitiert nach: Wolfgang Staudte. Redaktion: Eva Orbanz, Verlag Volker Spiess, Berlin 1977, S. 104 f.

 

Den Traum von einer Zivilbegegnung mit unseren steinernen Kriegsvorgesetzten hat nach der Heimkehr aus der Gefangenschaft mancher von uns geträumt. In diesem Film der russisch-lizensierten DEFA ist sie erbarmungslos fotografierte Wirklichkeit geworden. Der Unterarzt, der Weihnachten 1942 seinen Hauptmann in das hochmütige Preußengesicht mit zitternden Lippen fragte: „Was haben denn die Kinder damit zu tun?“ um später in ohnmächtiger Wut die Schüsse zu hören, die draußen im russischen Schnee Frauen und Kinder „liquidieren“, steht Weihnachten 1945 in Berlin vor dem davongekommenen Mörder, einem gemütlichen Spießbürger, der seinem Buben über das Haar streicht und durch die Umwertung alter Stahlhelme zu Kochtöpfen dem deutschen Wiederaufbau dient. (Diskontinuität des modernen Menschen: es fehlt jede Beziehung zum Vergangenen!) Keine Spur von Schuldbewusstsein: War ja Krieg damals – Befehl von oben – längst vorbei! Aber für uns ist es nicht vorbei! Dr. Mertens, der die Qual der Erinnerung, die Sinnlosigkeit des Heimkehrerdaseins, die Verzweiflung des Nicht-Heimkehren-Könnens in den Armen von Huren und im Schnaps zu ersticken versuchte, fühlte sich als Rächer seiner enttäuschten Kriegsgeneration: Er richtet die Pistole auf den Ex-Hauptmann. Aber ein Mädchen tritt dazwischen und ein in Krämpfen sich windendes Kind, die beide die Liebe des Mannes und Arztes finden …

Mag sich die Wirklichkeit dieses kühnen Filmes, der 1946 gedreht wurde, heute auch verringert haben – die künstlerische Leistung der sensiblen Kamera, die Eindringlichkeit der unverbrauchten Gesichter, seine echte Psychologie und seine leidenschaftliche Realistik machen ihn zu einer der bedeutendsten und meistdiskutierten Gewissenserforschung der Völker, wie ein Blick in die Weltpresse, angefangen vom offiziösen Organ des Vatikan bis zu den Blättern des Kreml zeigt.

Gewiss, der Film lässt manches offen. Aber uns scheint, er kann auf die Lösung verzichten, um sie desto eindringlicher den Herzen der Zuschauer zu überlassen. Es ist nicht so wichtig, ob die Vision der Schlussszene – der hinter Gittern „Ich bin unschuldig“ wimmernde Hauptmann – sich erfüllt, oder ob er noch heute ungestraft unter uns ist. Wichtig ist allein, dass wir alle uns im Geiste des christlichen „mea culpa“ mitschuldig fühlen an der fremden Schuld. Konkret gesprochen: Die Vollendung dieses unvollendeten Films erfolgt in jedem Einzelnen, der im Sinne Picards „Hitler in sich selbst“ überwindet.

G. H. Aus: Katholischer Filmdienst, Heft 13/1. Jahrgang (1948)

 

Vox populi – vox dei? Es ist immer interessant, auf die Stimmen der Kinobesucher zu hören. Folgende Bemerkungen hörte der Rezensent nach der Vorstellung auf der Straße: „Man sollte diesen Film verbieten!“ „Ein Käuferstreik gegen die Kinos müsste arrangiert werden!“ „Ich dachte, es wäre ein Kriminalfilm!“ Positive Stimmen konnte man leider nicht hören, trotzdem auch sie bestimmt wohl dagewesen sind. Was stößt diese Kritiker an diesem Film ab? Es wird niemand bestreiten wollen, dass er ausgezeichnet fotografiert ist. Die darstellerischen Leistungen sind ganz hervorragend. Die Sprache ist lebendig und geschliffen, der innere und äußere Ablauf der Handlung von spannender Dramatik. Also muss der Angriffspunkt an einer ganz anderen Stelle liegen. Der Film trifft haarscharf die Stelle, an der wir als deutsches Volk heute empfindlich sind. Es geht um das Schuldproblem. Und hierzu ist nun manches zu sagen.

Die vox populi ist darauf aufmerksam zu machen, dass wir uns nicht um diese Kernfrage herumdrücken dürfen, auch nicht auf der Leinwand. „Einmal muss das aufhören!“ – sagt der Mann auf der Straße. Gewiss, aber nicht so, dass man diese Frage totschweigt. Die Not muss überwunden werden. Dem Film aber muss gesagt werden: Wir begrüßen es, dass er zum Rufer in der Wüste wird. Wir danken ihm, dass er es auf so vornehme Weise tut. Aber er bleibt im Negativen stecken. Das nicht überwundene Schuldgefühl führt zur Verkrampfung und damit zum unfruchtbaren Nihilismus. Er kann nicht durch neue Schuld gelöst werden. Daher kommt es wohl auch, dass dieser Film im Grunde zwei Schlüsse hat – und beide sind keine Lösung. Menschliche Schuld wird im Grunde nur vor dem Angesicht Gottes erkannt – und kann nur am Kreuze von Golgatha vergeben werden. Dass dieser Film den Vorstoß in die religiöse Sphäre nicht wagt, ist seine Schwäche. Hätte er in diese läuternde Krisis hineingeführt, dann hätte er wohl kaum dieses stark ablehnende Urteil der vox populi gefunden.

W. W. Aus: Evangelischer Film-Beobachter, 1.5.1949 (Heft 5/1. Jahrgang)

 

„Nicht nur die künstlerische Anerkennung, sondern vielmehr der eminente politische Erfolg für Deutschland – nicht für West- oder Ostdeutschland – war für mein weiteres Handeln bestimmend. Dieser Film lief u. a. in Amerika, außer Konkurrenz auf der Biennale in Venedig, 8 Wochen im Londoner Academy-Theater in der Bond-street, in Wien, mehrere Monate auf dem Champs Elysées in Paris und erfüllte die schwere Aufgabe, für ein anderes und besseres Deutschland zu werben.“

„The Times“ schreibt am 8.4.:
„Die Mörder sind unter uns“ – ein gefälliger Titel, sollte man meinen, für ein englischsprachiges Abenteuer im normalen Stil von Verbrecher- Geschichte und Gangster-Handlung. Aber der Film spricht nicht diese Sprache, es ist ein deutscher Film, der erste, der nach dem Kriege hier gezeigt wird, von einer Art neurotischer Stärke, worin die Deutschen solche Meister sind. …

Der Film begnügt sich jedoch nicht damit, für sein Land um Gnade zu werben. Er geht weiter und versucht mit seiner Anprangerung Hauptmann Brückners für die Art der Kriegführung durch die Nazis gleichzeitig einen Großangriff und ein Alibi. …

The Observer schreibt am 11.4./Kritiker: C. A. Lejeune:
… Es ist ein furchtbares Bild einer toten Hauptstadt, und wenn der Regisseur es so haben wollte und versucht, um Mitleid mit den verwirrten Menschen zu werben, die vom Schlachtfeld, von den Evakuationsgebieten und Konzentrationslagern zurückdrängen, wer wollte ihm dies zum Vorwurf machen? Die ganze Schneide ist scharf gegen Krieg und Kriegsmacher gerichtet, und wenn der Stil ausgesprochen deutsch ist, so ist die Botschaft ungekünstelt menschlich. Ich schäme mich nicht zu gestehen, dass ich von dem Film tief ergriffen war, und dies ist etwas, was ein ehrlicher Kritiker mit sich selbst abzumachen hat.

