Die 60er Jahre – Umzug nach München und Konzept der „Zweigleisigkeit“

Szenenfoto aus TONIO KRÖGER (Filminstitut Hannover)

Mit Beginn der 60er Jahre bekommt die Filmaufbau, die sich in der vorangegangenen Zeit trotz einiger Erfolge kein großes „finanzielles Polster“ zulegen konnte, die sinkenden Zuschauerzahlen in den Kinos zu spüren. Die aktualisierte Version von Bruno Franks Komödie STURM IM WASSERGLAS lockt 1960 nur wenige und bedeutet für die Produzenten einen großen finanziellen Einbruch, so daß der „BUDDENBROOKS-Erfolg faktisch durch den Vorgang STURM IM WASSERGLAS paralysiert“ wird, wie der Bericht zumGeschaftsjahr 1961/62 etwas spröde vermerkt. Auch DIE BOTSCHAFTERIN, die letzte Regiearbeit von Harald Braun, stößt bei Presse und Publikum auf geringe Resonanz.

Im Oktober 1960 verlegt die Filmaufbau ihr Büro von Göttingen nach München. Bereits seit Januar 1960 arbeitet Hans Abich zusätzlich als Femsehberater für Radio Bremen, wohin er 1961 als Programmdirektor wechselt. In diesem Jahr kehrt Firmengründer Rolf Thiele zur Filmaufbau zurück und führt Regie bei MAN NENNT ES AMORE, wofür er gemeinsam mit Gregor von Rezzori auch das Drehbuch verfaßt.

Die Filmaufbau bemüht sich in dieser Zeit um ein Konzept der „Zweigleisigkeit“: neben der risikoarmen Auftrags- und Coproduktion von Spielfilmen versucht sie als Produzent von Fernsehspielen Fuß zu fassen. So entstehen unter anderem 1965 für das ZDF MEDEA, PETER III. und – bereits 1962 – die Tolstoi-Verfilmung GLÜCK DER EHE. Im Auftrag des Hessischen Rundfunks produziert die Firma 1964 mit dem Regisseur Rolf Hädrich DOKTOR MURKES GESAMMELTES SCHWEIGEN nach der satirischen Erzählung von Heinrich Böll.

Gemeinsam mit finanzkraftigeren Partnem ist die Filmaufbau in den 60er Jahren noch an vier Spielfilmproduktionen beteiligt: Nach Charles Morgans Roman „Der Reiher“ inszeniert Rudolf Jugert 1964 seinen letzten Kinofilm KENNWORT: REIHER, das Drehbuch stammt von Herbert Reinecker. Im selben Jahr findet das jahrelang vorbereitete Projekt TONIO KRÖGER in der Regie von Rolf Thiele als deutsch-französische Coproduktion seine Realisierung. 1965 entsteht als eine der ersten gemeinsamen Arbeiten zwischen Spielfilmproduzenten und Femsehanstalten (hier WDR) DAS HAUS IN DER KARPFENGASSE, für den Regisseur Kurt Hoffinann wegen des Engagements „kommunistischer“ Schauspieler und Techniker an Drehorten in der CSSR vom Bundesverband vertriebener Filmtheaterbesitzer heftig angefeindet wird. Schließlich ist die Filmaufbau 1976 noch an der Böll-Verfilmung ANSICHTEN EINES CLOWNS mit Helmut Griem urd Hanna Schygulla beteiligt, doch ist ihre aktive Mitarbeit an diesem Projekt so gering, daß ihr Coproduzenten-Status in vielen Publikationen keine Erwähnurg findet.

Am 31. März 1969 tritt Hans Abich die Geschäftsführung der Filmaufbau GmbH an Christine Krezdorn ab, die diese Aufgabe noch heute [Stand: 1993] wahrnimmt.“

Susanne Fuhrmann: Filmaufbau GmbH Göttingen. In: S. 10

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