Assopress
Der Filmkritiker der „Sunday Chronicle“ hielt den italienischen Film „Die offene Stadt“ für den mutigsten, der seit Kriegsende gedreht wurde, bis er den deutschen DEFA-Film „Die Mörder sind unter uns“ sah. Dieser Film, so schreibt er, sei ein Werk ungeheuren Mutes und standhafter Aufrichtigkeit. Wo der Film auch hinkomme, verdiene er, gesehen zu werden.

„Daily Mail“ meint,
der Film sei voller Nervenspannung und zeige völlige Illusionslosigkeit und Verbitterung. Er sei aber künstlerisch wertvoll und dramatisch bedeutsam und ein sehr wirkungsvoller Appell, den Besiegten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

Im „Daily Mirror“
dagegen schneidet Reginald Whitney die grundsätzliche Frage an, ob man nicht auch auf die Herkunft eines Films achten müsse, statt allein die Qualitäten zu beurteilen. Er schreibt: „Es ist noch etwas verfrüht, das zu vergessen, was deutsche Bomben in England angerichtet haben. Die Zeit ist noch nicht reif dafür, dass man einem Film die Pforten unserer Lichtspielhäuser öffnet, der dazu bestimmt ist, um Sympathie für die Deutschen zu werben, indem er das Thema ‚alle waren wir ja nicht Nazis‘ variiert.“

Von einer Sondervorstellung vor Hollywoods Prominenz erreichte mich dann der folgende Bericht:

Niemand hatte mit einem solchen Massenerscheinen der Künstler gerechnet, alle Firmen, alle Fachschaften waren vertreten. …
Mehr als eine Million Dollar Gagen-Bezieher per Woche waren herbeigeeilt, um einen der „ärmsten“ Filme der Welt zu bestaunen, aus Trümmern geboren, aus Glauben an Kunst und Menschentum gestaltet – von den Barbaren in Berlin. …
Billie Wilder war sich seiner guten Sache nicht sicher: Er erklärte in einer kurzen Begrüßungsansprache, der Film „Mörder unter uns“ sei nicht in einer Linie mit den Meisterwerken „Der Letzte Mann“ und „Der blaue Engel“, aber dennoch …
Und Wilders und der Academy freundlich-verständliches „Aber dennoch“ wuchs sich zu einem tiefen Erfolg aus, für die Academy, für die 1.400 Besucher, die kamen und sahen, und für den Film aus Berlin …
Billie Wilder ersetzte die übersetzenden Titel durch Erläuterungen und Glossen, mal zu witzig, mal zu kritisch. Das Resultat: Nachdem das letzte Kreuz des Films abblendete, setzte minutenlanger, stürmischer, ehrlicher, grandioser, herzstärkender Beifall ein.

Hört diesen Beifall in Berlin! Verkleinert ihn nicht! Macht ihn euch klar. Er klingt in einer Zeitwende. … Denn dieser Beifall Hollywoods über 6000 Meilen hinweg ist eine Demonstration für den Frieden, für die Brüderlichkeit der Kunst, für das Willkommen, das der große, fette, reiche, massive Klaus in Hollywood dem kleinen Klaus in Europa schuldet. Solcher Applaus ehrt beide: den Spender wie den Empfänger. Billie Wilder, der für „Lost Weekend“ mit recht den Filmpreis 1945 gewann, verdient einen neuen Oscar für einen Film, den er mit ein paar schnoddrig-freundlichen Worten vorstellte. …

„Mörder unter uns“ wurde zum Kronzeugen, dass Männer fern von uns mit dem gleichen Recht, mit der gleichen Freiheit, mit dem gleichen Sehnen nach Wahrheit und Schönheit das Medium „Film“ zur Appassionate ihres Lebens machen.

Denkt lange an diesen Applaus, zehrt von ihm, glaubt an ihn – eure Filmgabe macht die Satten hungrig, nach einem 60.000-Dollar- Film … Und euer Hunger wird keine „tausend Jahre“ währen. Eure guten Filmwerke stillen ihn.

Zitiert aus: Wolfgang Staudte: Ein politischer Regisseur.
In: Film und Fernsehen, Heft 9, 1987, S. 38-40

 

Im folgenden sind bisher 4 retrospektive Filmkritiken bzw. Ausschnitte aus Kritiken aufgenommen worden. Die Filmkritiken vermitteln Reaktionen von Menschen, die sich berufsmäßig mit Filmen beschäftigten. Ihre Bewertungen der Filmästhetik wie auch die je spezifischen Wahrnehmungen und Interpretationen der Filmaussage geben – über die je individuelle Ausprägung hinaus – sowohl Auskunft über die Verarbeitung historischer Bilder wie auch  über Aspekte „kollektiven Bewusstsein“ ihrer jeweiligen Zeit.

Die Kritiken spiegeln die Aufnahme des Films in seiner gesamten Breite wider, ermöglichen dem/der LehrerIn oder KursleiterIn also einen umfassenderen Einblick und Zugriff. Für die praktische Arbeit ist es aber sicher sinnvoll, einzelne Kritiken entsprechend der konkreten Zielsetzung auszuwählen und gegebenenfalls auch zu kürzen.

Die Kritiken/Rezensionen sollten v. a. als Arbeitsmaterialien in den Gruppenarbeitsphasen genutzt werden. Sie können dabei mehrere Funktionen erfüllen:

  • Sie ermöglichen den Vergleich mit der Analyse und Kritik der Autorengruppen, die  Grundlagen unserer Auseienandersetzung mit dem Film war/ist.
  • Sie ermöglichen, festzustellen, ob sich auch in der Rückschau in dieser Rezeption vergleichbare Wertvorstellungen bzw. Selbst- und Gesellschaftsbilder finden lassen, wie im Film bzw. den zeitgenössischen Kritiken.
  • Sie können dazu dienen, die eigenen Analysergebnisse und Interpretationen mit der „professionellen“ Rezeption zu vergleichen.

 

Gemessen an dem, was aus dem deutschen Film später geworden ist, kann man von seinem ersten Nachkriegswerk, Staudtes Die Mörder sind unter uns, sagen, dass es kein so schlechter Anfang gewesen ist. Gemessen aber auch an den film-ästhetischen Eruptionen, die sich zur selben Zeit anderwärts ereigneten (in Italien zumal, aber selbst in Hollywood), wird man sich die Beschränktheit dieses Erstlings unweigerlich eingestehen müssen.

Staudte lässt 1945 einen heimgekehrten Arzt, Dr. Mertens (Borchert), mit einem Schuldkomplex durch die Trümmer von Berlin wanken. Er bewohnt in einem baufälligen Haus zwei notdürftige Zimmer und sucht Vergessen beim Alkohol. Im Krankenhaus, wo er wieder Arbeit zu finden hofft, erleidet er beim Anblick Kranker einen seiner Nervenzusammenbrüche. Durch die Begegnung mit zwei anderen Menschen erlebt er eine Art Heilung. Zunächst muss er feststellen, dass er das Zimmer einer KZ-Insassin (Knef) belegt hat. Sie kommt zurück, putzt die Wohnung, geht augenblicklich wieder ihrer Beschäftigung nach – sie ist Werbezeichnerin – kümmert sich um den Verzweifelten und liebt ihn. Doch sein Zustand verschlimmert sich eher, nachdem er festgestellt hat, dass sein totgeglaubter militärischer Vorgesetzter, Brückner (Paulsen), als strebsamer Fabrikant und Familienvater, weiterlebt. Seit Brückner in Polen unschuldige Geiseln, darunter Frauen und Kinder, hat erschießen lassen, leidet Mertens unter seiner Neurose. Mertens will Brückner schließlich erschießen, wird aber von dem Mädchen daran gehindert. Dadurch ist das Paar sozusagen dem Leben wiedergegeben. Brückner, hinter den Gittern seines Fabriktores fotografiert, beteuert jammernd seine Unschuld: er hat gar nicht begriffen, warum ihn jemand hat richten wollen.

Wolfdietrich Schnurre, damals Filmkritiker der „Deutschen Rundschau“, hat im Anschluss an die Uraufführung im Novemberheft 1946 dieser Zeitschrift die wesentlichen Schwächen des Films zur Sprache gebracht. Er nennt ihn eine symbolträchtige Ausrede: „Das Wichtigste des ganzen Films, die Bestrafung des Mörders Brückner, (versank) im Symbolischen. Man hätte sich hier weniger vom künstlerischen Gefühl, als vom Verstand leiten lassen und dem Dr. Mertens erst einmal zu einem den Angeklagten mitbelastenden Zeugen verhelfen sollen. Und dann hätte notgetan, in einem glasklaren Gerichtsverfahren zu zeigen, wie mit diesen Mördern unter uns heute verfahren wird.“ Schnurre verweist weiter darauf, dass ja auch Mertens ein Mörder sei, denn er habe nichts unternommen, als Brückner seinen Massenmord ausführte. Dagegen wird man festhalten müssen, dass Staudte dies keineswegs abstreitet: dass es ihm offensichtlich nicht nur um juristische Unterscheidung zwischen Kriegsverbrecher und Mitläufer zu tun gewesen ist: Das ganze Verhalten von Mertens spricht dafür, wie schuldig er sich weiß. Unbehaglich zumute wird einem allerdings bei der Läuterung des Helden: „ein Dämmerstündchen am Hals der Geliebten“ ist in der Tat eine billige Buße. Und auf noch mehr des „Kintoppmäßigen“ hatte Schnurre seinen Finger zu richten: Wieder mal geht es um „Schicksale“ sogenannter besserer Leute, eines Intellektuellen, einer Künstlerin, eines Besitzbürgers. Von den KZ-Jahren sieht man dem Mädchen auch nichts an: Weil Frauen so zu sein haben, ist die dem Mann vom ersten Tag an eine treusorgende Stütze.

Staudtes Drehbuch lässt sich auf durchaus fragwürdige Klischees deutscher Filmtradition zurückführen: auf das des passiven Helden vorab, der gegen die Schläge des Schicksals allein Kräfte des Gemüts einzusetzen weiß. Das seelische Gequälte und Verwundete der Personen wird optisch dann immerhin konsequent zu einem angestrengten filmexpressionistischen Ausdruck gebracht. Es entsteht eine Trümmerlandschaft, die nicht veristisch gesehen wird, sondern gesucht, schattenhaft, unterbelichtet, verkantet. In ihm wirft der Mensch seinen Schatten voraus, ja, verschmilzt mit ihm. Er spricht textlich wie phonetisch gekünstelt; er murmelt oder zischelt und er schreit auf. Obendrein hat Staudte ein Lieblingsmotiv, das mit dem Hauptthema in keinem zwingenden Zusammenhang stand, eingebaut (später in Schicksal aus zweiter Hand, 1949, sollte es sich zu einem ganzen Film auswachsen): die skurriltraurige Nebenhandlung um den alten Uhrmacher, der bei einem gezierten Stehkragenastrologen sich vergeblich Hoffnung auf die Rückkehr seines vermissten Sohnes einzuhandeln sucht.

Wie ehrlich Staudte auch gesinnt war, die Mittel, mit denen er der neuen Problematik beizukommen trachtete, waren anachronistisch; zum Teil waren sie noch in ausgesprochenen Nazi-Filmen verschlissen worden. Auch durch ins Äußerste getriebene Übersteigerungen waren sie nicht mehr nutzbar zu machen. In seinem forcierten Manierismus war dieser erste „Trümmer“-Film zugleich unweigerlich ein Schlusspunkt: der unüberhörbare Aufruf, dass die neue Realität einen neuen Stil erforderte. Darin lag sein Wert. Dass es diesen neuen deutschen Film bis heute nicht gegeben hat, ist sicherlich am allerwenigsten die Schuld von Wolfgang Staudte. (…)

Filmkritik Nr. 1, 1960

 

Der Bewertungsausschuss hat dem Film das Prädikat „besonders wertvoll“ verliehen. Der Ausschuss ist der Meinung, dass die Aktualität dieses filmkünstlerischen Dokuments aus den ersten Nachkriegsjahren keineswegs verblasst ist, sondern in gewisser Weise sogar noch zugenommen hat. Der heutige Betrachter wird mit einem Stück jüngster Vergangenheit seiner eigenen Existenz konfrontiert, das er nur allzu gern vergisst oder verdrängt. Insofern könnte dieser Film, wenn er erneut zur Vorführung kommt, gerade heute zur Bewältigung der „unbewältigten Vergangenheit“ beitragen.

Stark beeindruckt war der Ausschuss von der Tatsache, dass im Jahre 1946 auch in einer sowjetzonalen Filmproduktion noch solche Filme eines gemeinsamen deutschen Empfindens und Reagierens gegenüber der eigenen Not und Schuld gedreht werden konnten. Gerade an diesem Film wird deutlich, wie tief die Filmproduktion der Sowjetzone inzwischen in die schlagwortartige Propaganda und einseitige politische Tendenz abgesunken ist. Wolfgang Staudte hat mit diesem hervorragenden Film ein gültiges Dokument der inneren und äußeren Situation deutscher Menschen nach dem Zusammenbruch geschaffen. Auch die Fabel seines Films erreicht das Gewicht eines Sinnbildes und wurde deshalb von Staudte folgerichtig nicht als bloße Filmstory gestaltet. Von Anfang an tendieren die Bildeinstellungen, die Licht- und Schattenregie, der Schnitt, die Überblendungen und die Bauten auf eine symbolkräftige Darstellung des Seelenzustandes der handelnden Menschen hin. Dabei kam dem Regisseur seine Neigung zu düsteren und abseitigen Licht- und Schatteneffekten in diesem Fall sehr zustatten. Großartig gelangen vor allem die kontrastreichen Überblendungen. Diese Kunst der Überblendung erreicht ihren Höhepunkt in der vierfachen Variation des Weihnachtsabends. Es gehört zu den besonderen Vorzügen des Films, dass er erst in dieser Bildfolge auf jenes entscheidende Ereignis zurückblendet, das den jungen Arzt bis zur Selbstaufgabe zerrüttete, den eigentlich Schuldigen aber völlig unberührt ließ.

Mit gutem Instinkt hat Wolfgang Staudte den schuldigen Hauptmann und späteren Fabrikbesitzer Brückner nicht als einen teutonischen Bösewicht oder als einen kaltschnäuzigen SS-Schergen, sondern als einen harmlos erscheindenden deutschen Spießbürger darstellen lassen, dessen sentimentale Regungen durchaus glaubwürdig sind. Erst so gewinnt die Anklage des Films Wahrhaftigkeit und Wucht.

Hervorragend sind die Schauspieler geführt, besonders Ernst Wilhelm Borchert, dessen Zusammenbruch im Krankenhaus und innere Genesung bei der Notoperation zu den schauspielerischen Höhepunkten des Films gehören. Ihm gegenüber steht fast gleichwertig der Spießbürger Brückner von Arno Paulsen. Im Spiel der Hildegard Knef machen sich in der zweiten Hälfte des Films manche Leerläufe bemerkbar.

(Beckmann) Filmbewertungsausschuss (1961)

 

Wie war das eigentlich damals mit dem Film? Nach dem Krieg spielten die Kinos, wenn sie nicht zerstört waren und nicht gerade Stromsperre war, bald wieder, und lange Schlangen standen vor den Kassen. Dass sie wieder spielten, dass die populärste Unterhaltung wieder zugänglich war, auch das gehörte zu dem neuen Zustand Frieden. Aber was sie spielten, das war alt, waren, mit Ausnahme derer, die faschistische Propaganda enthalten hatten, die Streifen, die übriggeblieben waren. Weniges von künstlerischem Wert darunter. Aber viel von der Unterhaltungsware, Traumfabrikprodukte zwischen Kitsch und Illusion. Unreale Luxusmilieus, durch die sich elegante Damen und Herren in Abendkleid und Frack bewegten. Viel Walzertraumseligkeit, viel Operetten- und Revueaufwand. Harmlos biedere Lustspielchen und ergreifende Liebesschicksale. Heile und schöne Welten, die im Kontrast zu der Ruinenwelt standen, aus der das Publikum kam. Doch das Kino war ja immer der Ort gewesen, an dem die Wirklichkeit anderthalb Stunden lang vergessen werden konnte und auch sollte, und die Kontraste zwischen dem wirklichen Leben und den Bildern, die über die Leinwand flimmerten, waren nur noch größer geworden.

Es wurden allerdings auch bald die ersten sowjetischen Filme gezeigt. Nicht immer die besten und bedeutendsten. Aber ich entsinne mich noch, wie ich damals auch Eisensteins „Iwan der Schreckliche“ mehrmals sah, und wie da in einem ganz normalen, wahllos Filme konsumierenden jugendlichen Kinogänger eine Ahnung davon aufdämmerte, was Film als Kunst sein könne, und wie mich auch die Revolutionsfilme aus den dreißiger Jahren beeindruckten. Ähnlich tiefe Eindrücke dann erst später wieder bei den ersten Begegnungen mit dem italienischen Neorealismus und, ganz anders wieder, bei Cocteaus preziösem „Orphée“. So war das also damals mit dem Film und dem Kino, und dazu gehörte auch, dass die Welt des Films von einem noch ganz anderen Nimbus umgeben war als heute. Film, das war selbst eine Traumwelt, mit großen Stars und mit riesigen Ateliers, mit blendendem Scheinwerferlicht und pompösen Dekorationen, alles sehr teuer und verschwenderisch und unabdingbare Voraussetzung. Es gab das Kino wieder, aber nur schwer vorstellbar schien, dass es in diesem kriegszerstörten Land, in dem es überall am Nötigsten mangelte, auch so bald wieder einen deutschen Film geben sollte. Aber es gab ihn doch, es gab im Oktober 1946 den ersten deutschen Nachkriegsfilm, produziert von der in der sowjetischen Besatzungszone lizensierten DEFA, gedreht von dem Regisseur Wolfgang Staudte. Es gab diesen Film mit dem so effektvollen wie alarmierenden Titel „Die Mörder sind unter uns“.

Das Kinoumfeld, in dem er stand, habe ich nur deshalb so ausführlich beschrieben, um verständlich zu machen, wie überraschend, wie erregend, wie ganz andersartig er wirken musste. Auch diesen Film habe ich damals gesehen. Ein überwältigendes Erlebnis. Da war sie ja, die Wirklichkeit, die einen umgab. Da war die Ruinenwelt, grau und düster, in die man aus dem Kino wieder zurückkehrte. Da waren die Fragen drängend und bedrängend aufgeworfen, mit denen sich die Überlebenden herumschlugen, was es mit Schuld und Nichtschuld auf sich habe, und wie die begangenen Verbrechen gesühnt werden sollten. Da war mit dem ehemaligen Militärarzt Dr. Mertens ein Held, in dem viele ihre Gefühle und Empfindungen wiedererkennen konnten, ihre seelischen Verletzungen durch die Erlebnisse des Krieges, ihr Sichnichtzurechtfinden in der Nachkriegszeit, ihren Zwiespalt zwischen dem Versacken in verzweifelter Resignation und erwachender Hoffnung.

Das packte, forderte heraus und bestätigte. Noch heute – vierzig Jahre später – meine ich: „Die Mörder sind unter uns“ war der Film, durch den ich, ohne es damals schon bewusst reflektieren zu können, den Zusammenhang zwischen Film und Wirklichkeit begriff und die Möglichkeiten des Films zu unmittelbarster Lebensnähe.

Ich habe „Die Mörder sind unter uns“ kürzlich wieder gesehen. Um zu überprüfen, ob ich nicht doch ein in der Erinnerung verklärtes Bild mit mir herumtrage. Ich fand es kaum. Selbstverständlich, auch mir fiel einiges auf, was ich distanzierter sah. Wie der Schluss ins Symbolische verrutscht und so einer eindeutigen Klarheit entbehrt, was mit einem solchen Kriegsverbrecher wie dem Ex-Hauptmann Brückner geschehen sollte. Wie unscharf, ungefähr und allgemein die Konturen der in dem Mädchen Susanne verkörperten politischen, antifaschistischen Haltung bleiben. Wie deutsche Weihnachtssentimentalität doch etwas sehr strapaziert wird. Wie überhaupt damals gängige und vertraute Kinomotive hervorschimmern und gerade besonders dramatischen Szenen etwas Vordergründiges und Überdeutliches geben.

Sicher sind einige der damals und vor allem später gegen diesen Film erhobenen Einwände nicht unberechtigt. Aber gerade die gedanklichen Ungenauigkeiten, die moniert wurden und werden, entsprechen einer damals verbreiteten Mentalität der Verwirrung und Betroffenheit und des guten Willens, der nur nicht recht weiß, wie er sich verwirklichen soll; sind so dann doch wieder ein realistisches Abbild dieser geistigen Verfassung. Und mit einer theoretisch fundierten, ausgefeilten Ästhetik des filmischen Realismus konnte Staudte damals nicht ausgestattet sein.

So vermag ich denn auch nicht die Auffassung zu teilen, Staudte habe ein zu sehr stilisiertes Bild der Nachkriegswirklichkeit gegeben. Ich finde, dass er für eine tatsächlich krasse und extreme Realität sehr adäquate Ausdrucksmittel gefunden hat, mit denen er in gewisser Weise an den Stil des deutschen Filmexpressionismus in den frühen zwanziger Jahren – und somit auch einer Nachkriegszeit – anknüpft.

Leider ist Staudte einer der ganz wenigen geblieben, die sich schon damals dieser Tradition entsannen und ihre Ausdrucksintensität wiederaufzunehmen versuchten. Schon hier zeigen sich Ansätze der typisch Staudteschen Neigung zu grotesken Überhöhungen und scharf gesetzten Kontrasten, wie er sie dann in einem seiner anderen Meisterwerke, im „Untertan“, vollkommen entfaltet.

Die Ruinenlandschaften, die sich damals kilometerweit als bizarre Labyrinthe der Zerstörung dehnten, und das dubiose Amüsiermilieu, in dem Tingeltangelgirls ihren Cancan auf die Bretter knallen, das Elend der Menschen und die wohlbewahrte Familienidylle des wendigen Bürgers, der schon wieder floriert – es stimmte, wie Staudte die Nachkriegsatmosphäre als ein psychisches Klima erfasste. Keineswegs Mystizismus, wenn ein unheimlicher Wahrsagerscharlatan gespenstisch auftaucht; diese Typen hat es gegeben. Nichts als ein Dutzendschicksal, das des alten Mannes, der vergeblich auf eine Nachricht von seinem vermissten Sohn wartet. Wir haben in einem kaputten Land gelebt, mit vielen kaputten Menschen darin, und schwer war der Anfang des neuen. Davon ist Staudtes Film ein unmittelbares und echtes Zeugnis geblieben.

Helmut Ullrich: Nachkriegsatmosphäre als psychisches Klima. Film und Fernsehen, Heft 9, 1986

 

(…) Betrachtet man die Jahrzehnte, die in der Regel vorüber gehen, bevor selbst weniger eklatante Ereignisse aufgearbeitet werden, überrascht es nicht, dass die „Die Mörder sind unter uns“ 1946 keine Anerkennung fand – zu genau beschrieb der Film die damaligen Situation, ohne Antworten oder Lösungen anzubieten. Entsprechend ist seine Wirkung heute größer als kurz nach seiner Entstehung, nicht im Sinn einer Verarbeitung von Schuld, sondern als Warnung davor, ähnliche Zustände wieder zuzulassen. (…)

Auszug aus: Udo Rotenberg: Die Mörder sind unter uns (1946) Wolfgang Staudte – 11.04.2013 [abgerufen am: 15.11.2022]

Die Mörder sind unter uns behandelt auf diese Weise gleich mehrere Themen. Einerseits handelt der Film von Menschen und ihrem Versuch, nach dem Schrecken der Vergangenheit wieder ein Leben aufzubauen. Das ist schwierig genug, denn in der zerstörten Stadt gleicht jeder Tag einem Überlebenskampf. Gleichzeitig stellt sich aber eben die Frage: Wie umgehen mit der Schuld, sowohl der der anderen wie der eigenen? Das hat hier teils die Form eines Dramas, wenn Staudte exemplarisch an den drei Hauptfiguren die verschiedenen Möglichkeiten der Reaktion aufzeigt. Teils hat es Elemente des Thrillers, wenn Mertens nur das Mittel der Gewalt bleibt, um den unaufgearbeiteten Horror zu bekämpfen, der noch immer durch die Stadt spaziert. >  weiter

Oliver Armknecht:  film-rezensionen.de – Montag, 20. Juli 2020

 

Klaus Kreimeier (1973)
Wolfgang Staudtes Die Mörder sind unter uns (1946) – der erste deutsche Film nach der Zerschlagung des Hitler-Regimes – thematisiert zwar die Kontinuität von Vergangenheit und Gegenwart, das Weiterleben faschistischer Verhaltensweisen, und bestimmt als deren materielle Basis den Kapitalismus; aber die Gegenkräfte, die er beschwört und in seinen beiden Hauptfiguren personifiziert, sind, wie in so vielen späteren Bewältigungsfilmen, primär moralische Energien, die so vage sind wie das „humanistische Gewissen“, das die zitierten DDR-Autoren im befreiten Deutschland neu erwachen sehen. (…)
Der fragwürdigen Strategie der antifaschistisch-demokratischen Ordnung entsprechen die Inkonsequenzen der kulturpolitischen Konzepte dieser Zeit – und auch die Widersprüche der DEFA-Produktionen haben hier ihre Wurzeln. Wenn der DDR-Filmhistoriker Horst Knietzsch – der mit Recht hervorhebt, dass Staudte seinen Film Die Mörder sind unter uns nach abschlägigen Bescheiden der amerikanischen und britischen Kontrolloffiziere nur bei der DEFA realisieren kann – über den Regisseur schreibt: „Er appellierte an das demokratische Bewusstsein des Menschen, den Bruch mit dem Faschismus in sich selber zu vollziehen und den Mördern von gestern keine Chance zu geben“ – so drückt er exakt, wenn auch kritiklos, die kleinbürgerlich-idealistische Grundhaltung nicht nur Staudtes aus.

aus: Klaus Kreimeier: Kino und Filmindustrie in der BRD. Kronberg/Ts. 1973, S. 67/68


Ulrich Gregor/Enno Patalas (1973)
Auch Wolfgang Staudte (geb. 1906), der vor 1945 nur einige blasse Unterhaltungsfilme gedreht hatte, versagte sich in Die Mörder sind unter uns (1946) eine politische Interpretation des Zeitgeschehens. Ein von Schuldgefühlen belasteter Kriegsheimkehrer will seinen einstigen Vorgesetzten, der für Geiselerschießungen verantwortlich ist, eigenhändig richten, überwindet aber seine Vergeltungsgelüste und „findet so zu sich selbst zurück“. Statt Einsicht in politisches Versagen und individuelle Schuld wird so dem Vergeben und Vergessen das Wort geredet. Der introspektiven Attitüde der Erzählung entspricht der unrealistische, entfernt vom Expressionismus beeinflusste Stil: Eine silhouettenhafte, von Schlaglichtern punktuell aufgehellte Ruinenlandschaft symbolisiert eher den Seelenzustand des Helden, als dass sie das Deutschland von 1945 zeigte.

aus: Ulrich Gregor/Enno Patalas: Geschichte des Films. München u.a. 1973, S. 281


Christa Bandmann/Joe Hembus (1980)
Dieser erste Trümmerfilm war ein hoffnungsvoller Ansatz, die deutsche Vergangenheit zu bewältigen, denn die späteren Filme wie Morituri (1948), Lang ist der Weg (1947) oder Liebe 47 (1949) beschränkten sich immer nur auf die Darstellung des „rein Menschlichen“. Man glaubt, der reinen Humanität zu begegnen – und steht doch nur einem gefährlichen Benebelungs-Verfahren gegenüber, eigens dafür erfunden, eine fatale Unfähigkeit zu verhüllen: Die Unfähigkeit, den Menschen in seiner verantwortlichen Stellung der Gesellschaft, zum Staat, zur Politik, zum Krieg und zum kriegerischen Frieden darzustellen. Die Mörder sind unter uns wurde im In- und Ausland ein großer Erfolg. Ungefähr fünf Millionen Zuschauer hatten ihn bis 1951 bereits gesehen. Sie gingen hinein, weil es der erste deutsche Film war, weniger um sich mit der politischen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Der erzwungene Verzicht auf Atelieraufnahmen hatte dem deutschen Film die Bezeichnung „Trümmerfilm“ eingebracht. Der deutsche Film suchte die Realität der Trümmer, aber man fragte sich, ob es Erkenntnis war oder eher ein masochistisches Lustgefühl, die Ruinen so zu fotografieren, dass man den Eindruck hatte, es handele sich um eine Karajan-Inszenierung von Verdis dramatischer Oper Die Macht des Schicksals auf der Freilichtbühne im südlichen Taormina. (…)

aus: Christa Bandmann/Joe Hembus: Klassiker des deutschen Tonfilms 1930-1960
München 1980, S. 154


 

 

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Die Ausführungen sind der Publikation „DIE MÖRDER SIND UNTER UNS: Analyse – Arbeitshinweise – Materialien“ entnommen. Wir haben dabei die ursprüngliche Schreibweise beibehalten. Der Beitrag weist ein deutlich an den Filminhalten orientierte Perspektive auf, eine für die frühen 90er Jahre fast „selbstverständliche“ Perspektive. Deutlich wird, dass dabei der Film als überwiegend als Quelle für die Art und Weise der Auseinandersetzung mit der damaligen Gegenwart und unmittelbaren Vergangenheit behandelt wird – und auch heute noch so behandelt werden sollte.

Wir ordnen die Ausführungen von 1995 hier den vier Realitätsebene der Filmanalyse zu. Dabei werden die „Grenzüberschreitungen“ sicher deutlich (die Realitätsebenen sind aber auch keine „Schubladen“). Der Text in seiner ursprünglichen Form ist in der o.g. Publikation enthalten.

Der Film kann selbstverständlich mit unterschiedlicher inhaltlicher Schwerpunktsetzung in verschiedenen Fächern bzw. Fachbereichen der Schule und in der außerschulischen Bildungsarbeit eingesetzt werden: im Deutsch-und Kunstunterricht, sowie im Bereich Religion/Werte und Normen. In erster Linie ist er jedoch für die historisch-politische Bildung geeignet – und hier liegt auch der Schwerpunkt der folgenden Ausführungen. Als prinzipiell sinnvoll – für alle Fächer/Fachbereiche – hat sich erwiesen, den Film im Vergleich mit einem bzw. mehreren weiteren Filmen zu bearbeiten, weil sich über die Feststellung von Ähnlichkeiten bzw. Unterschieden Fragen und Untersuchungsrichtungen notwendig ergeben. Die Materialien im Anhang dienen zur Vertiefung bzw. Differenzierung der Arbeit.

Zur Arbeit in der historisch politischen Bildung.

Die Vorschläge zur Arbeit mit dem Film versuchen, die in der Einführung formulierten Intentionen zu operationalisieren. Eine inhaltliche Ideologiekritik – die Frage nach der „Botschaft“ des Films und der darin möglicherweise zum Ausdruck kommenden (politischen) Haltung der Autoren – und die Formanalyse – die Beschäftigung mit den künstlerisch-formalen Gestaltungsmerkmalen des Films – sind wichtige Basisuntersuchungen,  eine quellenkritische Untersuchung muß aber tiefergehend fragen: nach den dominierenden Handlungsmotiven im Film und den für die Hauptcharaktere handlungsleitenden Werten. Unter Einbeziehung der Kontextmaterialien können dann aufgrund dieser Untersuchung Rückschlüsse auf die sich dahinter verbergenden kollektiven Selbst-und Gesellschaftsbilder der Menschen, auf identitätsstiftende Aspekte kollektiven historischen Bewußtseins in der Nachkriegszeit gezogen werden.

Vordergründig behandelt wird die Frage nach der Auseinandersetzung mit denen, die im Krieg schuldig geworden sind (Schuldfrage).Staudte zeigt an den Hauptfiguren Brückner und Mertens exemplarische Vertreter von Tätern und Mittätern/Mitläufern: Einerseits Brückner, der als Hauptmann im Zweiten Weltkrieg in Polen ein Erschießungskommando befehligte und andererseits Mertens, der als Leutnant zwar versucht hatte, Brückner umzustimmen, letztlich das Verbrechen aber ohne weiteren Widerstand hingenommen hatte. Während Mertens aufgrund seiner Erlebnisse und seines Schuldgefühls unfähig ist, nach Kriegsende seinen Arztberuf wieder auszuüben, hat Brückner nur positive Erfahrungen an die Tage im „grauen Rock“ und auch keine Probleme, in der Nachkriegsgesellschaft zurechtzukommen. 


Zentrale Handlungsmotive und handlungsleitende Werte

Vordergründig behandelt wird die Frage nach der Auseinandersetzung mit denen, die im Krieg schuldig geworden sind (Schuldfrage).Staudte zeigt an den Hauptfiguren Brückner und Mertens exemplarische Vertreter von Tätern und Mittätern/Mitläufern: Einerseits Brückner, der als Hauptmann im Zweiten Weltkrieg in Polen ein Erschießungskommando befehligte und andererseits Mertens, der als Leutnant zwar versucht hatte, Brückner umzustimmen, letztlich das Verbrechen aber ohne weiteren Widerstand hingenommen hatte. Während Mertens aufgrund seiner Erlebnisse und seines Schuldgefühls unfähig ist, nach Kriegsende seinen Arztberuf wieder auszuüben, hat Brückner nur positive Erfahrungen an die Tage im „grauen Rock“ und auch keine Probleme, in der Nachkriegsgesellschaft zurechtzukommen. Er hat, dem Krieg mit schwerer Verletzung entronnen, eine Fabrikation von Kochtöpfen aufgenommen. Die charakteristischen Merkmale dieser beiden Personen müßten herausgearbeitet und die Weise, wie sie dargestellt und bewertet werden, untersucht werden, um so die psychologische Kernaussage und Perspektive des Films benennen zu können:

  • Der Täter (Brückner) wird, obwohl zunächst durchaus nicht unsympathisch eingeführt, letztlich negativ charakterisiert, sein Verhalten angeklagt und gerechte Sühne für ein moralisch verwerfliches Handeln gefordert.
  • Die Person des Mitläufers, Mertens, wird, obwohl er anfänglich wenig sympathisch in Erscheinung tritt und auch weiterhin zwiespältig bleibt, mehr und mehr als Identifikationsfigur für den Zuschauer aufgebaut. Letztlich wird er als Opfer der Kriegsereignisse von seiner Mitschuld „freigesprochen“.

Diese nicht als „Botschaft“ ausgedrückte, sondern eher untergründig deutlich werdende Opferperspektive, aus der das Geschehen erzählt, die Schuldfrage aufgeworfen wird, ist entscheidend, steht sie doch geradezu exemplarisch für ein Selbstbild, welches sich in vielen anderen Filmen dieser Zeit wiederfinden läßt und ist sie doch kennzeichnend dafür, wie versucht wird, „sinnbildend“ die Vergangenheit mit der eigenen Lebenspraxis in der bedrückenden Gegenwart zu verknüpfen.

Eng verbunden ist diese Perspektive mit dem Heimkehrermotiv. Der Film weist damit auf eine wesentliche gesellschaftliche Grundsituation im Nachkriegsdeutschland hin: Die Erfahrungen aus dem Krieg machten es vielen zurückkehrenden Soldaten schwer, z. T. unmöglich, sich wieder in der „Normalität“ des Nachkriegsalltags zurechtzufinden und v. a. Perspektiven für ihr Leben zu entwickeln. Sie mußten diese Erfahrungen erst sinnvoll „deuten“ („verarbeiten“) können, um Orientierungen für die alltägliche Lebenspraxis entwickeln zu können. Es sind eher die Frauen gewesen, die ein Selbstbild entwickeln konnten, aus dem heraus die Perspektivlosigkeit überwunden und realistische Gegenwarts-und Zukunftsvorstellungen formuliert und gelebt werden konnten.

Zwei wichtige Aspekte dürfen bei dieser Untersuchung nicht unberücksichtigt bleiben:

  1. Die Leiden und Trauer der eigentlichen Opfer treten hinter dieser allgemeinen Opferperspektive zurück. Susanne Wallner erscheint ganz gegenwarts- und zukunftsorientiert und auch Mondschein verliert nie die Hoffnung auf die Rückkehr seines Sohnes, auch wenn er selbst die Einlösung nicht mehr erlebt.
  2. Dieser Film zeigt Täter – eine nicht unbedingt typische Darstellung für die Zeit – und auch ihre soziale Stellung in der „neuen“ Gesellschaft wird deutlich und damit auch ein Aspekt von Kontinuität angedeutet.

Für die konkrete Untersuchungsarbeit bieten sich Arbeitsgruppen an, die anhand von aufmerksamkeitsleitenden Fragen jeweils das Verhalten der beiden männlichen Hauptpersonen in verschiedenen Situationen – im Krieg, im (Familien-)Alltag, im sozialen Umfeld (Haus bzw. Betrieb und Kneipe) – heraus-arbeiten und dabei die verhaltensbestimmenden Werte und Normen ergründen sollten:

Wie agieren Brückner und Mertens in der dargestellten Episode im Krieg? (Sequenz33)

Wie begründet Brückner seine Entscheidung? Wie argumentiert Mertens?

Wie verhält sich Brückner nach dem Krieg – in der Familie, im Betrieb, in der „Freizeit“? Was bestimmt sein Handeln und welches sind für ihn bedeutsame Werte?(Sequenzen 20, 22, 24, 26, 32, 35 und 37)

Warum findet Mertens zunächst keinen Zugang zur „bürgerlichen Gesellschaft“? Wie verhält er sich gegenüber den Menschen in seinem Umfeld – Susanne Wallner (Sequenzen 7, 10, 5, 17, 19, 21, 28, 30, ),den Nachbarn im Haus, v. a. Mondschein (Sequenz 9), der um Hilfe bittenden Frau und deren todkranker Tochter (Sequenzen24 und 27), den Mädchen in der Kneipe(Sequenz 8)?

Worunter leidet er und was ist dafür die Ursache? Welche „Lösung“ bietet der Film? Warum will Mertens Brückner töten? Warum hindert ihn Susanne Wallner an der Vollendung seiner Tat? Welche Konsequenz ziehen Mertens und Susanne Wallner am Schluß des Films?

Wie sind diese Konsequenzen aus heutiger Sicht zu interpretieren? Wäre der ursprünglich beabsichtigte Filmschluß, die Tötung Brückners, anders zu bewerten?

Auf einer zweiten Ebene drückt der Film eine allgegenwärtige Aufbaumoral aus. Dafür steht vor allem die zweite Hauptperson Susanne Wallner, die sich ausschließlich der Gegenwart und Zukunft zuwendet und „endlich wieder leben und arbeiten will“ (Sequenzen4, 6, 10, 15, 17, 21, 23 und 30). (Ähnlich aber auch Mondschein, der mit den Resten seines Werkzeuges tagtäglich sein Handwerk ausübt.) Verstärkt wird diese untergründige „Moral“ des Films durch den von verschiedener Seite – Susanne Wallner, im Krankenhaus – an Mertens herangetragenen Appell, seine Fähigkeiten nutzbringend einzusetzen und durch das inszenierte Gegenbild des lasterhaften – wenig aufbauenden – Kneipenlebens (Sequenzen 8 und 26).

Und nicht zuletzt weist der Film, vermittelt über die Beziehung zwischen Susanne Wallner und Hans Mertens, Wege auf, der belastenden Vergangenheit und der perspektivlosen Gegenwart zu entkommen. Neben dem besagten unbedingten Willen zur Arbeit, zum materiellen Aufbau sind dies die Liebe und das private Glück.

Anständigkeit, Reue, Fleiß, Liebe und Glück werden als prägende Werte für das alltägliche Handeln vermittelt, materieller Aufbau und private Familienbeziehung als zukunftsweisende Perspektive gewiesen.

Moralische Anklage gegen die Täter, Forderung nach Gerechtigkeit und Sühne, gehen einher mit der (Selbst-)Entlastung der Mitläufer.

Der Film ermöglicht also, Zusammenhänge zwischen den aus Kriegstraumata und Perspektivlosigkeit erwachsenen Ängsten und den auf individuelles Glück beruhenden Hoffnungen der Menschen und den gesellschaftlichen Entwicklungen offenzulegen. Dabei wird selbst in diesem kritischen Film keine im engeren Sinne politische Perspektive deutlich – er verbleibt bei der moralischen Anklage. Und auch der ursprünglich geplante Schluß, der Akt der Selbstjustiz, die Rache, wäre lediglich eine individuelle, befreiende Tat gewesen.

Inwieweit diese Interpretation die Schlußfolgerung zuläßt, es hier mit verbreiteten Grundhaltungen der Menschen damals zu tun zu haben, sollte anhand der zeitgenössischen Kritiken überprüft werden:

Wie bewerten die Kritiker/Rezensenten die filmische Darstellung?

Aus welcher Perspektive schreiben sie ihre Kritik?

Welche Werte und Normen werden den Lesern vermittelt?

Gibt es Übereinstimmungen bzw. signifikante Unterschiede zwischen den Wertmaßstäben des Films und der Rezensenten?

Letztlich heißt dies, selbständig zu hinterfragen, ob die Untersuchung der Kritiken die hier vorgestellten Überlegungen eher stützt oder ihnen widerspricht!

Wie oben bereits erwähnt, sollten ein oder mehrere Vergleichsfilme in die Arbeit einbezogen werden.

Besonders geeignet ist der erste in den damaligen westlichen Besatzungszonen gedrehte Spielfilm, IN JENEN TAGEN von Helmut Käutner. Dieser Film hat ein ähnliches Sujet, die Verarbeitung der Erlebnisse und Erfahrungen des Nationalsozialismus,und weist als identitätsstiftenden „Ausweg“ die (Rück-)Besinnung auf allgemeine Menschlichkeit.

Weitere mögliche zeitgenössische Vergleichsfilme sind ferner: UND ÜBER UNS DER HIMMEL, LIEBE 47 und BERLINER BALLADE. Alle diese Filme thematisieren die Schwierigkeiten von Kriegsheimkehrern, in der Nachkriegsgesellschaft eine für die alltägliche Lebenspraxisleitende Orientierung zu finden und eine tragfähige Zukunftsperspektive zu entwickeln. Und sie nehmen jeweils auf spezifische Weise Stellung zur unmittelbaren Vergangenheit.

Eine mit einer inhaltlichen Schwerpunktverlagerung verbunden Erweiterung der Arbeit liegt im Vergleich des Films mit retrospektiven Spielfilmen, die die unmittelbare Nachkriegszeit behandeln. Über einen solchen Vergleich wird der Film mit Perspektiven aus anderen historischen Kontexten konfrontiert und werden spezifische Unterschiede in der Wahrnehmung der psychischen und gesellschaftlichen Probleme der Nachkriegszeit bearbeitbar:

Einmal die aus der unmittelbaren Betroffenheit resultierende (Selbst)Wahrnehmung und die daraus resultierenden filmischen Konsequenzen. Zum anderen die aus der historischen Distanz – und Erinnerung – getroffenen Zu- und Beschreibungen der Problemlagen. Im Rahmen einer solchen Auseinandersetzung mit den Filmen bekommt dann die Reflexion der eigenen Wahrnehmung und Interpretation der Geschichte einen großen Stellenwert. Die retrospektiven Kritiken können zur Ergänzung herangezogen werden.

Denkbare Vergleichsfilme sind in diesem Zusammenhang:

  • STUNDE NULL, Regie: Edgar Reitz, D 1976
  • DIE EHE DER MARIA BRAUN; Regie Rainer Werner Faßbinder, D 1978
  • RAMA DAMA, Regie: Josef Vilsmaier, D 1991

Der Film ist – wie oben bereits erwähnt –auch geeignet, der Frage nach der Kontinuität zwischen Vergangenheit und damaliger Gegenwart nachzugehen. Der Blick sollte sich dabei v. a. auf die Kontinuitäten und Brüche richten, die sich in der Filmästhetik verschiedener Filme widerspiegeln. Bei einer diesbezüglich orientierten Arbeit werden für die historische Bildung die Fragen der filmästhetischen Bildung bedeutsam.


Kontinuitäten und Brüche zwischen Vergangenheit und damaliger Gegenwart

Kontinuitäten und Brüche zwischen Vergangenheit und damaliger GegenwartDer Film ist (…) auch geeignet, der Frage nach der Kontinuität zwischen Vergangenheit und damaliger Gegenwart nachzugehen. Der Blick sollte sich dabei v. a. auf die Kontinuitäten und Brüche richten, die sich in der Filmästhetik verschiedener Filme widerspiegeln. Bei einer diesbezüglich orientierten Arbeit werden für die historische Bildung die Fragen der filmästhetischen Bildung bedeutsam. Mit DIE MÖRDER SIND UNTER UNS liegt ein Versuch vor, bewußt an Traditionen des Filmschaffens aus der Weimarer Republik anzuknüpfen, die durch den Faschismus zerschlagen bzw. unterbrochen worden sind. Kamera, Mis en Scene, Licht und Architektur knüpfen an die expressionistischen Filme der frühen 20er Jahre an: Die Form korrespondiert also mit dem Inhalt, auch die expressionistischen Filme beschäftigten sich mit den psychischen Befindlichkeiten der Menschen.(M 8) Gleichwohl weist der Film auch Momente auf, die aus dem Unterhaltungsfilm der NS-Zeit dem Publikum sehr vertraut waren.

Aber auch bezogen auf die Filmhandlung lassen sich einige Kontinuitätslinien thematisieren: Der Film verweist mit der Person des Fabrikanten Brückner auf individuelle Karrieren in Politik und Wirtschaft bzw. unverändert beibehaltene gesellschaftliche Strukturen – eine sehr frühe Vorahnung dessen, was im „Wirtschaftswunder-Deutschland“ gesellschaftliche und politische Realität sein wird (und was Staudte in seinen späteren Filmen immer wieder aufgreift)!

Und als offene Frage bleibt: Weist Staudte mit den Verhaltensweisen der Hausbewohner(Sequenzen 3, 5, 11, 13, 16, 18) und der Familie Brückner (Sequenz 22) nicht auf ungebrochene Verhaltensweisen (Denunziantentum, Ausbeutung von Not und Leid anderer Menschen) und Wertvorstellungen (zum Selbstzweck gewordene „Autorität“ und „Ordnung“) aus der Zeit des Nationalsozialismus hin?

So ist dieser Film, auch wenn er kein „politischer“ sein will und keine im engeren Sinne politische Perspektive aufzeigt, doch nicht „unpolitisch“! Auch für diese Untersuchungsperspektive bietet sich die vergleichende Filmarbeit an:

Ein Vergleich zwischen (Unterhaltungs-)Filmen aus der NS-Zeit und deutschen Nachkriegsfilmen kann hier der Ausgangspunkt sein für die Frage nach Ähnlichkeiten im Filmsujet, in der Ästhetik. Als inhaltliches und formales „Gegenbild“ aus der Nachkriegszeit sollte zusätzlich der Film ZWISCHEN GESTERN UND MORGEN herangezogen werden, der explizit an die Tradition des Ufa-Kinos anknüpft.

 

Die bisherigen Hinweise behandeln den Film ausschließlich als Quelle seiner Entstehungszeit. Für die Arbeit im Geschichtsunterricht ist es darüber hinaus auch wichtig, die Darstellung geschichtlicher Ereignisse selbst zu thematisieren. Es ist selbstverständlich, daß Staudtes Film nicht als „Dokument“ für die Darstellung einer „historischen Wirklichkeit“ verwendet werden kann.


Der dargestellte historische Kontext der Kriegsereignisse

Die bisherigen Hinweise behandeln den Film ausschließlich als Quelle seiner Entstehungszeit. Für die Arbeit im Geschichtsunterricht ist es darüber hinaus auch wichtig, die Darstellung geschichtlicher Ereignisse selbst zu thematisieren. Es ist selbstverständlich, daß Staudtes Film nicht als „Dokument“ für die Darstellung einer „historischen Wirklichkeit“ verwendet werden kann. Gleichwohl muß im Zusammenhang mit der Untersuchung und Interpretation des Films als Quelle auch festgehalten werden: Sowohl die dargestellten Lebensverhältnisse im Nachkriegsberlin als auch die dargestellten Kriegsereignisse verweisen auf einen sehr realen Hintergrund. Die zu großen Teilen zerstörte Stadt war nicht bloße Kulisse für die Filmgeschichte: Sie ist reales Umfeld gewesen – sowohl für die Filmproduktion, als auch für den Alltag der Menschen damals.Und die in der Geschichte inszenierte Geiselerschießung verweist auf reale historische Ereignisse: Geiselerschießungen sind keine Ausnahmeerscheinung an der Ostfront gewesen. (M 9)

Die Analyse des Films und der Vergleich mitanderen Filmen sollte eingebettet werden in eine Behandlung der allgemeinen Produktionsbedingungen der Filme. Wenn der Fragenachgegangen wird, wie und wo dieser Filmrealisiert werden konnte und mit welchen Intentionen dieser Film entstanden ist, kann das politische und ökonomische Umfeld über die Frage nach gesellschaftlich dominanten Mentalitäten hinaus aus einem weiteren Blickwinkel heraus untersucht werden


Hintergründe der Produktion des Films

Die Analyse des Films und der Vergleich mitanderen Filmen sollte eingebettet werden in eine Behandlung der allgemeinen Produktionsbedingungen der Filme. Wenn der Fragenachgegangen wird, wie und wo dieser Filmrealisiert werden konnte und mit welchen Intentionen dieser Film entstanden ist, kann das politische und ökonomische Umfeld über die Frage nach gesellschaftlich dominanten Mentalitäten hinaus aus einem weiteren Blickwinkel heraus untersucht werden. (Vgl. M 6)

Staudte selbst hat seinen Film als „psychologischen Film“ bezeichnet, die Idee sei ihm aufgrund eigener Erfahrungen gekommen.(Vgl. M 5 und M 7) Diese Bemerkungen verweisen auf den politischen Hintergrund der Filmproduktionszeit in Deutschland. Hierzu müßten begleitend zur analytischen Arbeit mit dem Film einige grundlegende Informationen – durch Lehrer- oder Schülervortrag –eingebracht werden. Eine selbsttätige Schülerarbeit im Unterricht ist mit Hilfe der Materialien möglich: (vgl. a. M 4 und M 5)

Welche Probleme der Filmproduktion werden in den Zeitungsanzeigen zum Aus-druck gebracht?

Welche Voraussetzungen mußten in den verschiedenen Besatzungszonen gegeben sein, um einen Film produzieren zu können?

Welche Vorstellungen über eine deutsche Filmproduktion werden in den Reaktionen der beiden Besatzungsoffiziere deutlich?

Literatur

Heinrich W. Behring: Kontinuitäten und Brüche zwischen NS-Film und deutschem Nach-kriegsfilm, dargestellt an der Filmästhetik ausgewählter Beispiele. Magisterarbeit am Historischen Seminar der Universität Hannover 1987

Heinrich W. Behring: Kollektive Tagträume – Die Ästhetik des deutschen Nachkriegsfilms1945–1949. Diss. Universität Hannover 1993

Film und Fernsehen , Heft 9, 1986. Hrsg. vomVerband der Film- und Fernsehschaffendender deutschen Demokratischen Republik

Bettina Greffrath: Verzweifelte Blicke, ratloseSuche, erstarrende Gefühle, Bewegungen im Kreis. Spielfilme als Quellen für kollektiveSelbst- und Gesellschaftsbilder in Deutschland 1945–1949. Diss. Universität Hannover 1993

Horst Knietzsch: Wolfgang Staudte. Berlin/DDR 1966

Egon Netenjakob, Eva Orbanz, Hans HelmutPrinzler (Hg.): Staudte. Berlin 1991

Eva Orbanz, (Hg.): Wolfgang Staudte. Berlin1977

Peter Pleyer: Deutscher Nachkriegsfilm 1946–1948. Münster 1965

Irmgard Wilharm: Geschichte im Film. In: Gerhard Schneider: Geschichte lernen und lehren. Festschrift für Wolfgang Marienfeld zum60. Geburtstag. Theorie und Praxis. Eine Schriftenreihe aus dem Fachbereich Erziehungswissenschaften I der Universität Hanno-ver, Hannover 1986, S. 283–295

Irmgard Wilharm: Geschichtsbewußtsein imdeutschen Nachkriegsfilm. In: GerhardSchneider (Hg.): Geschichtsbewußtsein undhistorisch-politisches Lernen. Pfaffenweiler1988, S. 87–95

Irmgard Wilharm: Die Nachkriegszeiten imdeutschen Spielfilm. In: Geschichtswerkstatt,Heft 17, Hamburg 1989, S. 21–32

Irmgard Wilharm: Krieg in deutschen Nach-kriegsfilmen. In: Lernen aus dem Krieg? Deut-sche Nachkriegszeiten 1918 und 1945. Hg.von Gottfried Niedhart und DieterRiesenberger, München 1992, S. 281–299

Siegfried Zielinski: Faschismusbewältigung imfrühen deutschen Nachkriegsfilm. Staudtes „Die Mörder sind unter uns“ und Käutners„In jenen Tagen“. In: Sammlung 2. Jahrbuchfür antifaschistische Literatur und Kunst, hg.von Uwe Neumann, Frankfurt/M. 1979,S. 124–133

Arbeitshefte


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